Johannes – wie er seiner Bestimmung folgte
Lukas-Evangelium 3,1-20 Reihe: Johannes der Täufer im Auftrag des Höchsten (4/6)
Einleitende Gedanken
Heute beschäftigen wir uns damit, wie Johannes seiner Bestimmung folgte, wie er seinen Auftrag erfüllte. Das Lukasevangelium bestimmt den genauen Zeitpunkt, an dem Johannes mit seinem öffentlichen Dienst begann. „Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius.“ Lk.3,1. Damals gab es noch keine allgemein anerkannte Zeitrechnung. Vielfach orientierte man sich an den Regierungsjahren eines Königs oder Kaisers. Manchmal auch an der Gründung einer bedeutenden Stadt, wie z.B. Rom. „Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius.“ Lk.3,1. Der römische Kaiser Tiberius war der Nachfolger von Augustus. Kaiser Augustus regierte von 31 vor bis 14 n.Chr. In diese Zeit fielen die Geburten von Johannes und Jesus. 14 bis 37 n.Chr. herrschte Tiberius über das römische Reich. In diese Zeit fiel das öffentliche Auftreten von Johannes und Jesus. Übrigens ist die Zeiteinteilung, die wir heute verwenden, eine Errungenschaft aus dem 6. Jahrhundert. Der Abt Dionysius begründete diese Zeitrechnung. Er sprach von den Jahren vor und nach der Fleischwerdung des Herrn. Die Geburt von Jesus legte er in das Jahr 754 nach der Gründung Roms. Leider war ihm da ein Fehler unterlaufen. Wir wissen, dass Herodes der Grosse 4 v.Chr. starb. So muss man davon ausgehen, dass Jesus ca. 6 v.Chr. geboren wurde. Wir sehen, dass die genaue zeitliche Einordnung gar nicht so einfach ist. Jedenfalls war das 15. Regierungsjahr des Kaisers Tiberius 29 n.Chr. Lukas beschrieb auch noch die politische Situation jener Zeit. „Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Gouverneur von Judäa, Herodes regierte als Tetrarch in Galiläa, sein Bruder Philippus in Ituräa und Trachonitis, Lysanias in Abilene.“ Lk 3,1 Nach dem Tod des Herodes des Grossen, wurde sein Regierungsgebiet auf vier seiner Söhne verteilt. Das grösste Gebiet bekam Herodes Archelaus: Samaria, Judäa und Idumäa. Er herrschte dermassen grausam, dass er vom römischen Kaiser abgesetzt wurde und der Kaiser auf Wunsch der Juden sein Gebiet direkt unter römische Verwaltung stellte. So verwalteten Prokuratoren oder Gouverneure dieses Gebiet. Zurzeit von Johannes dem Täufer war Pontius Pilatus Gouverneur. Herodes Antipas regierte in Galiläa. Das ist das Gebiet, in dem Jesus hauptsächlich lebte und wirkte. Dann war noch Philippus sein Bruder, der in Ituräa und Trachonitis regierte. Schliesslich war da noch ein Mann namens Lysanias, von dem wir nicht so viel wissen. Erstaunlich, wie genau Lukas das politische Umfeld beschrieb, in dem Johannes wirkte. Er äusserte sich auch noch über das religiöse Umfeld. „Hohepriester waren Hannas und Kajafas.“ Lk.3,2. Der Hohepriester Hannas wurde schon lange vom römischen Prokurator abgesetzt. Nach Gutdünken der Prokuratoren wurden die Hohepriester ernannt. Zur Zeit des Johannes war der Schwiegersohn von Hannas, Kajafas, Hohepriester. Doch in den Augen der Juden war Hannas immer noch der rechtmässige Hohepriester. Deshalb erwähnt Lukas hier beide Namen. In dieser, vom Zerfall gezeichneten Zeit, gab Gott dem Johannes das Startzeichen, mit seinem Dienst zu beginnen. „Johannes, der Sohn des Zacharias, bekam in der Wüste von Gott seinen Auftrag.“ Lk.3,2. So schauen wir nun, wie Johannes diesen Auftrag ausführte.
