Judäa
Judäa oder das jüdische Land heißt im Neuen Testament die Gegend um Jerusalem her, wobei bald die Hauptstadt mit dazu gerechnet wird, bald nur an das Land im Gegensatz zur Stadt gedacht wird. In einigen Stellen, Luk. 1,5; 23,5; Apg. 10,37, wird auch das ganze Palästina mit Einschluß von Galiläa so genannt. Nach der Rückkehr aus Babylonien war die alte Stammeseinteilung zerrissen. Der Name des wichtigsten Stammes Juda, nach welchem schon seit der Zerteilung des Volks das Davidische Königreich benannt worden war und dem auch die meisten unter den Zurückkehrenden angehörten, wurde auf das ganze Volk übertragen und damit auch auf das von ihnen bewohnte Land. Dasselbe bestand aus dem alten Stammgebiet von Juda, Benjamin und dem südlichen Teil von Ephraim. Der südlichste Besitz Judas von Hebron bis Maresa war in der persischen Zeit das Eigentum der Edomiter geworden, und noch zur Zeit des Makkabäers Juda war Hebron eine heidnische und den Juden feindliche Stadt, 1 Makk. 5,65. Aber Hyrkan I. unterwarf die Edomiter und ließ sie nur unter der Bedingung im Lande wohnen, daß sie sich beschnitten. Sie wurden hierauf bald eifrige Juden und haben im Jahre 70 mit heißem Fanatismus im Tempel gegen die Römer mitgekämpft. Die philistäische Ebene hatte zum großen Teil eine heidnische Bevölkerung; nur Jabne und Joppe waren seit der Makkabäerzeit jüdische Städte. Nach Norden waren die Grenzen des jüdischen Besitzes allmählich vorgeschoben worden; zur Zeit Jesu gehörten auch die Bezirke von Akraba, Gophna, dem heutigen Dschifna, und Thimna, dem heutigen Tibne, dazu. Als Augustus als Testamentsvollstrecker des ersten Herodes Palästina unter dessen Söhne verteilte, bildete er aus Judäa und Samarien für Archelaus ein Fürstentum, das derselbe zehn Jahre (wahrscheinlich bis zum Jahre 6 n. Chr.) mit schlimmem und drückendem Regiment beherrschte. Auf die Klagen aus Jerusalem hin setzte ihn Augustus ab und stellte Judäa direkt unter die römische Verwaltung, der es nun nur mit einer kurzen Unterbrechung von 3 Jahren (41-44), während deren Herodes Agrippa König über ganz Palästina war, unterworfen blieb. Das Herz des kleinen Ländchens war Jerusalem mit seinem Tempel und seinen Schulen; dort lag das eine, alles andere zurückdrängende Interesse. Noch mehr als Galiläa war Judäa eingespannt in den Gesetzesdienst und überwacht und bevormundet vom Pharisäismus. Jesus hat sich zwar nach seinem ersten Besuch in Jerusalem noch einige Zeit im jüdischen Lande aufgehalten, ehe er nach Galiläa zurückkehrte (Joh. 3,22); doch hören wir nicht, daß er es in ähnlicher Weise durchwanderte, wie er es mit Galiläa tat. Der Tempel bildete einen Mittelpunkt, in dem das ganze Land sich zusammenfand; was im Tempel gesagt war, das war eben damit ganz Judäa kundgetan. Dagegen tritt in der apostolischen Zeit Judäa wegen der großen Wichtigkeit Jerusalems weit mehr hervor als Galiläa. Das Evangelium gerade in Jerusalem festzupflanzen, war die erste den Aposteln gestellte Aufgabe. Dabei zeigt Apg. 9,32 ff., daß es auch in den Landstädtchen Judäas Christenhäuflein gab.