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Knecht

Knecht, Knechtschaft.

1) Im Volke Israel bestand zwar wie bei allen Völkern des Altertums die Sitte, Ausländer und auch Volksgenossen als Leibeigene oder Sklaven zu halten, doch war das Verhältnis zwischen Herren und Knechten von den ältesten Zeiten her ein freundliches u. menschenwürdiges (vgl. Abrahams Knecht, Knechtschaft Elieser) u. insbesondere durch das Gesetz im Geiste echter, die Gottebenbildlichkeit anerkennender Humanität geregelt. S. d. Art. Gesinde. Somit war die natürliche Grundlage gegeben für den theokratischen Gebrauch des Wortes Knecht. Wenn einer Knecht, Knechtschaft Gottes genannt wird, so will damit nicht nur gesagt sein, daß Gott als Schöpfer und oberster Machthaber Gewalt über ihn hat, sondern daß ihn Gott eines besonderen Vertrauens gewürdigt, ihm einen Auftrag gegeben oder ihn zur Verkündigung einer Offenbarung ausersehen hat. Die Engel werden so genannt, Hi. 4,18 (vgl. Ps. 103,21; 104,4; Hbr. 1,14), weil sie im Umgang mit Gott stehen und seine Befehle ausrichten. Ausnahmsweise und nur für einen bestimmten Fall wird selbst dem heidnischen König Nebukadnezar dieser Ehrentitel beigelegt, weil ihn Gott zum Werkzeug des Gerichtes an seinem fündigen Volk berufen hat, Jer. 25,9; 27,6; 43,10. Sonst wird dieser Ausdruck ausschließlich von solchen gebraucht, mit welchen Gott in ein Bundesverhältnis getreten ist, welche er durch seine Erwählungsgnade gleichsam zu seinem Eigentum erworben hat und von welchen er demgemäß auch Treue und Gehorsam erwarten kann; so die frommen Glieder des Gottesvolkes überhaupt, Ps. 113,1; 134,1; 34,23; 69,37; 90,13, neben ihnen $$Hiob,1,8::Hiob 1,8$$; 2,3; 42,8, insbesondere die in der Geschichte des Reiches Gottes hervorragenden Personen, die Vollstrecker der göttlichen Heilsgedanken, die Träger und Vermittler der göttlichen Offenbarung, Abraham Ps. 105,6 u. 42. Isaak und Jakob 5 Mo. 9,27. Mose 5 Mo. 34,5; Jos. 1,1. Josua Jos. 24,29; Ri. 2,8. David Ps. 18,1; 36,1, die Propheten Jer. 7,25; 25,6 u. a. St., besonders Samuel 1 Sa. 3,9. Jesaja Jes. 20,3. Die Apostel Jak. 1,1; Röm. 1,1; Apg. 4,29; 16,17; 2 Tim. 2,24.

Besonders wichtig ist der Gebrauch des Ausdrucks „Knecht des Herrn“ im 2. Teil des Buches Jesaja. Im weitesten Sinn wird dieser Name dem ganzen Israel als dem auserwählten Bundesvolke beigelegt, 41,8 f.; 44,1 ff. Dasselbe ist freilich im großen und ganzen dieser seiner Bestimmung ungetreu, ein blinder und tauber Knecht, Knechtschaft geworden und darum dem Gericht verfallen, Jes. 42,18-25. Im engeren Sinn wird der seiner Berufung treu gebliebene Teil des Gottesvolkes so bezeichnet, die Gesamtheit der Knecht, Knechtschaft Gottes, 42,4; 54,17; der Rest des Volkes, welcher Jahveh treu bleibt oder sich zu ihm bekehrt, aus welchem der geweihte Same hervorgeht und welcher den Grundstock der neuen Gemeinde bildet, 65,8 f.; 66,14. Dieser Knecht, Knechtschaft ist berufen, das Recht auf der Erde zu pflanzen, den Heiden das Heil zu bringen, 49,6. Aus der Gesamtheit dieses Jahveh treu gebliebenen Teils des Bundesvolks wird nun aber ganz deutlich eine Persönlichkeit hervorgehoben und im engsten Sinn Jahvehs Knecht, Knechtschaft genannt. Kann schon 42,6; 49,8 auf eine einzelne Person bezogen werden, so ist dagegen Kap. 53 gar nicht anders zu verstehen. V. 6 wird dieser Knecht, Knechtschaft ganz deutlich von allen übrigen, auch den Frommen in Israel und den Propheten, unterschieden. Er gibt sich für alle zum Schuldopfer hin, nimmt Leiden und Tod auf sich, wird aber darnach von Gott zur Herrlichkeit geführt, so daß er für viele Urheber der Gerechtigkeit wird und siegreich Beute austeilt. Wir haben hier eine Weissagung vom stellvertretenden Leiden eines treuen, aber von seinem Volk verkannten Gottesknechtes. Daß dieser im Sinn des Propheten derselbe sei mit dem verheißenen Messias und Davidssohn, ist hier nicht ausdrücklich ausgesprochen, wohl aber Sach. 3,8. Jedenfalls haben wir vom Standpunkt der Erfüllung aus alles Recht, diese Stelle auf einen leidenden Messias zu beziehen, um so mehr, da auch der Apostel Petrus Jesum den Knecht, Knechtschaft Gottes nennt, Apg. 3,26; 4,27 u. 30, und Jes. 53 in seinem Leiden und Sterben erfüllt steht, 1 Pe. 2,21; 3,18; 4,1 (vgl. Öhler, Altt. Theol., II. T., S. 247 ff.). —

2) In der Anrede steht im Alten Testament sehr häufig „dein Knecht, Knechtschaft“ statt „ich“ als Ausdruck der Höflichkeit vornehmen Leuten gegenüber, 1 Mo. 44,32 u. a., und als Zeichen der Ehrfurcht gegenuber von Gott, 1 Mo. 18,3 u. 5; 2 Mo. 4,10; Ps. 19,12; 1 Kö. 8,28. —

3) Über Knecht, Knechtschaft und Knechtschaft unter dem alttest. Gestz im Gegensatz zur neutest. Freiheit der Kinder Gottes vgl. die Artt. Kind und Freiheit; über Knecht, Knechtschaft der Sünde, Knecht, Knechtschaft der Todesfurcht vgl. den Art. Freiheit. —

4) Die beiden Worte des Apostels Paulus: „Werdet nicht der Menschen Knechte,“ 1 Kor. 7,23, vgl. Gal. 1,10, und das andere: „Ich habe mich jedermann zum Knecht, Knechtschaft gemacht,“ 1 Kor. 9,19, enthalten nur scheinbar einen Widerspruch. Das zweite ist zu verstehen nach dem Worte des Herrn, Mt. 20,26 u. 27, daß ein Jünger Christi in dienender Liebe seine Größe suchen, einem jeden gerne dienen soll mit der Gabe, die er empfangen hat, 1 Pe. 4,10, und in der Art und Weise, wie es jeder bedarf, ohne dabei irgendwie das Seine zu suchen, 1 Kor. 9,18 u. 20; das erste im Sinne von Apg. 5,29, daß ein Christ nicht aus Menschenfurcht oder Menschengefälligkeit seine Glaubensüberzeugung in Wort oder Tat verleugnen dürse.

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