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Essener

Essener, Essäer. Neben den Parteien der Pharisäer und Sadduzäer standen die zu Jesu Zeit etwa 4000 Mitglieder zählenden Essäer, aber nicht als eine 3. Partei, sondern nach Art der späteren Mönchsorden oder einer Sekte. Ihre Entstehung reicht jedenfalls ins 2. Jahrhundert vor Christo zurück; die Erklärung des Namens ist unsicher, die Deutung Chaschaim, das heißt die Verborgenen, kennzeichnet ihr Wesen richtig. Sie lebten in klösterlichen Vereinigungen ums Tote Meer, aber auch zerstreut in Städten, vom Ackerbau und friedlichem Gewerbe, in völliger Gütergemeinschaft und Ehelosigkeit. Die Aufnahme nach einer Probezeit geschah unter furchtbarem Eidschwur, in dem vornehmlich der Gehorsam gegen die Oberen und die Wahrung der Ordensgeheimnisse angelobt wurde, — eine sichere Kunde über ihre inneren Einrichtungen, ihre h. Lehren und Bücher ist somit nicht vorhanden. Es war offenbar ein Heiligungssystem durch Absonderung und Waschungen, strengste Sabbatfeier, Verbot des Eides — nach dem Eintrittsgelöbnis —, der blutigen Opfer, der Sklaverei, des Luxus, überhaupt ein Leben nach streng fixierter Ordensregel. Dabei war der Zweck das Schauen himmlischen Lichtes — nach Josephus richteten sie „altherkömmliche Gebete an die Sonne, gleichsam bittend, daß sie aufgehe“ —, die Verbindung mit himmlischen Geistern — die Engelnamen wurden streng geheim gehalten —, der Empfang prophetischer Inspiration und göttlicher Kräfte zur Beherrschung der Geister und der Natur. Die Auferstehungshoffnung haben sie abgelehnt, dagegen einen Ort der Seligen und einen Strafort angenommen, an welchen die Seelen versetzt werden, die, ursprünglich im Äther wohnend, gefallen und in die Fesseln des Leibes geraten seien. Die Frömmigkeit sollen sie als Verzicht auf allen Eigenwillen, als Pflege eines völligen Abhängigkeitsbewußtseins verstanden haben.

Manches in der Lebenshaltung der Essener, Essäer läßt sich als Steigerung des Pharisäismus verstehen, aber deutlich ist auch der Unterschied: während jener die Religion in der Hauptsache auf Moral reduziert, empfindet dies der Essäismus als eine Leere, seine Askese ist ihm nur die Vorbedingung, um in sakramentalen Handlungen die Berührung mit dem Göttlichen zu finden. Ebenso ist seine Separation den durch und durch nationalen Zielen der Ph. völlig entgegengesetzt — die Absonderung der Ph. galt lediglich der Sünde. Es liegt bei diesem Tatbestand nahe, an außerjüdische Einflüsse zu denken, die bei der Entstehung des Essäismus mitbestimmend waren, und wirklich finden sich im griechischen Pythagoreismus auffallende Parallelen. Vielleicht hat auch der Parsismus eingewirkt, von Buddhismus ist nichts nachweisbar. Umgekehrt war die Frage nach den geschichtlichen Wirkungen, welche von der Sekte ausgegangen sind, schon eine lebhaft verhandelte; wollte man doch den Täufer Johannes und selbst Jesus in nähere Beziehungen zu ihr bringen. Aus der obigen Darstellung ergibt sich, daß verwandte Züge im Auftreten des Täufers nur bei oberflächlicher Betrachtung gefunden werden können, eine Abhängigkeit Jesu von diesen sonderlichen Heiligen aber gehört einzig in das Gebiet der Fabel. Eine andere Frage ist, ob nicht in manchen Irrlehren der apostolischen Zeit essäische Einflüsse zu sehen sind? Die Frage wird von den Forschern verschieden beantwortet (s. auch Art. Epheserbrief): das, was im Essäismus griechischer oder orientalischer Herkunft war, konnte auch direkt, ohne seine Vermittlung, in christliche Kreise eindringen.

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