Einführung: Was bedeutet Kinderfreundlichkeit aus biblischer Sicht?
Was ist kinderfreundlich? Wenn man Ihnen heute Morgen diese Preisfrage gestellt hätte, wie würde Ihre Antwort ausfallen?
Auf der Homepage des Familienministeriums findet sich folgender Hinweis: Dort steht groß „Deutschland wird kinderfreundlich“ – Gedankenstrich – und dann heißt es: „mehr Betreuungsplätze für unter Dreijährige“. So wird dort Kinderfreundlichkeit definiert.
Ich frage mich, wie viele der unter Dreijährigen das als besonders kinderfreundlich empfinden werden, dass sie möglichst schnell das Elternhaus verlassen müssen.
Als Christen tun wir gut daran, zu klären, was der lebendige Gott unter Kinderfreundlichkeit versteht. Deshalb ist der Abschnitt des Epheserbriefs, an dem wir gerade stehen, für uns alle wichtig.
Das Thema betrifft nicht nur diejenigen, die gerade Kinder in einem Alter haben, in dem sie Verantwortung für deren Erziehung tragen. Es geht jeden Christen an, dem die nächste Generation am Herzen liegt.
Wir kommen doch alle immer wieder mit unseren Zeitgenossen ins Gespräch, die oft ziemlich ratlos vor ihrer Erziehungsaufgabe stehen. Was sagen wir ihnen dann? Manche von ihnen haben sogar Enkelkinder.
Ich frage Sie: Was raten Sie Ihren Kindern bei der Erziehung ihrer Enkel? Vielleicht sagen Sie auch: „Mach es einfach so, wie ich es gemacht habe.“ Das ist vielleicht auch nicht das Schlechteste.
Doch wer erhebt eigentlich in unserer Gesellschaft seine Stimme? Wer tut das? Manche Christen haben die fatale Neigung, sich völlig aus der öffentlichen Debatte zurückzuziehen und die Welt sowie ihr Volk sich selbst zu überlassen.
Das Thema ist jedoch so wichtig, dass wir uns aktiv darum bemühen sollten, die öffentliche Meinung so gut wie möglich mit unseren Mitteln zu beeinflussen. Die biblische Position sollte zumindest immer wieder zu Gehör gebracht werden – im Kleinen wie im Großen.
Darum ist die Frage, was Gott und die Bibel unter kinderfreundlich verstehen, für jeden von uns von großer Bedeutung.
In unserer Predigtreihe zum Epheserbrief stehen wir genau an dem Punkt, an dem Paulus diese Frage auf den Tisch legt.
Familienglück und die biblische Grundlage für Erziehung
Letzten Sonntag haben wir zum ersten Mal den Abschnitt gelesen, den Sie vor sich haben. Das Thema lautete: Familienglück ist kein Zufall. Lassen Sie uns nun diese vier Verse gemeinsam noch einmal aufmerksam betrachten: Epheser 6,1-4.
Wer die Predigt vom letzten Sonntag noch einmal nachhören möchte, kann dies über unsere Homepage tun. Dort stehen die Predigten immer zum Download zur Verfügung. Das ist gerade jetzt in der Ferienzeit besonders hilfreich, wenn einige die eine oder andere Predigt nicht live mitbekommen können. So besteht trotzdem die Möglichkeit, dem Gedankengang von Paulus in der richtigen Reihenfolge zu folgen.
Epheser 6,1-4 lautet:
Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern, denn das ist recht.
Ehre Vater und Mutter, das ist das erste Gebot, das eine Verheißung hat,
damit es dir wohlergeht und du lange lebst auf Erden.
Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn.
In diesem Text geht es um eine doppelte Unterordnung. Zum einen um die Unterordnung der Kinder unter die Eltern, zum anderen um die Unterordnung der Eltern unter Gottes Maßstäbe.
Über die Unterordnung der Kinder unter die Eltern haben wir letzten Sonntag gesprochen. Wir haben gesehen, was es bedeutet, gehorsam zu sein – den Eltern um Christi willen gehorsam zu sein.
Heute geht es nun um die Unterordnung der Eltern.
Der unvertretbare Auftrag der Eltern
Was bedeutet das? Da werden wir sehen, und das ist meine erste These: Eltern haben einen unvertretbaren Auftrag an ihre Kinder. Das wird der erste Grundgedanke sein.
Der zweite Punkt, den ich diesmal gleich vorwegnehme, lautet: Eltern haben einen Führungsauftrag gegenüber ihren Kindern.
Also, erste These: Eltern haben einen unvertretbaren Auftrag an ihre Kinder. Paulus schreibt: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie.“
Bisher, in den Versen eins bis drei, hat Paulus immer von den Eltern gesprochen. Hier, in Vers vier, nennt er besonders die Väter.
Dazu muss man wissen, dass das Wort für Väter im Griechischen, also „pateris“, auch Eltern bedeuten kann. Das ist ganz wichtig. In Hebräer 11,23 zum Beispiel steht dasselbe Wort „pateris“ und bezeichnet dort den Vater und die Mutter des Mose.
Es ist also durchaus anzunehmen, dass Paulus hier beide Elternteile meint. Außerdem muss man sehen, dass der Vater für sein Haus die letzte Verantwortung vor Gott trägt.
Weil hier nun die Eltern besonders auf ihre Verantwortlichkeit vor Gott angesprochen werden, wird gewissermaßen der offizielle Vertreter der Eltern noch einmal besonders genannt – und das ist hier der Vater.
Aber die Schöpfungsordnung markiert auch ganz deutlich die unverzichtbare Aufgabe der Mutter. Deshalb hat Paulus, wie wir beim letzten beziehungsweise vorletzten Mal gesehen haben, so viel Wert darauf gelegt, dass die Mutter zuhause auch wirklich präsent ist.
Die Frauen sollen im Haus sein, nicht ans Haus gebunden, aber sie sollen im Haus präsent sein. Und...
Die Bedeutung der emotionalen Bindung in der frühen Kindheit
Es ist hochinteressant: Vor wenigen Wochen hat einer der bekanntesten Kinderexperten ein Interview in einer Wochenzeitschrift gegeben. Professor Johannes Pechstein, der lange Jahre Direktor des Kinderneurologischen Zentrums des Bundeslandes Rheinland-Pfalz war, hat darin gerade diesen Punkt noch einmal besonders betont.
