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Matthäus 28

Matthäus, einer der Zwölfe (Mt. 10,3), ein früherer Zöllner, dessen Berufung Mt. 9,9 ff. erzählt ist. In den Parallelen bei Markus und Lukas heißt er Levi, Sohn des Alphäus (Mk. 2,14; Luk. 5,27). Sonst ist er im Neuen Testament nie mehr erwähnt. Die Überlieferung läßt ihn später außerhalb Palästinas den Heiden predigen. Sicherer ist, daß er eine Schrift: „Aussprüche des Herrn“ verfaßt hat. Vgl. darüber und über das Verhältnis derselben zu unserem ersten Evangelium d. Art. „Evangelien“ 2). Die Entstehung des 1. Evangeliums läßt sich durch Vergleichung mit dem 2. und 3. Evangelium klar erkennen. Nach einer Kindheitsgeschichte Jesu, über deren Ursprung wir nichts sagen können (K. 1 u. 2), beginnt die eigentliche Geschichte Jesu mit dem Auftreten seines Vorläufers, und es unterliegt keinem Zweifel, daß von hier an wie im Lukasevangelium (s. d. Art.) die beiden ursprünglichen Evangelienschriften des Matthäus u. Markus zusammengearbeitet sind. Aber die Verbindung beider ist eine kunstvollere, planmäßigere, als im Lukasevangelium. Gehen wir dieser Zusammensetzung im einzelnen nach, so fehlen aus Markus nur sehr wenige Stellen (zum Beispiel Mk. 1,21-28. 35-38; 3,20 f.; 4,21-29; 7,31-37; 8,22-26; 12,41-44). Von diesen ist zum Beispiel das Gleichnis vom selbständigen Wachsen des Samens, 4,21-29, ohne Zweifel der Siebenzahl zulieb weggelassen worden, weil in Mt. 13 sieben Gleichnisse vom Reich Gottes zusammengestellt werden sollten. Auch an der Reihenfolge der Erzählungen bei Markus ist wenig geändert; in der größeren Hälfte, Mk. 6-16 = $$Mt. 13,53 bis K. 28::Mt 13,53-Mt 28$$, gar nichts; in der kleineren ersten Hälfte auch nur an 4 Stellen: Mk. 1,29-34 und 1,39-45 sind gegen einander vertauscht; 4,35 bis 5,21 und 5,22-43 sind an frühere Stellen vorgerückt; diese drei Änderungen erklären sich daraus, daß zwischen die Bergpredigt und zwischen die Aussendungsrede 12 zusammenpassende Erzählungsstücke eingeschoben werden sollten, eine gewiß nicht zufällige Zahl, wenn man beachtet, wie auch sonst in dem Evangelium auf solche Zahlen Wert gelegt wird (dreimal 14 Glieder im Stammbaum Christi, Mt. 1,17; 7 Gleichnisse, Mt. 13; 7 Weherufe, Mt. 23, denn V. 14 fehlt in den besseren Handschriften). Endlich ist Mk. 3,13-19, die Wahl der Apostel, im ersten Evangelium mit ihrer Aussendung zusammengenommen, diese selbst aber nach der Matthäusschrift erzählt (Mt. 10). Zeigt sich also nach dieser Seite eine recht treue Benützung der Markusschrift, so ist dagegen die Matthäusschrift um so freier und selbständiger verwertet. Während Lukas ihren Inhalt einfach in zwei Teile teilte und an zwei passenden Stellen in die Markuserzählung einschaltete, lassen sich im ersten Evangelium folgende Wahrnehmungen machen:

1) Es sind an einer größeren Anzahl von Stellen der Markuserzählung längere Redestücke aus dem Munde Jesu eingeschaltet: nämlich Kap. 7-9; 10 u. 11; 13; 18; 23; 25. Dieselben schließen sich teilweise an kürzere Worte Jesu an, die schon im Markustext standen; zum Beispiel Mt. 13 sind den zwei aus Mk. 4 stammenden Gleichnissen vom Reich Gottes fünf weitere angehängt; Mt. 18 sind die Worte Jesu aus Mk. 9,33 ff. erweitert; Mt. 23 sind die Worte Jesu aus Mk. 12,38-40 der gegebene Kern der Rede gegen die Pharisäer; Mt. 25 bildet die Fortsetzung zu dem aus Mk. 13 stammenden Kap. 24 über die letzten Dinge u. dergl. —

2) Dazu kommen einige kleinere Stücke, die ebenfalls in die Markuserzählung eingeschaltet sind: zum Beispiel8,5-13 Hauptmann von Kapernaum; 18-22 die zwei Nachfolger; 20,1-16 Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg; 22,1-14 Gleichnis vom königlichen Gastmahl. —

