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Friede

Friede ist in der Bibel nur in einem Teil der Stellen = Gegensatz von Streit und Krieg, in den andern ist es, der Grundbedeutung des hebr. Wortes nach, ein Zustand der Ruhe und des Wohlseins, also = Glück, Sicherheit, Heil. Im ersteren Sinn ist der Friede eine Aufgabe der Menschen, im zweiten Sinn eine Gabe Gottes. —

1) Friede = ein Zustand ohne Streit zwischen einzelnen, oder ohne Krieg zwischen Völkern. In ersterer Beziehung ermahnt die Bibel oft, man solle dem Friede gegen jedermann nachjagen, Ps. 34,15; Sach. 8,16. 19; Mk. 9,50; Eph. 4,3 Hbr. 12,14; 2 Tim. 2,22; vergißt aber nicht hinzuzusetzen: „soviel an euch ist“ (Röm. 12,18), da zum Friedenhalten immer zwei gehören (vgl. Ps. 120,6. 7). Und weil, wo einmal der Friede gebrochen ist, es oft einem Dritten leichter ist, denselben wieder herzustellen, so preist der Heiland die „Friedensstifter“ (Luther: Friedfertigen, Mt. 5,9) selig und verheißt ihnen, sie sollen Kinder Gottes heißen (vgl. Spr. 12,20). Die Pflicht, Friede zu halten, findet ihre Grenze an den beiden höheren Pflichten, für die Wahrheit zu zeugen u. der Ungerechtigkeit zu steuern; weshalb der Herr sagen mußte: ich bin nicht gekommen, Friede zu senden, sondern das Schwert (Mt. 10,34). Ein Trost für diejenigen, welche um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen in Kampf eintreten müssen, ist es aber, daß die Frucht der Gerechtigkeit schließlich doch der Friede ist (Jes. 32,17; Jak. 3,18). Und so ist in anderem Sinn Christus doch der größte Friedensstifter: Friede gehört zu den Früchten seines Geistes (Gal. 5,22); Friede hat er gestiftet zwischen den vorher getrennten Zweigen der Menschheit, Juden und Heiden (Eph. 2,14), ja Friede endlich zwischen Gott und den Menschen, die durch die Sünde entzweit waren (Röm. 5,1; Kol. 1,20).

Der Friede zwischen den Völkern wird um so mehr als ein hohes Gut empfunden, je mehr man die übel des Krieges gefühlt hat. Das spürt man solchen dankbaren Worten an wie Ps. 147,14: Er schafft deinen Grenzen Frieden; oder solchen schmerzlichen Klagen wie Jes. 33,7: die Boten des Friede weinen bitterlich! Freilich gibt es auch einen feigen Friede (1 Kö. 20,34) und einen falschen Friede, der schlimmer ist als Krieg (Jer. 8,11; Mi. 3,5; Hes. 13,10). Aber der rechte Friede gehört zu den größten Segnungen Gottes (3 Mo. 26,6), wie die Wegnahme des Friede zu den schwersten Gerichten (Offb. 6,4). In den Weissagungen von dem Messias gehört es zu den wichtigsten Zügen, daß er der Friedefürst (Jes. 9,5), ein Reich ewigen Friedens haben werde (Vers 6); vgl. Jes. 32,18; Mi. 5,4; Sach. 9,10. —

 2) In der andern Bedeutung bezeichnet Friede in ganz umfassender Weise einen Zustand, wo von außen die Sicherheit und Ruhe durch nichts gestört ist, von innen kein Schmerz, kein Vermissen, keine Sorge das Herz plagt

— ein Ausdruck, ganz geeignet, die Fülle dessen, was Gott uns Menschen sein und schenken will, in ein Wort zusammenzufassen. So im hohepriesterlichen Segen: der Herr gebe dir Friede! 4 Mo. 6,26; so in den Segenswünschen der neutestamentl. Briefe (die wohl nicht zufällig an jenen aaronitischen Segen anklingen: der Herr sei dir gnädig — gebe dir Frieden): Gnade sei mit euch und Friede! (Röm. 1,7 u. sonst). Vgl. in dem Lobgesang der Engel: Friede auf Erden! (Luk. 2,14). Daher heißt Gott geradezu der „Gott des Friedens“, 1 Th. 5,23; Röm. 15,33. Leicht erklärlich ist, daß im Alten Testament mehr die äußere, im Neuen Testament mehr die innere Seite des Begriffs in den Vordergrund tritt. Erstere zum Beispiel Spr. 3,17; Hes. 16,49; Hi. 5,24; Jer. 29,11, vgl. Luk. 19,42). Letztere zum Beispiel Röm. 14,17; 8,6. Dieser Friede des Reiches Gottes ruht auf der Versöhnung und Weltüberwindung durch Christus und ist ihr unmittelbarer Wiederschein im Herzen, Eph. 2,17; Jes. 53,5; Joh. 16,33. Daher Christus nach seiner Auferstehung seine Jünger begrüßt mit dem Worte: Friede sei mit euch! (Joh. 20,19. 26), ein Wort, das hier jedenfalls tieferen Sinn hat, als die bloße Grußformel (s. u.); es ist Erfüllung seines Versprechens: „den Friede lasse ich euch!“ Joh. 14,27. Wenn er hier diesen Friede noch weiter als seinen Frieden bezeichnet, so ist damit gesagt, daß derselbe auf einer völligen Einheit mit Gott ruht, wie sie von Christus aus auf seine Jünger sich fortpflanzt. Daher heißt dieser Friede auch der Friede Gottes, Phi. 4,7; Kol. 3,15. Obgleich derselbe schon hier auf Erden uns geschenkt wird, so kann er doch in seiner vollendeten Gestalt auch zu den am Gerichtstag zu verleihenden Gaben gerechnet werden, Röm. 2,10.

Im Friede sterben — der höchste Wunsch schon der alttestamentl. Frommen, 1 Mo. 15,15; Jer. 34,5 — ist im Neuen Bund seit Simeon eine Wahrheit geworden, die nicht mehr bloß die ungestörte Ruhe der letzten Stunden, sondern die innere Überwindung der Todesangst in sich schließt (Luk. 2,29, vgl. Hbr. 2,15).

„Friede sei mit dir!“ war beim Volk Israel der gewöhnliche Gruß der sich Begegnenden, eine Anwünschung alles Guten (Ri. 19,20; 1 Sa. 25,6 usw.), im Neuen Bund vertieft zur Anwünschung des göttlichen Friede (Mt. 10,12f.). Ähnlich der Abschiedsgruß: Gehe hin mit Friede! 2 Mo. 4,18; 1 Sa. 1,17; von Christus zur Versicherung der göttl. Gnade gebraucht, Luk. 7,50; 8,48.

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