Er sagte: In der ersten Lebenszeit besteht für eine ungestörte Entwicklung unverrückbar die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Liebesbeziehung und emotionalen Bindungserfahrung. Auf diesen Erfahrungen bauen praktisch alles spätere Lernen, vieles vom Verhalten und die meisten Fähigkeiten auf.
Er fährt dann fort: Die Politik hat sich in einer unglaublichen Ignoranz der grundfalschen Vorstellung hingegeben, Liebe sei gegenüber Wissensvermittlung nachrangig. Das heißt, Wissensvermittlung werde als wichtiger angesehen als Liebe. Zudem herrsche der Irrtum vor, Liebe sei delegierbar, also an irgendwelche Betreuungspersonen übertragbar.
Pechstein erklärt weiter, dass die bestausgebildetsten und liebenswürdigsten Erzieherinnen vor allem bei jungen Kindern den grundlegenden Unterschied der Beziehung zu den Eltern nicht wettmachen können. Die Eltern fühlen sich nämlich lebenslang mit dem Kind verbunden und können ihr ganzes weiteres Leben mit dem Kind teilen. Diese Grundverbindung kann keine Erziehungspersönlichkeit, sei sie noch so engagiert, erfüllen.
Als besonders bedrückendes Beispiel zitiert Pechstein Ludwig Georg Braun, den Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages. Braun hatte kürzlich im Rheinischen Merkur die Ansicht vertreten, dass eine möglichst früh einsetzende und möglichst lange dauernde Kinderbetreuung gute Kinderbetreuung sei und gelungene Familienpolitik. Der Grund dafür sei, dass die Eltern so schneller an den Arbeitsplatz zurückkehren könnten.
Pechstein sagt dazu: Für den Kinderarzt heißt das im Klartext Leben auf Kosten der kommenden Generation. Damit wir jetzt den ökonomischen Vorteil haben, riskieren wir die seelische Gesundheit unserer Kinder.
Eltern haben einen unvertretbaren Erziehungsauftrag. Paulus sagt: „Ihr Eltern, erzieht eure Kinder, nehmt das wahr!“ Und das impliziert auch: Lasst euch das von niemand anderem aus der Hand nehmen.
Die Verantwortung der Väter im historischen Kontext
Dann gibt es noch einen Grund, warum Paulus hier besonders die Väter betont. Im heidnischen Ephesus, also dort, wo dieser Epheserbrief zuerst hingebracht wurde, hatten die Väter ein besonderes Recht. Wir wissen das aus den Quellen: Ein neugeborenes Kind wurde dem Vater zu Füßen gelegt. Wenn der Vater das Kind wollte und aufnahm, durfte es am Leben bleiben. Wandte er sich aber ab und ging fort, warf man das Neugeborene auf den Müll. Unvorstellbar, aber so geschah es.
Paulus kannte natürlich diese grausame Sitte. Das war ein weiterer Grund für ihn, hier besonders die Väter an ihre Verantwortung zu erinnern und zu sagen: Leute, so dürft ihr es nicht machen. Grundsätzlich sind natürlich beide Elternteile in der Verantwortung.
Übrigens möchte ich noch hinzufügen: Wer sich über diese Freigabe der Kinder aufregt, der muss sehen, dass wir heute kein Stück besser sind. Die tragischen Fälle von Kindesmisshandlung, die in dieser Woche in den Medien diskutiert wurden – sie haben es alle mitbekommen – sind nur die Spitze des Eisbergs.
Viel schlimmer noch ist ein Drama, an das wir uns längst gewöhnt haben: In Deutschland werden an jedem Arbeitstag rund eintausend Kinder im Mutterleib umgebracht. Man wagt es kaum, diese Zahlen auszusprechen. Auch bei uns ist es also rechtlich möglich, unerwünschte Kinder zu töten.
Das geschieht bei uns nur noch früher als in Ephesus. Dort wurden die Kinder wenigstens geboren und konnten sich wehren – durch ihr Lächeln, durch die Hilflosigkeit, mit der sie die Menschen gewissermaßen zwangen, ihr Gewissen noch einmal zu überprüfen. Bei uns werden sie schon getötet, zu Hunderttausenden, bevor sie überhaupt das Licht der Welt erblicken dürfen.
Daran sehen wir, liebe Gemeinde, dass der Mensch derselbe geblieben ist. Und wir sehen, wie dringend wir Gottes Maßstäbe brauchen.
Die elterliche Unterordnung unter Gott und das Grundgesetz
Auch Eltern müssen sich unterordnen unter Gott. Dabei, liebe Mitchristen, haben wir einen unverzichtbaren Auftrag. Das steht sogar im Grundgesetz.
Ich habe heute zusätzlich zum Grundgesetz der Christen nochmals das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mitgebracht. Dort steht unter den Grundrechten in Artikel 6 Absatz 2 ganz deutlich: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Es gibt außerdem den Zusatz: Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Die staatliche Gemeinschaft wacht also darüber, dass die Eltern ihr Recht wahrnehmen. Das bedeutet aber nicht, dass sie in dieses Recht eingreift. Die staatliche Gemeinschaft sorgt dafür, dass die Kinder nicht verwahrlosen und zur Schule gebracht werden. Die Erziehung selbst obliegt jedoch zuvörderst den Eltern.
Das ist im Grundgesetz eindeutig festgehalten. Deshalb muss sich der Christ gegebenenfalls auch gegenüber dem Staat verteidigen, um dieses Recht einzuklagen, festzuhalten und sich nicht aus der Hand nehmen zu lassen.
Ich möchte das, was ich letzten Sonntag angedeutet habe, hier noch einmal bekräftigen: In unseren Tagen ist es besonders wichtig, dass die Eltern ihr vorrangiges Erziehungsrecht wahrnehmen und beanspruchen. Wir sehen uns nämlich einer zunehmenden Einmischung und Bevormundungsversuchen durch den Staat ausgesetzt.
Die Problematik der „Erziehungspartnerschaft“ zwischen Eltern und Staat
Moment macht ein ganz gefährliches Wort die Runde, das auf den ersten Blick harmlos erscheint. Dieses Wort lautet Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Staat. Partnerschaft ist grundsätzlich nichts Schlechtes, doch was beinhaltet Partnerschaft? Gleichberechtigung.
