Becher
Becher (Kelch), ein im Heiligtum wie in Privathäusern gebrauchtes, meist aus edlem Metall verfertigtes Trinkgeschirr, das entweder die Gestalt einer offenen, bauchigen Schale (Kos) hatte, oder mit einem Deckel versehen war (so wahrsch. Kephor, 1 Chr. 28,17).
1) Der ägypt. Aberglaube, daß man vermittelst des Becher wahrsagen könne (man beobachtete nämlich die durch Hineinwerfen von Geldstücken oder Steinchen auf der Oberfläche des Wassers oder Weines sich bildenden Figuren und suchte sie zu deuten), wurde von Joseph benützt, seine Brüder zu schrecken, aber schwerlich von ihm selbst geteilt (1 Mo. 44,5). —
2) Ps. 116,13: „Ich will den Kelch des Heils erheben“ spielt an auf die Sitte, beim Passahmahl den Kelch zu erheben unter Lobpreisungen Gottes. Eine noch viel tiefere Beziehung auf den Kelch beim Passahmahl liegt vor in dem Kelch des h. Abendmahls. Wie der Israelite beim Passah der Gnadengemeinschaft mit seinem Gott, des Segens, der im Passahopfer lag, insbesondere auch der verschonenden Kraft des Blutes vom Passahlamm freudig gewiß wurde, so kommt durch den Kelch des Segens im N. Becher eine lebendige Gemeinschaft mit dem Herrn zustande, und wer ihn genießt, bekommt Anteil an der versöhnenden und erlösenden Kraft des neutest. Opferblutes (Mt. 26,27; Luk. 22,20; 1 Kor. 11,25 u. 28; 10,16), während der Genuß des heidnischen Trankopferweines in eine gefährliche Gemeinschaft mit den Dämonen bringt (1 Kor. 10,21). —
3) Der zum Austrinken dargereichte Becher wird häufig als Bild des von Gott einem Menschen bestimmten Schicksals gebraucht, eines freundlichen Loses (Ps. 23,5; Ps. 16,5 hebr.), oder eines schlimmen Geschicks (Ps. 11,6 hebr.; Ps. 75,9; Hes. 23,33). So heißt das Leiden Christi ein Kelch als ein vom Vater ihm auferlegtes Verhängnis (Joh. 18,11; Mt. 26,39 u. 42). Auch das Leiden seiner Jünger wird so genannt (Mt. 20,22 f.; Mk. 10,38 f.). —
4) In den prophetischen Verkündigungen des A. u. N. T. werden die von Gott verhängten Gerichte als Kelch oder Becher des Zorns (Jes. 51,22; Offb. 14,10, vgl. Ps. 75,9; Hab. 3,16; Jer. 49,12; $$Klag. 4,21::Klgl 4,21$$), oder des Jammerns u. Trauerns (Hes. 23,33) bezeichnet, welchen das abtrünnige Israel ($$Hes. 23,31 bis 33::Hes 23,31-33$$) ebenso trinken muß wie die heidnischen Weltmächte (Jes. 51,22 f.). Ja ein Taumelkelch werden diese Gerichte genannt, Jes. 51,22; Jer. 25,15. Babel reicht zuerst den güldenen Becher den Nationen, das heißt es betört sie durch seine Macht u. Herrlichkeit, um sie hernach zu unterjochen und ins Verderben zu stürzen (Jer. 51,7, vgl. Offb. 17,4). Doch vollzieht sich darin ein Gericht Gottes über jene Völker (Babel ist der Becher in der Hand des Herrn). Zuletzt muß Babel selbst, als die dem Reich Gottes feindliche Weltmacht, den Taumelbecher trinken, das heißt durch Verblendung ins Verderben geraten (Jes. 51,22; Sach. 12,2; Offb. 16,19; 18,6). Taumelkelch werden diese Gerichte wohl nicht deswegen genannt, weil sie so schrecklich sind, daß sie die, welche sie treffen, völlig betäubt machen, sondern es ist wohl derselbe Gedanke darin ausgesprochen, der auch im heidnischen Altertum seinen Ausdruck fand, daß Gott den, welchen er verderben will, zuvor verblendet (Gericht der Verstockung). Vgl. Gefäß.