Zum Inhalt

Euphrat

Euphrat, hebr. Phrat (eigentlich Peràt) 1 Mo. 2,14; Jer. 51,63, meist Fluß Phrat Jer. 46,2 (Karchemisch am Fluß Phrat) u. ö., babylonisch-assyrisch Purattu (aus Purantu), altpersisch Ufrâtus (daher griechisch Euphrates, so in den Apokryphen und im Neuen Testament), auch „das große Wasser, der Fluß Phrat“ (so 1 Mo. 15,18; 5 Mo. 1,7) und „der Strom“ schlechthin (so Jes. 8,7; 1 Mo. 31,21), während an andern Stellen damit das Wadi von Gaza, das noch heute Nahar „Strom“ heißt, am edomitischen Assur gemeint ist. Dieser aus zwei Quellflüssen in Armenien entspringende große Fluß tritt bei Biredschik in sein mittleres Stufenland, wo er Syrien und Mesopotamien scheidet, bis er beim alten Sippar das babylonische Flachland betritt, dieses von Chaldäa (westl. vom Euphrat) trennt und heute gemeinsam mit dem Tigris als sogen. Schatt-el-Arab unterhalb Basra in den Pers. Golf mündet. Sein größter Nebenfluß ist der Chabur, der Chaboras der Griechen, in Mesopotamien; ein kleinerer, etwas weiter nördlich einmündender, ebenda der Belich, an welchem das alte Harran lag. In Babylonien wurden die dort fehlenden Nebenflüsse durch das großartige Kanalsystem, welches dem Land seine sprichwörtliche Fruchtbarkeit verlieh, ersetzt; einer der bedeutendsten dieser Kanäle war der von Nebukadrezar neuangelegte „Königskanal“, während der Pallakottas wohl nur ein älteres Euphratbett und der noch heute existierende Schatt-el-Hai das alte Tigrisbett vorstellten. Noch zur Assyrerzeit flossen Euphrat und Tigris getrennt ins Meer, indem der Pers. Golf sich damals noch viel weiter landeinwärts, mindestens bis zum heutigen Ort Korna, erstreckte; noch jetzt wächst die Alluvialebene jährlich um etwa 22 m, indem sich ständig Schlamm ansetzt und zu neuem Boden wird, während sie früher noch schneller, nämlich in dreißig Jahren etwa um 1,6 km (1 engl. Meile), zunahm.

Aber gerade umgekehrt muß es in vorhistorischer Zeit, woran die Paradieses-beschreibung 1 Mo. 2,10-14 noch eine Erinnerung enthält, gewesen sein. Damals war der Pers. Golf, dessen geringe Tiefen (von ca. 10-100 m) schon auf eine ganz sekundäre und späte Entstehung hindeuten, bis zum Kap Musandum hin, wo der große offene Indische Ozean (zunächst der Golf von Oman) beginnt, ein blühendes Tal, welches von der Fortsetzung des Euphrat durchflossen wurde. Der gleiche Zyklon, welcher nach dem Wiener Geologen Sueß die Überflutung des heutigen unteren Euphratgebietes bis nach den medisch-armenischen Bergen hin verursachte (die Sintflut des bibl. Berichtes und der babylon. Überlieferung im Gilgamis-epos), war es auch, der vom Indischen Ozean kommend, jenes fruchtbare Tal verschlammte, auswusch und unter Wasser setzte. Parallel mit dieser einschneidenden jungen geologischen Veränderung läuft nun die fortschreitende Versandung und Vertrocknung Arabiens, welches dereinst üppige Wälder und wasserreiche Ströme hatte, aber seit Beginn der historischen Zeit mehr und mehr Wüstencharakter bekam; die Wälder und damit die Regen verschwanden und die Ströme wurden zu bloßen Wadis. In den ehemaligen alten Euphrat nun mündeten drei jener großen Flüsse, das heutige W. Sirhan (Djôf), der biblische Hiddekel (= Dattelfluß, Chadd-Dekel), das W. Rumma, der biblische Gihon und das W. Dawasir, der biblische Pison (vgl. auch Eden), so daß der Euphrat den östlichen Abschluß der alten Paradieseslandschaft bildete.

Zur Übersicht