So ist es auch in einem wissenschaftlichen Gutachten des Bundesfamilienministeriums formuliert. Dort heißt es, ich zitiere: „Erziehungspartnerschaften gründen auf der Einsicht, dass Elternhaus und Schule mit Blick auf Bildung, Erziehung und Sozialisation der Kinder gemeinsame Aufgaben haben.“ Weiter heißt es: „Der Begriff Partnerschaft verweist darauf, dass Familie und Schule nicht nur gleichberechtigt sind, sondern in einem Bündnis gleiche Ziele verfolgen.“
Das bedeutet, Schule und Eltern sind gleichberechtigt, behauptet diese Studie, und müssen die gleichen Ziele verfolgen. Zudem wird ausgeführt: „Eine wesentliche Aufgabe ist daher, dass Eltern und Lehrer sich hinsichtlich der leitenden Erziehungsziele sowie hinsichtlich der Ausgestaltung des Erziehungsverhaltens verständigen und jeweils ein Erziehungsumfeld schaffen, welches sich bestimmten Leitlinien verpflichtet sieht.“
Das heißt also, die Eltern müssen sich jetzt mit der Schule – wenn es nach diesem Gutachten geht – auf gemeinsame Ziele und gemeinsames Verhalten verständigen. Doch was passiert, wenn die Erziehungsziele voneinander abweichen? Was, wenn die Ziele der Schule vorwiegend von humanistischen Vorgaben bestimmt sind, die Erziehungsziele der Eltern aber von christlichen Zielen?
Was, wenn es bei der Frage nach der Wahrheit in den Religionen, etwa ob Jesus der einzige Weg ist, zu unterschiedlichen Auffassungen kommt? Die Schule verfolgt hier aufgrund ihrer weltanschaulichen Vorgaben ein ganz anderes Ziel als die Eltern, wenn diese Christen sind.
Was, wenn die Schule bestimmte östliche Meditationsübungen für wichtige Erziehungsmethoden hält, die Eltern diese jedoch aus Gewissensgründen ablehnen? Wenn wir den Begriff der Erziehungspartnerschaft voraussetzen, dann müssen Eltern künftig jedes Mal mit der Schule aushandeln, in welche Richtung die Kinder erzogen werden sollen.
Dieser Text enthält eine enorme Sprengkraft, die viele noch nicht erkannt haben. So lautet auch die Schlussfolgerung: „Der wissenschaftliche Beirat spricht sich dafür aus, die Ganztagsschule zügig als Regelangebot für alle Kinder und Jugendlichen einzuführen, um diese Erziehungspartnerschaft zu verwirklichen.“
Dies ist der Stand des wissenschaftlichen Gutachtens, das auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums veröffentlicht ist. Dieses Gutachten steht, ich sage es hier deutlich, nicht im Einklang mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Wir sollten dies rechtzeitig und laut genug sagen, damit wir uns später nicht über die Folgen wundern.
Der Führungsauftrag der Eltern
Wir Eltern haben einen unverzichtbaren Auftrag gegenüber unseren Kindern. Das macht Paulus hier sehr deutlich. Er sagt: „Ihr Eltern, ihr Väter, ihr Mütter, erzieht eure Kinder!“
Nun stellt sich die Frage: Was bedeutet das praktisch und konkret für die Erziehung? Hier kommen wir zu unserer zweiten These: Eltern haben einen Führungsauftrag an ihren Kindern.
Zunächst sehen wir bei Paulus eine Negation, also eine Aufforderung, was Eltern unterlassen sollen. Es heißt: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn.“ Das ist schon bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Paulus diese Worte im ersten Jahrhundert schrieb.
In unserer heutigen pädagogisch sensiblen Zeit ist es nicht verwunderlich, dass man Vätern sagt, sie sollten ihre Kinder nicht zum Zorn reizen. Aber damals, im ersten Jahrhundert, hatten die Väter quasi diktatorische Macht über ihre Familien. Dass Paulus hier den Vätern eine Verpflichtung mitgibt, steht völlig gegen alles, was damals üblich war.
Das ist eine Revolution: Paulus verpflichtet die Väter. In der damaligen Zeit hatten Väter fast nur Rechte. Paulus sagt jedoch: Wenn ihr wirklich Väter im Sinne Jesu Christi sein wollt, dann habt ihr auch eine Verpflichtung. Ihr müsst euch dem Willen Gottes unterordnen.
Vergleicht man das mit den Schriften des Seneca, einem Zeitgenossen von Paulus und berühmten Staatsmann in Rom, wird der Unterschied deutlich. Seneca schrieb: „Wir schlachten Ochsen, wenn sie wild sind, wir erwürgen Hunde, wenn sie verrückt werden, wir stechen eine kranke Kuh mit einem Messer nieder, und Kinder, die, nachdem sie geboren wurden, sich als schwach oder deformiert erweisen, werden ertränkt.“
Setzen Sie nun das biblische Modell dagegen, das zeitgleich entstand: Paulus sagt, „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn.“ Und das gilt für die Mütter genauso.
Ursachen für Zorn bei Kindern und wie Eltern ihn vermeiden können
Wir wollen uns ein paar Augenblicke Zeit nehmen und überlegen, wodurch Eltern ihre Kinder zum Zorn reizen können.
Zum einen geschieht das, wenn mehrere Kinder da sind und ein Kind gegenüber einem anderen bevorzugt wird. Das ist sicher immer ein großes Problem. Denken Sie nur an Isaak und Rebekka: Isaak favorisierte Esau, Rebekka Jakob. Schauen Sie, was diese Ungleichbehandlung der Kinder für Ärger und Traurigkeiten in der Familie ausgelöst hat. Deshalb heißt es auch: Reizt eure Kinder nicht zum Zorn.
Kinder können auch dadurch zum Zorn gereizt werden, dass man ihnen überhaupt nicht zutraut, Entscheidungen zu treffen. Man will sie vielleicht übermäßig beschützen und lässt ihnen keinen Entscheidungsspielraum. Selbst wenn sie im Laufe der Zeit älter und reifer werden und lernen wollen und müssen, Entscheidungen zu treffen, wird das immer nur unterdrückt – und sei es mit den besten Motiven. Dadurch kann man gewissermaßen einen Zorn provozieren, der dazu führt, dass ein Kind immer wieder gegen Wände läuft.
