Herz
Die Bedeutung für das leibliche Leben
Darüber enthält natürlich die Bibel nicht viel. Man kannte das Schlagen des Herz und wusste, daß Angst und Reue dasselbe beschleunigen und zu einem spürbaren Pochen verstärken (Jer. 4,19; 2 Sa. 24,10). Man wusste ebenso, dass ein Stich durchs Herz unmittelbar tödlich ist, 2 Sa. 18,14; und die Stelle Prediger 12,6 sagt ohne Zweifel aus, dass das Herz die Quelle des Blutes ist. Andere Stellen bezeugen, dass es einem bei heftigem Schmerz ist, als ob das Herz brechen (Jer. 23,9; Apg. 21,13) oder sich im Leibe umdrehen wollte (Klgl. 1,20. Luther: wallet).
Auch Ausdrücke, wie Ps. 22,15: mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzen Wachs; 39,4: mein Herz ist entbrannt (vgl. Jer. 20,9; Luk. 24,32); Ps 102,5, Grundtext: mein Herz ist vertrocknet, Ps 109,22, Grundtext: mein Herz ist durchbohrt — weißen alle auf den Zusammenhang zwischen Gemütsbewegungen und körperlich am Herzen spürbaren Empfindungen hin. Aber mehr als alle diese einzelnen Beobachtungen ist für die Wichtigkeit des Herz bezeichnend die Bedeutung, welche ihm für das geistige Leben in der Bibel beigelegt wird. —
Die Bedeutung für das geistliche Leben
In seiner Bedeutung für das geistige Leben bezeichnet das Herz das Innerste des Menschen, den Mittelpunkt seiner Gesinnungen und Handlungsweise (wie in dem: sein Herz finden = sich ein Herz fassen, oder den Mut finden, 2 Sa. 7,27), bezieht sich auf solche geistige Vorgänge, die nicht bloß äußerlich und oberflächlich am Menschen vorübergehen, sondern in sein „Inneres“ eindringen oder aus demselben hervorgehen. „Herz“ wechselt oft geradezu mit einem andern hebr. Wort, welches das „Innere“ bezeichnet.
Daher heißt es 1 Sa. 16,7: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist (das heißt das Äußere), der Herr aber sieht das Herz an
, vgl. Röm. 8,27 (Gott), der die Herzen erforscht
. Mt. 15,19: Aus dem Herz kommen hervor arge Gedanken
usw. (es ist dies gesagt im Gegensatz zu der Meinung, dass äußerliche Dinge den Menschen verunreinigen). Im einzelnen ist das, was das Herz angeht der Gegensatz zum Oberflächlichen.
Der Gegensatz zum Oberflächlichen
Gedanken, denen man eine besondere Aufmerksamkeit schenkt, nimmt man „zu Herzen“ (1 Sa. 21,13; Luk. 1,66). Das Herz kann solche Dinge weiter in sich bewegen (Luk. 2,19), kann sich ihnen zuneigen (Spr. 2,2), danach suchen und forschen (Pred. 1,13). Ähnlich ist es bei Gefühlen, die das „Herz“ bewegen. Das Herz freut (Ps. 33,21) und ängstigt sich (Ps. 55,5) usw.
Der Gegensatz zum Schein
Was mit dem Herz geschieht, ist wirklich des Menschen aufrichtige Meinung und Gesinnung, zum Beispiel von Herz vergeben, Mt. 18,35; alles was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn
(Kol. 3,23).
Persönliche Teilnahme
Was von Herz geschieht, geschieht mit persönlicher Teilnahme; alle Freundschaft und Liebe, aber auch der Hass ist Sache des Herzens; vgl. 2 Kö. 10,15; Ri. 16,15; Phil. 1,7; Mt. 15,8. Oft: lieben von ganzem Herz, 5 Mo. 6,5 usw.; hassen im Herz, 3 Mo. 19,17.
Gesinnung
Was aus dem Herz kommt, ist Sache der Gesinnung, im Bösen wie im Guten. So gibt es ein arges Herz (Hebr. 3,12), ein verkehrtes Herz (Ps. 101,4), ein unbeschnittenes Herz (Jer. 9,25), ein stolzes Herz (Spr. 16,5) usw. Umgekehrt ein reines Herz (Mt. 5,8), ein gehorsames Herz (1 Kö. 3,9), ein weißes Herz (1 Kö. 3,12), ein frommes Herz (Ps. 125,4), ein unschuldiges Herz (Röm. 16,18) usw.
— lauter Ausdrücke, die nicht nur einzelne Regungen, sondern eine ganze Gesinnungsrichtung bezeichnen.
Religion mit Herz
Nur eine Zusammenfassung aller bisher aufgeführten Wendungen im Begriff Herz ist es, wenn wir sagen, dass in allem, was die Religion angeht, das Herz des Menschen dabei sein muss. Denn die Religion darf nicht bloß die Oberfläche des Menschen berühren oder nur Schein sein (vgl. Apg. 8,21; 1 Kö. 15,3), sie muss vielmehr Sache aufrichtiger Überzeugung, persönlicher Teilnahme und fester Gesinnung sein.
Daher Röm. 10,10: von Herz glauben, Gott von ganzem Herz lieben, s. oben.; im Gebet wird das ganze Herz ausgeschüttet, 1 Sa. 1,15; Die Liebe Gottes wird durch den h. Geist in die Herz gegossen, Röm. 5,5; die Gnade macht das Herz fest. Hebr. 13,9. Die Erneuerung des ganzen Menschen kann nicht tiefer und umfassender ausgedrückt werden als durch die Verheißung: ich will euch ein neues Herz geben, Hes. 36,26. Aus all dem geht die Wichtigkeit des Herz und seines Zustandes für den Menschen hervor; die Spr. ermahnen mit Recht: Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus gehet das Leben
, Spr. 4,23. Die Bibel redet auch vom Herzen Gottes ganz in dem Sinn wie beim Menschen, 1 Sa. 13,14; Ps. 33,11; Jer. 31,20. Merkwürdig ist der Ausdruck: Klgl. 3,33: denn er nicht von Herzen die Menschen plagt
; er will sagen, dass das Plagen nicht die letzte Absicht Gottes sei, sondern nur ein Mittel zum Zwecke.