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Haran

Haran, genauer Charan, babylonisch u. assyrisch Charrân, was sonst gewöhnlich Weg, Straße bedeutet, als Sitz des Mondkultes und als Karawanenstation altberühmte Stadt am User des Belich, eines Euphratnebenflusses in Mesopotamien. Die hebräische Überlieferung läßt den Patriarchen Abram mit seinem Vater Thara aus Ur (s. d.), dem uralten Sitz des chaldäischen Mondkultes, nach Haran auswandern und von dort dann den Abram allein nach dem Land Kanaan übersiedeln. Merkwürdig ist, daß die altbabylonischen Denkmäler bis jetzt niemals die Stadt nennen, auch in der Einleitung des Hammurabi-Gesetzes, wo Haran eigentlich genannt sein müßte, da Hammurabi auch Mesopotamien besaß, fehlt der Name, während dort sogar Ninive erwähnt wird. Wenn Haran damals schon existierte, so lag es wohl im Bereich der nichtsemitischen Mitannibevölkerung und hatte vielleicht einen anderen Namen; es liegt sehr nahe, daß Haran diesen seinen Namen Haran erst der Einwanderung der wohl eranischen Charri vor oder um 1400 v. Chr. verdankt (also Haran etwa = Harri-Stadt). Die erste bis jetzt bekannte inschriftliche Erwähnung (auch die ägypt. Inschriften kennen wohl das Reich Mitanni, aber nicht Haran) stammt von Tiglatpileser I., der dort Elefanten und Wildochsen jagte, um 1100 v. Chr. Seitdem bildet Haran einen wichtigen Bestandteil des assyrischen Reiches, mit besonderen, von Sargon erneuerten Privilegien, daß man fast den Eindruck bekommt, die Geschichte Haran müsse mit der Assurs von uralter Zeit her verknüpft gewesen sein. Der Mondtempel von Haran hieß E-chulchul, das heißt Haus der Freude, trug also einen alten sumerischen Namen; der Meder Astyages (babyl. Istuvegu) zerstörte ihn, aber der letzte Babylonierkönig Nabonid baute ihn, nachdem Cyrus den Astyages besiegt hatte, wieder neu auf, 553 v. Chr. Die griechische Form des Namens Haran ist Karrhai, bekannt durch die dort erfolgte Niederlage des Crassus von Seite der Parther, 53 v. Chr. Unter dem römischen Kaiser Marc Aurel wurde Carrhae, seit langem gut griechisch gesinnt, eine Freistadt unter römischen Schutz; die dort geprägten römischen Münzen gehen bis in die Zeit Gordians, und zeugen in ihren Symbolen auch noch von dem alten Mondkult, der sich in Haran sogar noch unter den Arabern bis in die Zeit des Islam hinein erhielt. Im A. T. wird Haran außer in der Geschichte Abrams (s. oben) noch 2 Kö. 19,12 (unter Senacherib, als von dessen Vorgängern erobert) u. Hes. 27,23 (dort als Handels-emporium) erwähnt.

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