Kinder können auch durch zu hohe Erwartungen zum Zorn gereizt werden, wenn man mit dem, was sie tun, nie zufrieden ist. So erzählte eine Tochter: „Was immer ich versuchte und wie sehr ich mich bemühte, meiner Mutter war nichts recht. Es war immer nicht genug, immer nicht genug.“
Ein weiterer Grund ist ein Mangel an Ermutigung. Wenn man Kinder nicht ermutigt, nicht sagt: „Das hast du wirklich gut gemacht, ich freue mich darüber, ich bin stolz auf dich, ich freue mich, dass du das geschafft hast“, dann kann das ebenfalls zum Zorn führen. Wenn Kinder das nie erfahren, sondern immer nur mit Kritik überschüttet werden oder man ihre Leistungen nur achselzuckend hinnimmt, kann das eine provozierende Wirkung haben.
Kinder können auch deshalb zum Zorn gereizt werden, wenn sie das Gefühl haben, dass sie die Eltern stören. Wenn Kinder den Eindruck gewinnen, sie seien vor allem eine Last. Wenn Eltern sagen: „Ach, wenn wir jetzt die Kinder nicht hätten, könnten wir das und das machen. Aber jetzt müssen wir uns wieder um euch und euren Kram kümmern. Wir könnten so viel Schönes anderes machen.“ Wenn Kinder dann diesen Eindruck bekommen – „Oh, eigentlich sind wir ja eine Last“ –, dann ist das sehr verletzend.
Überlegen Sie mal die aktuelle Diskussion, bei der sich verschiedene Parteien darin zu überbieten scheinen, den Eltern Wege schmackhaft zu machen, auf denen sie ihre Kinder möglichst früh loswerden können. Was bedeutet diese Diskussion rückwirkend für die Kinder? Wenn sie immer nur als ökonomisches Problem verhandelt werden, als eine Last, für die man einen Betriebskindergarten finden muss oder eine Betreuungsangestellte, die der Mutter hilft, von der Karrieregefährdung befreit zu werden – was ist das für eine Haltung?
Kinder können auch provoziert werden, wenn Liebesentzug als Strafe benutzt wird. Wenn Eltern sagen: „Wenn du das machst, kannst du mir gestohlen bleiben, dann ist mir egal, was aus dir wird.“ Bei Gott ist immer Liebe da, ob er straft oder aufbaut. Auch durch Strafe baut Gott auf. Aber es ist immer deutlich: Es ist ein Handeln der Liebe Gottes. Selbst wenn Gott in seinem gerechten, heiligen Zorn strafen muss, dann ist das immer auch noch ein Handeln seiner Liebe. Deshalb dürfen wir unsere Kinder nicht mit Liebesentzug bedrohen und das als Druckmittel einsetzen. Sonst provozieren wir sie zum Zorn.
Ein weiteres Problem ist Sarkasmus und ständige Hänselei. Wie viele Kinder sind mutlos geworden, weil sie immer wieder dem Sarkasmus ihrer Eltern ausgesetzt waren, besonders wahrscheinlich der Väter? Seien wir doch ein bisschen sensibel und merken, was unsere Kinder verletzt. Vielleicht meinen wir es gar nicht so böse und denken: „Ach, Menschenskinder, da muss er sich eben dran gewöhnen.“ Aber wenn wir merken, dass eine bestimmte Form von Sarkasmus, Ironie oder bestimmte Begriffe, die wir gar nicht böse meinen, unsere Kinder verletzen, dann müssen wir das lernen und versuchen, es zu vermeiden.
Wenn wir strafen, darf das Ziel der Strafe nie sein, die Kinder zu verletzen – weder körperlich noch seelisch. Es geht immer darum, zu helfen. Und...
Die Bedeutung von konsequenter Erziehung und Grenzen
Ein weiterer wichtiger Punkt, auf den ich verweisen möchte, betrifft die Gefahr, die Kinder zum Zorn zu reizen. Diese Provokation ergibt sich direkt aus dem Gegensatz zum zweiten Satzteil. Paulus sagt: „Ihr Eltern, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn.“
Zum Zorn reizen bedeutet, die Kinder nicht in der Zucht und Ermahnung des Herrn zu erziehen. Das ist ganz klar. Wenn Eltern versäumen, ihre Kinder in der Ermahnung des Herrn zu erziehen, dann entsteht in den Kindern ein tiefsitzender Zorn, der irgendwann nach außen durchbricht.
Wenn Eltern es versäumen, den Kindern Grenzen zu setzen und eine klare Führung zu geben, kann es passieren, dass gerade dadurch eine gewisse Aggressivität in den Kindern wächst. Vor einiger Zeit zeigte das Fernsehen einen Bericht über ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche. Das ist zwar schon einige Zeit her, aber diese Reportage ist ein sehr gutes Beispiel für Vers 4.
Diese Jugendlichen hatten alle irgendwann begonnen, ihre Eltern körperlich anzugreifen. Das war etwas, das sie gemeinsam hatten. Dabei hatten sie ihre Eltern teilweise so stark verletzt, dass diese sich vor ihren Kindern fürchteten und schließlich der Einweisung der Jugendlichen in ein Heim zustimmten.
Später wurden die jungen Menschen interviewt. Dabei stellte sich etwas Überraschendes heraus: Nahezu alle kamen aus Familien, in denen entweder kein Vater vorhanden war, weil die Eltern geschieden waren, oder sie hatten ständig wechselnde „Väter“ – also Männer, die diese Rolle nur zeitweise übernahmen. Andere kamen aus Familien, in denen sich einfach niemand um sie kümmerte und keiner Zeit für sie hatte.
Das war das eigentliche Problem: Niemand hatte Zeit für sie. Alle verband, dass sie niemanden hatten, der ihnen Grenzen setzte und Orientierung gab.
Viele Mütter sind gezwungen, ihre Kinder ohne Vater großzuziehen. Doch viele von ihnen leisten eine ungemein wichtige Aufgabe, indem sie sagen: „Ich will meinen Kindern Grenzen setzen und ihnen Orientierung geben.“
Diese Jugendlichen hatten keine Orientierung erhalten und keine Grenzen erfahren. Das hatte in ihnen ein enormes Potenzial an Aggressivität und innerem Zorn wachsen lassen, der schließlich nach außen durchbrach.
Es schien, als würden diese Jugendlichen von ihrer Aggressivität förmlich überschwemmt. Sie richteten diese Aggressivität wahllos gegen andere und schließlich auch gegen sich selbst.