3) Endlich aber sind auch in manche Erzählungen des Markus mitten hinein passende Worte Jesu eingeschoben, oder dieselben sonst irgendwie erweitert; zum Beispiel Mt. 12,11 ff.32 ff.; 15,13 f.; 16,2. 3. 17-19; 19,28 usw. Dies ist sogar bei Stücken, die schon urspr. aus der Matthäusschrift stammen, der Fall; zum Beispiel 8,11 f., wie die Vergleichung mit Luk. 7,1 ff. und 13,28 f. zeigt. Daß nun der Inhalt dieser drei Arten von Einschaltungen aus der Matthäusschrift stammt, ist sicher anzunehmen, daß ein großer Teil davon auch bei Lukas sich findet. Auch läßt sich in einigen Partien noch dieselbe Reihenfolge der Stücke im ersten und dritten Evangelium nachweisen; zum Beispiel auf die Bergpredigt folgt in beiden die Geschichte vom Hauptmann von Kapernaum. Aber weit überwiegend sind doch die Fälle, in welchen das erste Evangelium den Inhalt der Matthäusschrift nach sachlichen Gesichtspunkten frei zu größeren Reden zusammengestellt, bezw. an passenden Orten eingefügt hat, wie dies oben nachgewiesen wurde. Daher findet sich in diesen Reden vielfach eine gewisse planmäßige, kunstvolle Gliederung. So in der Bergpredigt: die acht Seligpreisungen 5,3-10; das 6 malige: Ihr habt gehört, daß (zu den Alten) gesagt ist, 5,21. 27. 31. 33. 38. 43; die drei Frömmigkeitsübungen: Almosengeben, Beten, Fasten, mit der jedesmaligen Warnung vor den Heuchlern, 6,1-18 usw. Ähnliche Gliederung läßt sich in anderen Reden des ersten Evangeliums nachweisen; doch darf man nicht künstlich sie hineinlegen, wo sie nicht klar in die Augen fällt. Auch läßt sich, namentlich soweit Lukasparallelen fehlen, nicht sicher sagen, wieviel von solcher Gliederung schon in der ursprünglichen Matthäusschrift vorhanden war; aber daß der Verfasser unseres jetzigen Evangeliums solche Darstellung liebte, zeigt namentlich der Umstand, daß das ganze Evangelium eine ähnlich gegliederte Anordnung hat. Es sind acht größere Redestücke, welche in den Zusammenhang der erzählenden eingeschoben sind: 1) Kap. 5-7 Bergpredigt (das Programm der Predigt Jesu); 2) K. 10 Apostelaussendungsrede (die Arbeit wächst); 3) K. 11 Jesus ein Stein des Anstoßes (Beginnende Schwierigkeiten);

4) K. 13 Sieben Gleichnisse vom Himmelreich (Entwicklung des Reiches Gottes trotz der Schwierigkeiten);

5) K. 15 Gottesgebote und Menschensatzungen (offener Bruch mit den Pharisäern);

6) K. 18 Vorschriften für die Jünger und ihr Zusammenleben (die Gründung einer eigenen Gemeinde in Aussicht);

7) K. 23 Gericht über die Pharisäer und Schriftgelehrten (Abschluß des Kampfes);

8) K. 24 u.25 die letzten Dinge (Zukunftsaussichten). Öfters sind diese Reden durch passende Übergänge mit den aus Markus stammenden Erzählungen verbunden (zum Beispiel Mt. 4,23-25; 9,35-38, vgl. 11,1). Ferner sind, worauf schon oben hingewiesen wurde, zwischen die zwei ersten größeren Redestücke zwölf Erzählungsstücke gruppiert, die teils aus der Markusschrift zusammengesucht, teils aus der Matthäusschrift genommen sind; nämlich: 8,1-4 der Aussätzige; 8,5-13 Hauptmann von Kapernaum; 8,14-17 Schwieger Petri; 8,18-22 Zwei Nachfolger; 8,23-27 Sturm auf dem Meer; 8,28-34 Besessene im Gadarenerland; 9,1-8 der Gichtbrüchige; 9,9-13 Berufung des Matthäus; 9,14-17 die Fastenfrage; 9,18-26 Jairus Töchterlein; 9,27-31 zwei Blinde; 9,32-34 ein Besessener; es sind offenbar zwölf Beispiele der gottverliehenen Gewalt Jesu und ihres Eindrucks. Eine weitere Eigentümlichkeit des Evangeliums, die offenbar auf Rechnung des Verfassers, nicht seiner Quellen kommt, sind die häufigen Bezugnahmen auf alttestamentliche, in Jesu erfüllte Weissagungen (1,22 f.; 2,6. 15. 18. 23; 3,3; 4,14 ff.; 8,17; 11,10; 12,17 ff.; 13,14. 35; 21,4 f.; 27,9 f. 35. 43). Wenn man übrigens daraus geschlossen hat, daß das Evangelium für Judenchristen ursprüngl. geschrieben worden sei, so ist das nicht sicher beweisend; denn die Briefe des Apostels Paulus zeigen, daß man auch Heidenchristen gegenüber das Alte Testament. gern anführte; sie lernten dasselbe kennen, sobald sie Christen wurden. Man kann nur sagen: das Evangelium will durch den vereinigten Eindruck von Worten und Werken Christi zusamt dem Zeugnis des Alten Testaments es hell ins Licht stellen, wie wohl begründet der Christenglaube ist, daß Jesus von Nazareth der Messias gewesen ist. Über die Abfassungszeit läßt sich sowenig als über den Verfasser etwas Bestimmtes sagen (siehe Evangelien).

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