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Verstockung

Verstockung oder Verhärtung des Herzens ist der Grad sündiger Verderbtheit, da der Mensch infolge fortwährenden Widerstrebens gegen die göttl. Einwirkung jede Empfänglichkeit dafür verloren hat und infolge davon dem Gericht rettungslos verfällt. Die dafür gebrauchten hebr. Ausdrücke bedeuten „hart, fest, schwer machen“, das zu Grund liegende Bild wird noch deutlicher, wenn das Herz als „härter als ein Fels“ (Jer. 5,3), oder „wie ein Demant“ (Sach. 7,12), Nacken u. Stirn als eisern bezeichnet wird (Jes. 48,4); auch „das Herz fett machen“ wird Jes. 6,10 gesagt. Eine solche Verstockung finden wir ausgesagt von Pharao, der den Kindern Israel den Auszug wehrte, 2 Mo. 4,21; 7,13; 8,15, 32; 9,16. 34; 1 Sa. 6,6, von den Kanaanitern 5 Mo. 2,30; Jos. 11,20; von Zedekia 2 Chr. 36,13, von dem Volk Israel Ps. 95,8; Jes. 6,10; 44,18; 48,4; Sach. 7,11 f. Wie entsteht dieser Zustand völliger Umempfänglichkeit? Da ist zunächst auffallend, daß Gott als der Urheber der Verstockung bezeichnet wird, 2 Mo. 4,21 u. ö.; Jes. 6,10, Es wäre unrichtig, das bloß als göttliche Zulassung oder ein Vorhersehen erklären zu wollen, sondern es ist in der Tat als eine von Gott gewollte und hervorgerufene Wirkung gemeint. Ebenso unrichtig wäre es, darin ein göttl. Verwerfungsurteil, das unabhängig von seinem Verhalten über den Menschen gefällt würde, zu verstehen. Die Voraussetzung ist vielmehr, daß einem Menschen die Offenbarung Gottes nahe gekommen ist und er derselben beharrlich widerstrebt. So heißt es auch von Pharao ebenso ost (2 Mo. 8,15. 28; 9,34 u. ö.), daß er sich selbst verstockte, als daß Gott ihn verstockte. Dies vorausgesetzt, ist es allerdings entschiedene Lehre der Schrift, daß Gott Sünde auch mit Hingabe an die Sünde straft und den beharrlich Sündigenden in einen Zustand dahingibt, in dem er nicht mehr anders kann und dem Gericht verfallen muß. Gott handelt „mit den Geraden gerade und mit den Verkehrten verkehrt“, Ps. 18,26. Diese Lehre von der Verstockung ist auch nicht auf das Alte Testament. beschränkt. Auch im Neuen Testament ist davon die Rede (Mk. 3,5), der Herr begründet seine Gleichnisreden damit, daß, die nicht hören und sehen wollten, es auch nicht können sollen, Mt. 13,12; Mk. 4,11; Luk. 8,18; Paulus findet in der Entartung des Heidentums die strafende Hand Gottes, Röm. 1,24, und in dem zeitweiligen Ausgeschlossensein Israels vom Reiche Gottes nicht bloß die Wirkung des Unglaubens, der sich selbst Außchließt, sondern ein göttl. Verhängnis, Röm. 11, freilich nicht eine ewige Verwerfung im Sinne Calvins. Dieselbe Wahrheit liegt der Stelle Hbr. 6,4 ff. (vgl. 10,26 ff.) zugrunde, wo die Unmöglichkeit ausgesprochen wird, daß einer, der des Geistes und der Kräfte der zukünftigen Welt teilhaftig geworden sei und dann wieder abfalle, wieder erneuert werde zur Buße. Calvin, der den Gnadenstand für unverlierbar erklärte, hat eben deswegen die Stelle von solchen verstanden, die nicht zur rechten Bekehrung durchgedrungen sind, ist aber damit weder den Worten gerecht geworden, noch ist es ihm gelungen, die scheinbare Härte der Stelle zu mildern. Luther, der ein wiederholtes Verlieren u. Wiedererlangen der Gnade für möglich hielt, hat eben darum in der Stelle einen „harten Knoten“ gefunden. Sie wird von Bekehrten zu verstehen sein, ohne daß sie auf jeden Fall aus dem Gnadenstand Anwendung fände.

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