Bundeslade
Bundeslade. Dieses heiligste Gerät der Stiftshütte ist beschrieben 2 Mo. 25,10 ff.; 37,1 ff. als eine Lade von Akazienholz, 2½ Ellen lang, 1½ Ellen breit und hoch, inwendig und auswendig mit seinem Gold überzogen, zur Verzierung mit einem rings umlaufenden goldenen Kranze versehen. Durch vier goldene Ringe, welche oberhalb der vier kurzen Füße (Luther: Ecken) angebracht waren, wurden zwei sehr lange, gleichfalls vergoldete Tragstangen gesteckt, welche wahrscheinlich an den Langseiten der Lade hinliefen und nie aus den Ringen herausgenommen werden sollten. Auf der Lade lag eine massive goldene Platte, bei Luther „Gnadenstuhl“ genannt, eigentlich: Deckgeräte, Sühngeräte. An den Enden dieser Platte waren 2 Cherubsgestalten angebracht, welche mit ihren ausgebreiteten Flügeln die Lade überdeckten. Aufgestellt wurde die Lade im Allerheiligsten. Sie heißt auch „Lade Gottes“ oder „Lade des Zeugnisses“, weil die zwei „Tafeln des Zeugnisses“ (2 Mo. 32,15), worauf Gottes Wille niedergeschrieben war, in ihr niedergelegt wurden. Nach 1 Kö. 8,9; 2 Chr. 5,10 befanden sich in der Lade nur diese beiden Gesetzestafeln. Nach Hbr. 9,4 dagegen hätte man außerdem das Mannagefäß (2 Mo. 16,33) und den blühenden Stecken Aarons (4 Mo. 17,13) darin aufbewahrt. Ungenau hat nämlich die spätere Überlieferung die Bestimmungen „vor dem Herrn“, 2 Mo. 16,33, und „vor das Zeugnis“, 4 Mo. 17,13 so aufgefaßt.
Über der Lade breiten 2 Cherube ihre Flügel aus, auf welchen der unsichtbare Gott selber thronend gedacht ist (1 Sa. 4,4; 2 Sa. 6,2; Ps. 80,2). Sie sind gewissermaßen der lebendige Thron Gottes. Äußerlich analog ist es, wenn in gewissen ägypt. Tempeln das heiligste Gesetz unter den Füßen der Götterstatue im innersten Heiligtum gefunden worden ist. Die Bundeslade wird demgemäß als Fußschemel des auf den Schwingen der Cherube sitzenden Gottes gedacht sein.
Was die Geschichte der Bundeslade betrifft, so wurde sie während des Wüstenzuges dem Volke vorangetragen (4 Mo. 10,33), und zwar durch die Leviten, näher das Geschlecht Kahats, 4 Mo. 4,4 ff. Sie mußte aber vorher von den Priestern sorgsam in Decken gewickelt werden. Denn weil sie die Gegenwart des heiligen Gottes versinnbildete, den der unreine Mensch nicht ohne Gefahr des Todes schauen kann, sollte auch sie nicht von Unberufenen gesehen oder berührt werden. Wurde das mißachtet, so rächte sich’s, 1 Sa. 6,19 ff.; 2 Sa. 6,6 ff. Nach dem Einzug in Kanaan wurde die Lade in der Stiftshütte zu Silo aufgestellt, zog aber bei bestimmten Anlässen im Land umher, vgl. Ri. 20,26 ff. Von Silo holten sie die Israeliten zum Krieg mit den Philistern, indem sie hofften, sich damit die hilfreiche Gegenwart Gottes zu sichern, 1 Sa. 4,4 ff. Allein da der Herr sich nicht zu ihnen bekannte, wurde die heilige Lade vom Feinde erbeutet. Doch erfuhren die Philister bald an ihr so sehr das mächtige Zürnen Gottes, daß sie dieselbe zurücksandten, 1 Sa. Kap. 5 u. 6. Sie kam darauf nach Beth-Semes (6,18 f.) und Kirjath-Jearim. An letzterem Ort und zwar auf der Anhöhe (von Luther Gibea genannt, 7,1; 2 Sa. 6,3) blieb sie, bis David sie feierlich nach Jerusalem holte, wo das Heiligtum nun seine bleibende Stätte bekam, 2 Sa. 6; 1 Chr. 15. Ps. 24 scheint bei der Abholung der Bundeslade nach dem Zion gesungen. Das Lied feiert den Einzug des in der Lade sinnbildlich sich vorstellenden Herrn der Heerscharen in der alten ehrwürdigen Stadt auf dem Zion. Salomo ließ die Lade in den von ihm erbauten Tempel bringen und zwischen zwei neuen, auf dem Boden stehenden kolossalen Cherubsgestalten aufstellen. 1 Kö. 8,V. 8 (vgl. 2 Chr. 5,9) verstehen wir so, daß man im Allerheiligsten die Enden der seitwärts unter den Cherubsflügeln hervorragenden Stangen sehen konnte, dagegen von außen, das heißt vom Heiligen aus nichts von ihnen erblickte, weil sie von jenen Fittigen zugedeckt waren. Bei der Zerstörung des Tempels durch Nebukadnezar (2 Kö. 25,9) ist die Bundeslade, von deren Erbeutung durch die Babylonier nichts berichtet wird, ohne Zweifel verbrannt. Nach einer Legende (2 Makk. 2,4 ff.) soll Jeremia sie damals mit andern Heiligtümern in einer Höhle des Berges Nebo verborgen haben, wo sie bleibe bis zur Zeit der Sammlung des Volkes. Vielmehr hat jener Prophet, Jer. 3,16, den merkwürdigen Ausspruch getan, daß man bei der Aufrichtung des neuen wahren Gottesreiches der Bundeslade gar nicht mehr gedenken, sie weder entbehren noch neu anfertigen werde, da dann (nicht mehr nur dieses kleine Geräte im innersten Heiligtum, sondern) ganz Jerusalem den Thron Gottes bilden werde. Im zweiten Tempel, den Serubabel nach dem Exil aufbaute und Herodes vollends ausschmückte und erweiterte, fehlte die Bundeslade, dieses Palladium des früheren Heiligtums, indem man sich offenbar nicht getraute, dasselbe ohne besondere göttliche Weisung wieder anzufertigen. Nach dem Thalmud ragte an jener Stelle des Allerheiligsten ein Stein drei Finger hoch über dem Boden empor, auf welchem der Hohepriester am Versöhnungstag das Rauchfaß niedersetzte. Der Prophet Sacharja (3,9) scheint diesen Stein vor Augen zu haben, wo er verheißt, Gott werde selber den vor den Hohepriester gelegten Stein aushauen, künstlerisch vollenden und so ein vollkommenes Sühngeräte schaffen, auf welchem an Einem Tage die gesamte Schuld des Landes gesühnt werden soll. Dieser mangelhafte, unfertige Zustand des Allerheiligsten im zweiten Tempel sollte auf die wahre, vollkommene Sühnanstalt des Neuen Bundes weisen. Vgl. die Artt. Stiftshütte, Cherub, Gnadenstuhl.