Speisegesetze
Speisegesetze. Der Unterschied von reinen und unreinen Tieren wird 1 Mo. 7,2 f. schon für die Zeit der Sintflut vorausgesetzt. In den gesetzlichen Bestimmungen 3 Mo. 11; 5 Mo. 14 werden als unreine Tiere genannt, deren Fleisch nicht gegessen und deren Aas nicht berührt werden soll: von Vierfüsslern alles, was nicht gespaltene Klauen hat und nicht wiederkäut, von Wassertieren sind rein nur die mit Flossen und Schuppen; unter den Vögeln sind bes. verschiedene Raub- und Sumpfvögel unrein, von Kriechtieren die Schlangen, Würmer usf., ferner die Insekten, ausgenommen die hüpfenden Heuschrecken. Mögen bei der Unterscheidung von rein und unrein auch gesundheitliche Rücksichten mitgewirkt haben, so war doch der im Gesetz vorherrschende Gesichtspunkt ein idealer, der theokratische, 3 Mo. 11,44 ff.: der heilige Gott Israels kann nichts Unreines im innern wie äußeren Leben seines erwählten Volkes dulden. Bei der Einzelbestimmung von rein und unrein hat sich aber das Gesetz Moses gewiß an die vorhandenen Anschauungen des Volkes angelehnt, an die in ihm sich findende Abneigung gegen gewisse Speisen, an den Ekel vor gewissen Tieren; vielleicht war auch die Verwendung bei heidnischen Kulten maßgebend für die Unreinerklärung. Keineswegs liegt der parsische Dualismus zwischen gut und böse geschaffenen Kreaturen der alttestamentl. Unterscheidung zugrunde; wohl aber ist die physische Unreinigkeit in der mosaischen Weltanschauung ein Reflex der ethischen: an der Selbstbeherrschung und Enthaltsamkeit im Physischen sollte der Israelit auch den Abscheu und die Vermeidung jeder geistigen Verunreinigung erlernen.
Einen wesentlich andern Grund hat das Verbot des Blut- und Fettgenusses (von reinen Tieren), schon 1 Mo. 9,4. Das Blut des physischen Lebens, der Seele, gehört Gott, und das Blut des Opfertiers ist zur Sühnung der Menschenseelen bestimmt, 3 Mo. 17,11, u. kommt an den Altar; sonst (beim gewöhnlichen Schlachten) wird es zur Erde gegossen, nachdem es regelrecht ausgelaufen ist (daher auch die jüdische Sitte des Schächtens). Deshalb darf auch Zerrissenes und Ersticktes nicht gegessen werden. Ebenso ist denn auch das die Eingeweide umhüllende Fett als das Beste dem Herrn geweiht und darf daher vom Menschen nicht verzehrt werden, so wenig als die dem Herrn geweihten Erstlingstiere und -Früchte. Von einzelnen Speisegeboten sind noch zwei zu erwähnen; die alte Volkssitte, die Sehne am Hüftmuskel der Schlachttiere nicht zu essen (nach 1 Mo. 32,32), und das Verbot, das Böcklein in der Milch seiner Mutter zu kochen, 2 Mo. 23,19; 34,26; 5 Mo. 14,21, s. Bock.
Im Neuen Testament sind die Speisegebote aufgehoben, Mt. 15,11. 17 ff.; Mk. 7,17 ff.; Apg. 10,11 ff., doch hielten sich die ersten Judenchristen noch an ihre jüdische Sitte, und der Genuß von Ersticktem und Blut wird Apg. 15,20. 29; 21,25 auch den Heidenchristen verboten, mit Rücksicht auf die Tischgemeinschaft mit den Judenchristen. Späterhin kam diese, prinzipiell, vgl. 1 Tim. 4,3 f. nicht zu begründende Regel von selbst in Fortfall.