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Ninive

Ninive (so die Schreibung derrevid. Bibelübers.), hebr. Nîneweh, assyr. Ninua und daraus kontrahiert Ninâ, bei den Klassikern Ninos, Ninus (u. vgl. den sagenhaften Stadt-Heros Ninyas), das heißt die Ninib-stadt (s. S. 49 im Art. Assur), die zweitälteste Hauptstadt des assyrischen Reiches (s. ebendaselbst, aber babylonischer Gründung, da es auch schon ein osttigridisches, ebenfalls Ischanna-ki geschriebenes und wohl auch schon gelegentlich Ninua benanntes Ninive in Babylonien gab), wodurch also die schon S. 48 erwähnte bibl. Angabe 1 Mo. 10,11, daß der Babylonier Nimrod (s. d.) Ninive und das 30 km südlich davon gelegene Kalach (s. d.) gegründet, bestätigt wird. Ninive lag gegenüber vom heutigen Mosul am östl. Ufer des mittleren Tigris (s. die Karte der Ruinenfelder von Ninive u. Babylon, obere Hälfte), wo seine Ruinen, vor allem die berühmten assyr. Königspaläste Senacheribs, Asarhaddons und Assurbanipals (in letzterem die von Hormuzd Rassam aufgedeckte Tontafelbibliothek), von den Engländern, vor allem von Sir A. H. Layard (1845 bis 1851), wieder ausgegraben wurden. Der nördl. der beiden Ruinenhügel heißt heute Kujundschik, weil ihn die Türken einem ruhenden „Lämmchen“ verglichen und barg den Südwestpalast Senacheribs und den schon erwähnten Nordpalast Assurbanipals mit einer Menge noch prächtig erhaltener Basreliefs; der südliche Nebi Junus (so genannt von der dort stehenden Moschee mit dem vermeintlichen Grab des „Propheten Jonas“), konnte wegen dieses mohammedanischen Heiligtums nicht vollständig ausgegraben werden, barg aber, wie trotzdem festgestellt wurde, Paläste Senacheribs und Asarhaddons. Die Mauerzüge sind noch deutlich zu verfolgen (s. das kleinere Kärtchen) und wir wissen jetzt aus einer neugefundenen Inschrift Senacheribs, die u. a. auch die Anpflanzung von Baumwollbäumen in Ninive erwähnt, daß die drei Hauptseiten dieser Mauer (Ninive-W., Ost und S.-W.) fünfzehn Tore, der heiligen Zahl der Stadtgöttin Istar entsprechend, hatte, deren Namen sämtlich dort aufgezählt werden. Der Tempel der Istar von Ninive geht in sehr alte Zeit zurück; schon der Patesi Samsi-Hadad (um 1800 v. Chr.) hat ihn erneuert. Wenn auch zeitweilig Kalach (s. d.) zur Residenz erhoben wurde (so von der Zeit seines Gründers Salmanassar I. an, mit allerdings längeren Unterbrechungen, bis auf Sargon, welch letzterer dann ca. 15 km nördlich von Ninive sich eine neue Residenz, Dûr-Sarrukin, die vom Franzosen Botta ausgegraben wurde, baute), so ist doch Ninive von Anfang an bis zu seiner 607 n. Chr. erfolgten Zerstörung (vgl. dazu das Triumphlied Nahums über den von ihm geschauten Fall) durch die Meder und Babylonier eng mit der Geschichte Assyriens verflochten; vor allem aber haben es die drei letzten großen Assyrerkönige, des Sargon Sohn Senacherib, sein Sohn Asarhaddon und sein Enkel Assurbanipal bevorzugt und prächtig ausgebaut.

Auf Außenstehende machten die durch regen Verkehr und wohl auch durch einzelne an den Straßen erbaute Siedelungen, aber nicht (wie Diodor nach Ktesias berichtet) durch eine Mauer verbundenen Städte Ninive mit seiner nach Ninive-O. zu gelegenen Vorstadt Rêbit-Ninua (= Rechobot-Jr 1 Mo. 10,11, woselbst auch der Istar-Tempel E-masch-masch oder E-misch-misch gelegen haben muß), Resen (Larissa Xenophons) und Kalach wohl den Eindruck eines einzigen Riesen komplexes, woher sich dann sowohl der Ausdruck „dies ist die große Stadt“ 1 Mo. 10,12 als auch die Angabe des Büchleins $$Jona (3,3)::Jona 3,3$$ „eine große Stadt vor Gott, ein Weg von drei Tagen (im Umfang)“ erklären dürften. Jona fällt nach 2 Kö. 14,25 in die Zeit Jerobeams II., das ist aber gerade die Zeit des Niedergangs Assyriens (in der Folge der Bedrückung durch die Armenier) zwischen Hadad Nirâri IV. und Tiglatpilesar IV., wo also die dort geschilderte Buße Ninives psychologisch gut begreiflich wäre. Sonst wird Ninive im Alten Testament noch 2 Kö. 19,36 = Jes. 37,37 (vgl. dazu den Art. Nisroch) und im Propheten Zephanja 2,13-15 erwähnt; die an letzter Stelle geweissagte vollständige Verödung des Platzes, wo dereinst die mächtige Zwingburg der gefürchteten Eroberer Vorderasiens stand, ist buchstäblich eingetroffen; schon Xenophon fand die Trümmer des Ortes, den er Mespila (assyr. muschpêlu heißt Unterdrücker, Vergewaltiger) nennt, in demselben traurigen Zustand wie später der Entdecker der Ruinen, Rich (1820), und ihr Ausgraber Layard (1845 ff.).

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