Er ruft zur Gesinnungsänderung
Johannes machte sich auf und wirkte in der Jordangegend. Weil er im Jordan taufte und auch Jesus im Jordan getauft wurde, ist der Jordan für Israelreisende bis heute ein beliebter Ort, sich taufen zu lassen. „Johannes predigte die Taufe der Busse zur Vergebung der Sünden.“ Lk.3,3. So steht es in der Lutherbibel. Die Taufe der Busse kann von uns leicht falsch verstanden werden. Busse verbinden wir mit einer Strafe, die wir für ein Fehlverhalten bezahlen müssen. Wenn ich falsch geparkt habe und dabei erwischt werde, muss ich eine Busse bezahlen. Habe ich die Busse bezahlt, ist die Sache geregelt und erledigt. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht wieder falsch parken werde. Wenn ich das für nötig erachte, werde ich das Risiko eingehen und falls ich erwischt werde, die Busse bezahlen. Diese Art von Busse, dass wir unsere Schuld selber begleichen, sozusagen bezahlen können, ist hier nicht gemeint. Das Wort im griechischen Grundtexte bedeutet etwas anderes. Man müsste es mit „Umdenken“ übersetzen. Es war die Taufe des Umdenkens. Mit der Taufe gaben die Menschen zum Ausdruck, dass sie ihre Gesinnung, ihre Einstellungen und Werte veränderten. Der Ruf zu Busse ist nicht der Ruf etwas zu bezahlen, sondern die Aufforderung umzudenken. Oder wie Lukas später berichtet: „Das ganze Volk und sogar die Zolleinnehmer, gaben Gott in seinem Urteil Recht; sie haben sich von Johannes taufen lassen.“ Lk.7,29. Sie gaben Gott Recht. Sie hatten ihre Gesinnung geändert. Sie sagten sich und Gott: „Meine Sicht der Dinge war falsch. Du Gott siehst es richtig. Deshalb will ich meine Gesinnung ändern und ab heute auf dich hören.“ Die Neue Genfer Übersetzung übersetzt nicht mit Umdenken, sondern mit umkehren. Das hört sich dann so an: „Johannes rief die Menschen dazu auf, umzukehren und sich taufen zu lassen, um Vergebung der Sünden zu empfangen.“ Lk.3,3. Hast du deine Gesinnung geändert. Hast du Gott Recht gegeben, dich taufen lassen und die Vergebung deiner Sünden empfangen? Wer das tut, der ebnet Jesus den Weg. Durch diese Predigt, die zum Umdenken auffordert und durch die Umkehr der Menschen, bereitete Johannes die Menschen auf Jesus vor. Jesaja sprach von der Beseitigung der Sünde in einer bildlichen Sprache. Johannes zitierte diesen Abschnitt aus Jesaja: „Hört, eine Stimme ruft in der Wüste: ‚Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet seine Pfade! Jedes Tal soll aufgefüllt und jeder Berg und jeder Hügel abgetragen werden. Krumme Wege müssen begradigt und holprige eben gemacht werden. Und die ganze Welt soll das Heil sehen, das von Gott kommt.“ Lk 3,4-6 Die Menschen kamen in Scharen und liessen sich taufen. So wurden die Berge von Sünden abgetragen und die krummen Wege begradigt. So wurden die Juden auf das Kommen von Jesus vorbereitet.
Er warnt vor falscher Sicherheit
Johannes war kein Prediger, der den Menschen viele schöne und ermutigende Dinge sagte, wie z.B. Gott ist die Liebe und er wird in jeder Situation für dich sorgen. Mach dir keine Sorgen, Gott sorgt für dich. Hab keine Angst, Gott kennt deine Schwächen usw. Bei der Verkündigung des Johannes musste man sich anschnallen. Er sagte den Leuten nicht wie toll es sei, dass sie sich auf den Weg gemacht hätten. Er forderte sie hart heraus: „Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch auf den Gedanken gebracht, ihr könntet dem kommenden Gericht entgehen?“ Lk.3,7. Schlangenbrut ist keine nette Bezeichnung. Schlangenbrut ist eine Anspielung auf die alte Schlange den Teufel. Johannes prangerte die falsche Sicherheit an, in der sich die Juden wohl fühlten. Sie sagten sich: „Wir haben ja Abraham zum Vater!