Nach einiger Zeit hatten viele von ihnen versucht, sich das Leben zu nehmen. Sie waren so unglücklich und völlig hoffnungslos.
Einer dieser Jungen wurde gefragt, was für ihn das größte Glück sei, was er sich am meisten wünsche. Er antwortete: „Ich würde gern ein ordentlicher Mensch werden.“
Das erschien ihm als das höchste Glück – gerade weil es für ihn so unerreichbar schien.
Die zerstörerische Kraft der Sünde und die Notwendigkeit von Grenzen
Was hat diese jungen Menschen so kaputt gemacht? Nun, die Bibel sagt, dass das Trachten des menschlichen Herzens böse ist von Jugend an (1. Mose 8). In jedem Menschen steckt diese zerstörerische Kraft der Sünde. Diese Kraft der Sünde ist bei Babys und Kleinkindern genauso vorhanden wie bei erwachsenen Menschen, weil wir von Jugend an in den Konsequenzen des Sündenfalls stecken.
Wenn dieser zerstörerischen Kraft nicht von Anfang an konsequent Grenzen gesetzt werden, dann wird sie ungebremst weiterwachsen und sich ausbreiten. Irgendwann wird sie sich massiv nach außen Bahn brechen. Das heißt, Eltern, die ihren Kindern keine Grenzen setzen, liefern sie der zerstörenden Eigendynamik der Sünde aus. Das ist das Problem. Darum reizen sie gerade durch Orientierungslosigkeit und Grenzenlosigkeit zum Zorn.
Es gibt ein interessantes Beispiel aus Amerika: Die Polizeidirektion in Houston hat vor einigen Jahren ein Faltblatt herausgegeben mit der Überschrift „Wie Sie das Leben Ihrer Kinder mit Sicherheit ruinieren können“. Darin wurden Eltern einige Tipps gegeben, wie sie ihre Kinder erziehen sollten, wenn sie mit Sicherheit davon ausgehen wollen, dass die meisten von ihnen Kriminelle werden. Ich gebe Ihnen diese Tipps weiter:
Erster Tipp: Fangen Sie von Kindheit an damit an, dem Kind alles zu geben, was es haben will.
Zweiter Tipp: Wenn Ihr Kind schmutzige Worte gebraucht, lachen Sie darüber.
Dritter Tipp: Enthalten Sie Ihrem Kind jegliches geistige Training und jede wertmäßige Orientierung vor. Lassen Sie es warten, bis es einundzwanzig Jahre alt ist und für sich selbst entscheiden kann.
Vierter Tipp: Vermeiden Sie das Wort „falsch“, es könnte nämlich in Ihrem Kind einen Schuldkomplex auslösen.
Fünfter Tipp: Heben Sie alles auf, was das Kind irgendwie herumliegen lässt. Dann sammelt es von Anfang an die Erfahrung, dass man Verantwortung gut auf andere Menschen abwälzen kann.
Fünf Tipps – und das Police Department in Houston sagt, dass diese Tipps zu 99 Prozent erfolgreich sein werden.
Paulus würde sagen: Wer seine Kinder einer solchen Erziehung aussetzt, der provoziert ihren Zorn. Er reißt sie geradezu zum Zorn. Natürlich äußert sich Zorn nicht immer in körperlicher Aggressivität. Zorn hat viele Gesichter.
Bei vielen Kindern zeigt sich dieser Zorn in Zynismus dem Leben gegenüber. Sie machen alles schlecht und ziehen alles in den Dreck. Diese Zerstörungswut, wie sie sich etwa in manchen Graffitis zeigt, bei denen man den Eindruck hat, es soll einfach beschmutzt und kaputt gemacht werden, ist genau hier einzuordnen. Es ist ein provozierter Zorn, der sich aus Grenzenlosigkeit und Unbehütetheit ergibt.
Bei vielen Kindern und Jugendlichen äußert sich dieser Zorn auch in tiefer Resignation und Enttäuschung dem Leben gegenüber. Sie sagen: „Es bringt ja doch alles nichts, es lohnt sich ja alles nicht, du kannst machen, was du willst.“
Oder bei anderen zeigt sich eine trotzige Gleichgültigkeit. Sie greifen nach allem, was Spaß macht, und stoßen jeden weg, der ihnen im Weg steht. „Es ist sowieso alles egal, ich nehme, was ich kriege, und das nehme ich mit – und Gutes.“
Wenn wir Kinder sich selbst überlassen und Jugendliche zumal ohne Grenzen, dann entfaltet sich von Natur aus nur die aggressive Kraft der Sünde. Diese aggressive Kraft führt zu jedem Zorn, der irgendwann nach außen durchbricht.
Darum ist es so wichtig: Wenn wir unsere Kinder davor schützen wollen, müssen wir ihnen klare Grenzen setzen. Wir müssen ihnen Leitplanken geben, Geländer bauen und Zäune errichten, die sich verbindlich an Gottes Geboten und Maßstäben orientieren. Das sind wir unseren Kindern und Jugendlichen schuldig.
Es geht nicht nur um Verbote. Es geht darum, ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, in Gottes heilsamer Wahrheit zu leben. Es geht darum, ihnen die Orientierung zu geben, die wir ihnen schulden.
Paulus schreibt hierzu: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn.“
Die biblischen Prinzipien der Erziehung
Für Zucht steht im Griechischen das Wort Paideia. Daher kommt auch ein Teil unseres Wortes Pädagogik. Paideia meint systematisches Training, systematische Prägung. Es bedeutet, dass wir unseren Kindern die Grundlagen des Lebens deutlich machen, erklären und sie dabei begleiten, diese zu erlernen.
Ein anderes Wort ist Ermahnung. Das ist eines der biblischen Wörter für Seelsorge. Als Eltern sollen wir die Seelsorger unserer Kinder sein. Wir sollen sie unterweisen. Wörtlich bedeutet dieser Ausdruck thesia, dass wir etwas in ihr Denken hineinlegen. Damit ist gemeint, ins Denken hineinlegen, also ermahnen.
Das geschieht nicht im Sinne von Gehirnwäsche, sondern in dem Sinne, dass wir die Kinder lehren, was die biblischen Prinzipien sind. Wir sollen ihnen zeigen, welche Grundhaltungen Gott im Leben seiner Kinder heranwachsen lassen will. Gleichzeitig sollen wir sie ermahnen, wenn sie davon abweichen.
