Herrschen
Herrschen ist dem Menschen 1 Mo. 1,26 durch Gottes Schöpfergüte verliehen über die Natur; er hat das Recht und die Macht, sie nach seinem Willen zu seinem Nutzen zu gebrauchen. Übereinander zu h. hat Jesus den Seinigen verboten (Mt. 20,25), so natürlich es dem menschlichen Herzen ist, gern zu h., weshalb uns auch die Machthaber, die ganze Völker ihrem Willen dienstbar machten, groß und bewunderungswürdig scheinen. Jesus weist uns auf einen andern Weg, nämlich auf den, daß wir für die andern leben und nicht die andern für uns, daß wir unsere Erhöhung nicht in der Erniedrigung der andern suchen, vielmehr uns ihnen hingeben in jenem Dienst, der aus der Liebe Jesu entspringt. Dieses Wort hebt die jeder menschlichen Gemeinschaft notwendige Gliederung nicht auf, wonach es in Haus und Volk Regierende und Gehorch ende geben muß. Auch in der Kirche Jesu bleibt stets der Unterschied zwischen Lehrenden u. Lernenden, Leitenden und Geleiteten. Aber auf den Wegen Jesu wird auch solcher Beruf zum Regieren ein Dienst, den man nicht sich, sondern dem Herrn und den Brüdern tut. Es herrscht nach Röm. 5,14. 17. 21 der Tod und die Sünde, denn wir sind unfähig, uns von ihnen zu lösen, und in ihre Gewalt gegeben; es herrscht aber auch die Gnade, Röm. 5,21, weil sie in Christo uns mit fester, sieghafter Macht erfaßt, die alles zurecht bringt. Diese königlich triumphierende Macht der Gnade hat ihren Grund in der in Jesu uns geschenkten Gerechtigkeit und ihr Ziel im ewigen Leben. Nicht h. darf die Sünde in unserem Leibe (Röm. 6,12. 14), in dessen Trieben und Begierden sie beständig vorhanden ist und bleibt. Weil wir aber mit Christo gestorben sind, das heißt weil das Urteil Gottes, das im Tode Jesu ergangen ist wider das Fleisch uns zu gut, auch uns umfaßt, so verschafft uns der den Tod Jesu erfassende Glaube eine innere Lösung von dem, was an bösen Regungen naturhaft in unserm Wesen ist, so daß diese nicht mehr über uns gebieten und unsern Willen binden zum Gehorsam gegen sie, und dies darum, weil Christus nicht nur starb, sondern auch lebt, und zwar in uns, so daß wir von seinem Geiste die Kraft empfangen, nicht mehr der Sünde zu dienen. Herrschen wird Christus bei seiner neuen Gegenwart in der Welt (1 Kor. 15,25), dann „muß er h.“ kraft des von Gott ihm übertragenen Amtes, bis alles, was dem göttlichen Liebesgedanken in der Welt entgegensteht, aus ihr beseitigt ist. Dann gibt er auch seiner Gemeinde Anteil an seinem Herrschen (2 Tim. 2,12; Röm. 5,17), indem er sie losmacht von aller Gebundenheit an das Gesetz der Sünde und des Todes und von allem Anteil an der Eitelkeit der Kreatur, so daß sie wie er selbst zur machtvollen Freiheit verklärten Lebens erhöht ist. Von diesem Herrschen spricht Paulus auch 1 Kor. 4,8, wo er der hochmütig werdenden Gemeinde strafend sagt: für euch scheint ja schon die ganze Herrlichkeit des Christenstandes angebrochen; ihr seid schon verklärte Leute, freilich ohne uns, ihr habt uns weit überholt, und ich möchte es euch wohl gönnen; denn dann käme die Reihe bald auch an mich; und nun hält er ihnen die Not und den Kampf seines Apostellebens vor, damit sie aus ihrem Dünkel erwachen und erkennen, daß der Christenruhm nicht in einer erträumten Vollkommenheit besteht, sondern darin, daß man mit dem Herrn alles tragen kann. Gott herrschet (Offb. 11,17), das ist das Ende aller Wege Gottes und sein endgültiger Gottesruhm, dann wenn alle Reiche der Welt unsers Herrn und seines Christus geworden sind.