Zion
Zion. Dieser Name kommt in der Bibel in verschiedener Verwendung vor. 2 Sa. 5,7; 1 Chr. 11,5. 7 heißt so die alte Jebusiterburg, welche David einnahm. Bei den Israeliten trat an die Stelle des Namens Zion der neue „Davidsstadt“. Während der Name Zion fortan nicht mehr als topographischer Eigenname im strengeren Sinn erscheint, finden wir ihn sehr oft bei Propheten und Dichtern angewendet und zwar als Bezeichnung des Tempelberges als Wohnortes Gottes, des heil. Berges, von dem aus Gott sich offenbart, Ps. 14,7; 20,3 u. o. Dem entsprechend wird der Name im Neuen Testament auf die himmlische Wohnstätte Gottes übertragen, Hbr. 12,22; Offb. 14,1. Daneben dient der Name sehr oft als dichterische, prophetische Bezeichnung der heiligen Stadt Jerusalem selbst und ihrer Einwohner, Jes. 1,27; Jer. 14,19; Am. 6,1; Zef. 3,16; Ps. 48,13 u. o. So wird von Kindern, Töchtern, Einwohnern, Bergen Zion geredet, Joel 2,23; Ps. 149,2; Jes. 3,16; 12,6; Ps. 133,3. Statt Zion wird auch in häufiger dichterischer Personifikation „Tochter Zion“ oder „Jungfrau Tochter Zion“ gesagt, Jer. 6,2. 23; Mi. 4,8; Ps. 9,15; Jes. 1,8; 37,22; Klgl. 2,1. 13. Die Stadt erscheint in diesem Ausdruck als Mutter der Einwohner, Tochter ist dahar Bezeichnung der Einwohnerschaft des Volkes von Jerusalem. Nach der Zerstörung Jerusalems heißt so das gesangen geführte Volk des Herrn, Jes. 40,9 u. ö. Während nun das alles einfach und klar ist, hat in den letzten Jahrzehnten eine lebhafte Verhandlung darüber stattgefunden, wo die ursprüngliche Jebusiterburg Zion und die Davidsstadt eigentlich gelegen war. Nachdem lange Zeit der südwestliche Hügel der Stadt, westlich vom Thropöon für den Zion gegolten hatte, ist man neuerdings zu dem Ergebnis gekommen, das als gesichert angenommen werden kann, daß der ursprüngliche Zion auf dem östlichen Hügel gesucht werden muß. 2 Sa. 5,7 wird das jebusitische Zion als so schwer einzunehmen bezeichnet, daß die Jebusiter prahlten: „Blinde und Lahme werden dich abtreiben“. Das führt auf eine sehr steile Anhöhe, eine Burg von mäßigem Umfang, was auf den breiten Rücken des allerdings über 30 m höheren südwestlichen Hügels in keiner Weise paßt. Dazu hatte der Südwesthügel keine Quelle, was für eine Belagerung von entscheidender Bedeutung war. Umso besser eignete sich der östliche Hügel, und zwar ist, da der Tempelplatz ursprüngl. vom Zion unterschieden wird, der schmale südliche Teil des östlichen Höhenrückens, der sich zwischen dem unteren Teil der Täler Tyropöon und Kidron terrassenförmig nach Süden erstreckt, als der Zion anzusehen. Diese Höhe war steil und leicht zu verteidigen, besonders da nach H. Guthes Nachweis wahrscheinlich „ursprüngl. eine das Tyropöontal mit dem Kidrontal verbindende Schlucht den jetzt als eine kompakte Masse erscheinenden S.O.-Hügel durchschnitten und den südlichen Teil mit der Jebusiterburg von dem späteren Tempelberg getrennt hat.“ Diese Höhe beherrschte die Marienquelle an ihrem östlichen Fuße im Kidrontal, die einzige in einem Umkreis von 5-7 km, die das ganze Jahr hindurch lebendiges Wasser den Bewohnern zu spenden vermag. Die Richtigkeit dieser Annahme erhellt namentlich daraus, daß man von der Stadt Davids (= Zion) zum Tempelplatz hinaufgehen mußte (2 Sa. 24,18 f.), ebenso zu dem Palast Salomos (1 Kö. 9,24), der wieder tiefer lag, als der von ihm nur durch eine Hofmauer getrennte Tempel. Auch aus der Beschreibung des Mauerbaus Neh. 3, sowie des Wegs der Dankchöre Neh. 12,31 ff. kann man diese Lage des Zion nachweisen. Während der Name Zion ursprünglich nur den Südteil des Osthügels bezeichnete, wurde er später auf den Tempelberg ausgedehnt, ja wohl dieser allein mit dem Namen bezeichnet. So nennt das 1. Makk.-Buch den Tempelberg Sion 4,37. 60 u. ö. Der prophetische Gebrauch für die ganze Stadt Jerusalem ist leicht begreiflich; Josephus braucht den Namen Zion gar nicht. Wie es kam, daß die Tradition später den südwestl. Hügel Zion nannte, ist schwer zu sagen; man hat es damit erklärt, daß nach der Zerstörung die heidnische Stadt Aelia Capitolina nicht mehr den ganzen S.W.-Hügel in ihre Mauern schloß und daher die Juden und Christen sich hier ansiedelten und den heil. Namen auf ihre Wohnstätte übertrugen. (Bemerkt mag werden, daß noch Benzinger in Bädekers Palästina 7. A. 1910 sagt, daß die Tradition, wahrscheinlich mit Recht, die Davidsburg auf dem Westhügel suche und diesen (nach 2 Sa. 5,7) Zion benenne. „Als unter Salomo der Tempel auf dem Osthügel gebaut und die Königsburg dorthin verlegt wurde, wanderte auch der Name Zion dorthin.“ Die herrschende Ansicht ist das nicht.)