Die Quelle dieser Erziehung ist ebenfalls genannt: unsere Paideia und unsere Ermahnung. Diese soll nicht aufgrund unseres persönlichen Geschmacks erfolgen, oder weil wir gerade irgendwo etwas in einem Buch gelesen haben oder weil uns etwas einleuchtet. Paulus sagt: Ihr Eltern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn.
Das heißt, die Quelle, aus der wir unsere Erkenntnisse schöpfen, und die Quelle, aus der wir unsere Erziehungsziele ableiten, ist Jesus Christus. So, wie er es uns in seinem Wort vorgegeben hat. Wir Eltern können uns nicht aussuchen, nach welchen Prinzipien wir die Kinder erziehen. Paulus sagt: Erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn. Das ist eure Vorgabe, ihr Eltern.
Praktische Umsetzung des Führungsauftrags
Und wenn wir zum Schluss noch einmal konkret fragen, wie wir das eigentlich machen sollen, dann gibt es vier praktische Dinge, die ich kurz nennen möchte.
Das erste Praktische, wie wir unsere Führungsaufgabe gegenüber den Kindern wahrnehmen können, ist: Wir sollen reden. Wir sollen viel und ausreichend mit unseren Kindern reden, und zwar auch über Gott.
Wir haben es in der Lesung aus dem fünften Buch Mose, Kapitel 6, Vers 6-9 gehört: Diese Worte sagt Gott zu seinem Volk, die er dir gebietet. Diese sollst du zu Herzen nehmen und deinen Kindern einschärfen. Du sollst davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. Du sollst diese Worte zum Zeichen auf deine Hand binden, sie sollen dir ein Merkzeichen sein zwischen den Augen. Außerdem sollst du sie auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore schreiben.
Das heißt, es soll von Gott gesprochen werden, wenn wir als Familie zusammensitzen. Nicht krampfhaft oder gezwungen, aber wenn Gott für uns ein wichtiges Thema ist, dann werden wir auch darüber reden – morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Schlafengehen.
Und du solltest an die Pfosten schreiben, sagt Gott. Das bedeutet, in unserem Haus, in unserer Wohnung sollen die Kinder dem Wort Gottes begegnen. Vielleicht durch ein christliches Poster oder dadurch, dass eine Bibel auf einem Tisch liegt oder ein Bibelvers auf einem Kärtchen zu sehen ist.
Das Wort Gottes soll uns begegnen und zu unserem ganz normalen Leben dazugehören. Es soll nicht nur irgendwann einmal am Sonntagvormittag aufgeschlagen werden, weil es gerade dran ist.
Wir sollen mit unseren Kindern reden und ihnen erklären, was Gott für unser Leben bedeutet und wer Gott wirklich ist. Wir sollen ihnen zeigen, wie der Mensch von seiner Schuld gerettet werden kann und wie Gott sie zu einem erfüllten Leben führen will.
Wir sollen unseren Kindern Gottes Maßstäbe erläutern. Wir sollen ihnen sagen, wie sie mit ihrem Geld umgehen sollen und was es für einen Christen bedeutet, sich in der Schule nach dem Willen Gottes zu verhalten.
Wir sollen mit ihnen über Gottes Ziel für den Umgang mit Sexualität sprechen. Wie findet ein Christ am besten die Ehefrau oder den Ehemann, der zu ihm passt?
Wir sollen mit unseren Kindern darüber reden, wie sie damit umgehen können, wenn in der Schule unsaubere Sprüche gemacht werden, wie man sich als Christ am besten verhält und was man zum Thema Abschreiben denkt.
Wir sollen ihnen helfen, damit fertig zu werden, wenn sie den Eindruck haben, dass ihnen überhaupt nichts gelingt, sie keine Lust mehr auf irgendetwas haben und sich fragen, ob Gott ihnen in dieser Situation helfen kann.
Wir müssen mit den Kindern reden. Wir müssen ein offenes Ohr für sie haben und ihnen so nah sein, dass wir wissen, was ihr Herz bewegt und was ihren Alltag ausmacht.
Das meint Gott, wenn er sagt, wir sollen mit unseren Kindern über Gott reden. Wird in unserer Familie so über Gott gesprochen?
Oft haben wir Angst, unsere Kinder zu überfordern. Aber wir sollten vielmehr Angst davor haben, dass unsere Kinder an geistlicher Mangelernährung leiden. Ich denke, das ist das größere Problem.
Vorbild sein in der Erziehung
Und schauen Sie, das heißt, wir Eltern müssen darauf achten, dass die Kinder sich uns unterordnen. Nur wenn das geschieht, können die Kinder lernen, Gottes Maßstäbe und Gottes Gebote zu respektieren. Nur so können sie am Ende wirklich zu stabilen, von Gott geprägten Menschen werden.
Es ist sehr wichtig, dass wir ihnen die Welt aus Gottes Perspektive erklären. Wir müssen ihnen eine von der Bibel bestimmte Weltanschauung vermitteln und ihnen einen festen Boden unter die Füße geben. An diesem Boden können sie ihr Denken und ihre Entscheidungen orientieren. Das heißt, Ermahnen im Gehorsamgeben über Christus. Das ist unsere Aufgabe.
Das ist das eine, und das kostet Arbeit. Wir können die Erziehung nicht einfach so nebenbei machen. Es kostet uns Arbeit. Wenn wir plötzlich merken, dass unser Kind mit einem Thema konfrontiert ist, müssen wir uns erst einmal hineinarbeiten. Mein Vater hat sich zum Beispiel erstmals intensiv in das Thema Schöpfung und Evolution hineingearbeitet, als das bei uns in der fünften Klasse dran war. Ich kam plötzlich ins Schlingern und wurde in Diskussionen hineingezogen, für die ich mich erst vorbereiten musste. Da hat mein Vater sich in das Thema eingearbeitet, um mir an dieser Stelle zu helfen.
Also müssen wir reden, dass das eine und dann das andere. Wir müssen ein Vorbild sein. Zur Ermahnung des Herrn gehört auch, dass wir das Leben leben, was wir sagen. Jesus hat doch mal zu seinen Jüngern gesagt: „Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und den Vater im Himmel preisen.“ Für die Eltern heißt das: Seid euren Kindern ein leuchtendes Vorbild, nicht fehlerlose Übermenschen.
Zum Vorbild gehört auch, dass ich Fehler zugeben kann. Zum Vorbild gehört auch, dass ich sagen kann: „Tut mir leid, das war falsch.“ Vorbilder sind Menschen, die Jesus gehorchen und sich Schuld vergeben lassen – und darum glaubwürdig sind. Es ist so wichtig, dass die Kinder nicht nur mit Worten hören, was wir wollen, sondern dass sie es praktisch auch an unserem Leben sehen, was es heißt, mit Gott zu leben.
Ein gläubiger Arzt wurde einmal gefragt, wann er eigentlich zum ersten Mal darauf gestoßen sei, dass Jesus lebendig ist und dass Gott da ist. Er überlegte eine Weile und sagte dann: „Wissen Sie, als ich ein kleiner Junge war – wir waren sehr arm zu Hause – hat mein Vater in seinem ganzen Leben nie mehr als vierzig Dollar in der Woche verdient. Aber jeden Sonntagmorgen in der Kirche sah ich, wie er zehn Dollar davon auf den Kollektenteller legte.“ Das ist gut zur Nachahmung empfohlen.
Dieser Mann hat gemerkt, was das für ein wirklich gütiger Gott sein muss, wenn sein Vater von dem, was er hat, diesem Gott so gerne freiwillig gibt. Das war das Vorbild dieses Mannes.
Und schauen Sie, was für ein Kapital es für eine Familie ist, wenn die Eltern eine klare persönliche Beziehung zu Gott haben und mit ihren Kindern so umgehen, wie Gott das will. Das ist eine große Hilfe – auch für den Zusammenhalt und die Harmonie in einer Familie –, wenn Vater und Mutter die Kinder führen und sich selbst von Jesus führen lassen und wenn sie Jesus als Herrn der Familie anerkennen.
Je mehr die Kinder spüren, dass ihre Eltern sich Jesus Christus unterordnen, desto lieber und eher werden sie sich auch von Herzen ihren Eltern unterordnen – wenigstens manchmal.
Vielleicht sehen Sie mir das nach, wenn ich dieses kleine Erlebnis erzähle. Es ist schon zehn Jahre her. Lukas war fünf, Tabea drei. Am Sonntag, nachdem der Gottesdienst und alles geschafft war, machten wir oft zusammen Mittagsruhe mit den Kindern. Da wurde natürlich noch viel geredet, bis in einem Moment plötzlich Tabea zu Lukas sagte: „Sei ruhig, Papa muss jetzt schlafen.“ Daraufhin verbesserte Lukas seine Schwester und sagte: „Papa darf schlafen, Papa muss gar nichts. Papa muss sich nur an die zehn Gebote halten.“
Da habe ich mich gefreut und gesagt: „Das hat er kapiert, dass du auch nicht alles machen kannst, was du willst, dass du auch einen über dir hast, dem du Gehorsam schuldest, dass du dich auch dem lebendigen Gott unterzuordnen hast.“
Ich habe bestimmt auch viele Fehler in der Erziehung gemacht, aber ich habe mich doch gefreut, dass das meinen Kindern deutlich wurde.
Strafe als Teil der Erziehung
Und so bleibt jetzt noch eine Frage: Wir Eltern sollen ein Vorbild sein – sollen wir auch strafen?
Wir haben gesagt, wir sollen reden und ein Vorbild sein. Ja, die Bibel sagt, dass Strafe dazugehört. Im Begriff „Zucht“ steckt auch der Aspekt der Strafe. Aber Strafe darf niemals bedeuten, Liebesentzug zu üben. Selbst wenn wir strafen, muss deutlich werden, dass wir aus Liebe strafen.
Ich möchte das nur noch kurz sagen: Es gibt Eltern, die ihre Kinder sehr oft körperlich strafen – und zwar unkontrolliert und ausufernd. Das ist sicherlich nicht im Sinne Gottes, weil es die Kinder verängstigt und sie auch zum Zorn reizen kann.
Andere Eltern machen genau das Gegenteil: Sie beschließen, ihre Kinder niemals zu strafen. Sie halten das auch eine Weile durch, aber irgendwann liegen ihre Nerven so blank, dass sie, wie man so sagt, ausrasten. Dann rutscht ihnen die Hand völlig unkontrolliert aus, vielleicht in einem Moment, in dem es gar nicht gerecht wäre. Danach haben sie ein schlechtes Gewissen, geloben, es nie wieder zu tun, und der ganze Kreislauf beginnt von vorn.
Für die Kinder ist das total verwirrend, weil sie nicht begreifen, warum sie sich für etwas, das zwanzig Mal erlaubt ist, beim einundzwanzigsten Mal eine Strafe einfangen. Also das kann es auch nicht sein.
Was sagt die Bibel zur Strafe? Im Buch der Sprüche, Kapitel 13, Vers 24, heißt es: „Wer seinen Sohn lieb hat, der züchtigt ihn beizeiten.“ Das gilt auch für die Tochter. In diesem „Züchtigen“ steckt auch der Aspekt der Strafe mit drin.
Wir leben in einer gefallenen Welt, und uns Eltern wäre es sicherlich lieber, wenn wir unsere Kinder nicht strafen müssten. Aber manchmal gibt es keinen anderen Weg, um Konsequenz deutlich zu machen.
Dann ist es wichtig, dass hier steht: „Wer seinen Sohn liebt, der züchtigt ihn beizeiten.“ Wir sollen das Kind nicht erst laufen lassen und dann warten, bis wir so genervt sind, dass wir uns nicht mehr im Griff haben. Die Bibel rät uns, beizeiten – also rechtzeitig – zu strafen. Und das nicht mit zornigem Herzen, nicht wenn wir selbst auf achtzig sind, nicht unkontrolliert.
Wir dürfen unsere Kinder nicht misshandeln, wir dürfen sie nicht grün und blau prügeln. Auch wenn wir strafen, wenn wir bestimmte Konsequenzen oder Maßnahmen ergreifen oder etwas verbieten, dann ist es wichtig, dass deutlich wird: Wir tun das aus Liebe, und wir wissen, warum wir es tun.
Wir tun es nicht, weil wir uns selbst nicht in der Gewalt haben. Für Kinder muss immer klar sein, wofür sie diese Strafe bekommen. Und sie müssen begreifen: Gerade weil wir sie lieb haben, bleibt uns manchmal nichts anderes übrig, als zu strafen.
Insgesamt ist die Strafe nur das äußerste Mittel der Zucht, der Erziehung zum Herrn. Sie ist nicht die Mitte der Erziehung und nicht der Ausgangspunkt, von dem wir ausgehen dürfen.
Also: reden, Vorbild sein, strafen aus Liebe und kontrolliert. Wenn wir strafen, müssen wir immer bedenken: Das Ziel der Strafe darf nie sein, Schmerzen zuzufügen oder zu verletzen. Es geht immer darum, das Ziel der Auferbauung und der Hilfe im Blick zu behalten.
Das Gebet als Erziehungsmittel
Dann bleibt ein letzter praktischer Punkt: Wir sollten das Gebet wirklich als ein Erziehungsmittel verstehen. Es ist wichtig, dass wir für unsere Kinder treu beten. Am besten fangen wir schon an, wenn sie noch gar nicht auf der Welt sind. Wir können für sie beten, dass Gott sie bewahrt, dass er ihnen den Weg des Glaubens eröffnet und dass sie Jesus Christus finden.
Es ist nie zu spät, damit anzufangen, für die Kinder zu beten – selbst wenn sie schon erwachsen sind. Wir sollten für sie beten und auch mit ihnen beten. Es sollte für uns als Familie selbstverständlich sein, in schwierigen Situationen zu sagen: „Kommt, jetzt setzen wir uns kurz hin und beten das jetzt durch.“
Trotz all der terminlichen Schwierigkeiten, die unser hektischer Alltag oft mit sich bringt – und das kennen Sie alle – sollten wir, wann immer möglich, gemeinsam den Tag beschließen oder eine Andacht als Familie halten. Das ist nicht unwichtig. So lehren wir unsere Kinder, dass der lebendige Gott uns nahe ist und dass wir alles vor ihn bringen dürfen.
Das Schönste ist, wenn in irgendeiner Situation eines der Kinder sagt: „Komm, jetzt lass uns doch erst mal beten!“ Das sollen wir mit ihnen lernen und mit ihnen einüben. Das ist sicherlich die Krone aller Erziehungsmittel: das Gebet zum lebendigen Gott und seinem Sohn Jesus Christus.
Schlussgedanken und Ermutigung
Ich komme jetzt zum Schluss. Sie haben gefragt, worunter sich Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unterordnen müssen. Dabei haben wir zwei wichtige Punkte gesehen: Erstens haben Eltern einen unverzichtbaren Auftrag gegenüber ihren Kindern. Zweitens haben sie einen Führungsauftrag. Das bedeutet, dass wir viel mit ihnen reden, ihnen ein Vorbild sind, sie liebevoll strafen und für sie beten – gemeinsam als ganze Familie. Das sind wir unseren Kindern schuldig.
Wir können auch ganz getrost sein, dass das größte Ziel, das wir mit unseren Kindern haben, in Gottes Hand liegt. Er führt unsere Kinder zum lebendigen Glauben. Dabei dürfen wir ihnen nicht im Weg stehen, sondern sollen ihnen eine Hilfe auf dem Weg zur Bekehrung sein.
Vielleicht wird mancher, der diese Gedanken hört, ein wenig traurig und denkt: „Ich habe viel versäumt, und jetzt sind die Kinder weg. Im Grunde ist es fast zu spät, es ist vorbei.“ Wenn jemand diese Predigt hört – sei es hier oder später im Internet – kann ich sagen: Nein, es ist nicht zu spät. Natürlich können Sie die Kindheit Ihrer Kinder nicht zurückholen. Aber eines können Sie auch jetzt noch tun: Sie können beten. Beten, dass der lebendige Gott heilt und zurechtrückt, was Sie an Ihren Kindern versäumt haben. Gott kann das.
Sie können noch etwas tun: Sie können jetzt mit Ihren Kindern reden. Versuchen Sie von nun an, mehr mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Vielleicht sollten Sie heute Nachmittag oder irgendwann in der kommenden Woche einen Brief an Ihr Kind schreiben oder einen Besuch machen. Geben Sie nicht auf und rechnen Sie mit Gottes Hilfe. Er will Ihnen helfen.
Ich muss an eine Mutter denken, die sagte: „Ich habe es ja nicht besser gewusst. Was ich jetzt noch tun kann, das will ich gern versuchen.“
Und wir, die wir unsere Kinder noch im Haus haben, sollten uns bewusst machen, welchen Schatz Gott uns in die Hände legt – mit unseren Kindern und auch damit, dass er uns dieses Familienmodell in der Heiligen Schrift offenbart hat. Darum lassen wir das nicht verachten und nicht unterschätzen. Lassen wir uns diese Aufgabe nicht entgehen, sondern tun wir, was Gott uns hier aufträgt.
Wir werden noch genug Fehler machen und Probleme in unserer Erziehung haben. Das ist auch nicht weiter schlimm. Aber Jesus kann unsere Familien zu Sturmburgen machen – mitten in dieser Zeit Sturmburgen, in denen auch andere Menschen Geborgenheit finden.
Darum nutzen wir die Zeit, die Gott uns mit unseren Kindern gibt, und tun wir jetzt das, was ein erfahrener Vater einmal im Rückblick so beschrieben hat. Er sagte:
„Meine Familie ist erwachsen, und die Kinder sind alle schon aus dem Haus. Aber wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich Folgendes tun: Ich würde meinen Kindern deutlicher zeigen, dass ich meine Frau lieb habe. Ich würde mehr mit meinen Kindern lachen – über unsere Fehler und unsere Freuden. Ich würde mehr zuhören, auch dem allerkleinsten Kind. Ich wäre ehrlicher, was meine Schwächen angeht, und würde niemals Unfehlbarkeit vortäuschen. Ich würde mehr für meine Familie beten. Ich würde mehr mit meinen Kindern gemeinsam unternehmen. Ich würde sie mehr ermutigen und loben. Und ich würde mehr auf die kleinen Dinge achten – die kleinen Taten und die kleinen Worte. Wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich viel mehr und viel intensiver Gott in das Leben unserer Familie einbeziehen. Jede noch so unbedeutende Sache würde ich nutzen, um meine Kinder auf Gott hinzuweisen.“
Was auch immer in unseren Familien bis heute geschehen ist: Gott kann und will jederzeit helfen. Er hat die Macht dazu. Darum haben wir viel Hoffnung, gerade auch für unsere Kinder. Amen!