“ Lk.3,8. Mit anderen Worten: Uns kann nichts passieren. Als Kinder Abrahams können wir davon ausgehen, dass wir gerettet werden. Gott ist garantiert auf unserer Seite. Doch Johannes nahm ihnen diese falsche Sicherheit. Er sagte: „Gott kann Abraham aus diesen Steinen hier Kinder erwecken.“ Lk.3,8. Anders gesagt: Gott braucht euch nicht. Ihr müsst nicht meinen, weil ihr von Abraham abstammt, könntet ihr ein gottloses Leben führen. Wer ein gottloses Leben führt, der hat nicht Abraham sondern den Teufel zum Vater. Deshalb bezeichnete er sie als Schlangenbrut. Wenn Gott will, kann er sich aus diesen Steinen Kinder Abrahams erwecken. Er ist nicht auf die Juden angewiesen. Ganz schön hart diese Rede und damit allen klar wurde, wie ernst die Lage ist, fügte Johannes hinzu: „Die Axt ist schon an die Wurzel der Bäume gelegt, und jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.“ Lk.3,9. Das Gericht Gottes ist bereits im Gange. Aber was sollen die Leute jetzt tun, wenn sie sich nicht auf Abraham berufen konnten? Johannes sagt: „Bringt Früchte, die zeigen, dass es euch mit der Umkehr ernst ist.“ Lk.3,8. Früchte, die nicht mit religiösen Werken abgegolten werden. Gott geht es nicht hauptsächlich um ein religiöses Leben. Wir können ein wunderbares religiöses Leben führen und gleichzeitig Menschen betrügen. Ich kann viel beten und gleichzeitig fremdgehen. Ich kann die Gottesdienste regelmässig besuchen und meine Mitarbeiter verachtend behandeln. Im Propheten Micha finden wir einen interessanten Abschnitt, der uns zeigt, was Gott will. Die Israeliten fragten den Propheten Micha: „Womit soll ich vor Jahwe treten, diesen grossen und erhabenen Gott? Was soll ich ihm bringen, wenn ich mich vor ihm niederwerfe? Soll ich einjährige Rinder als Opfer auf seinem Altar verbrennen? Kann ich ihn damit erfreuen, dass ich ihm Tausende von Schafböcken und Ströme von Olivenöl bringe? Soll ich meinen erstgeborenen Sohn opfern, damit er mir meine Schuld vergibt?“ Mi.6,6-7. Nein, das ist es nicht, was Gott erwartet. Micha antwortete: „Jahwe hat dich wissen lassen, Mensch, was gut ist und was er von dir erwartet: Halte dich an das Recht, sei menschlich zu deinen Mitmenschen und lebe in steter Verbindung mit deinem Gott!“ Mi.6,8. Oder wie es Paulus einmal sagte: „Wenn jemand mit Jesus Christus verbunden ist, spielt es keine Rolle, ob er beschnitten oder unbeschnitten ist. Das einzige, was zählt, ist der Glaube – ein Glaube, der sich durch tatkräftige Liebe als echt erweist.“ Gal 5,6
Er gibt praktische Anweisungen
Nun wollten die Leute von Johannes wissen, was das konkret für ihr Leben bedeutet. Was soll z.B. ein Zöllner tun? Soll er seinen Beruf aufgeben? Darf ein Soldat nicht mehr kämpfen? Grundsätzlich sagte Johannes, wer seine Gesinnung geändert hat und sich taufen lässt, der soll sich seinen Mitmenschen gegenüber fürsorglich verhalten. „Wer zwei Hemden hat, soll dem eins geben, der keines hat. Und wer etwas zu essen hat, soll es mit dem teilen, der nichts hat.“ Lk.3,11. Praktizierte Nächstenliebe! Die Zöllner, die sich gewohnt waren den Leute zu hohe Zölle zu verrechnen und sich damit unrechtmässig bereicherten, wollten wissen, was das für sie bedeutet, wenn sie ihre Gesinnung ändern. Johannes antwortete kurz und unmissverständlich: „Verlangt nicht mehr von den Leuten, als festgesetzt ist.“ Lk.3,13. Natürlich wollten die Soldaten wissen, was sie tun sollten. Wie können sie dieses Umdenken in ihrem Beruf praktisch anwenden? Johannes sagte: „Beraubt und erpresst niemand, sondern gebt euch mit eurem Sold zufrieden!“ Lk.3,14. Heute hätte er vielleicht noch hinzugefügt, sie sollen keine Frauen vergewaltigen und keine Kinder töten, wie das heute in vielen Kriegen selbstverständlich scheint. Das Interessante an dem, was Johannes sagte, ist, dass er die Menschen nicht dazu aufforderte, seinen Lebensstil zu übernehmen. Sie sollen nicht Johannes nachfolgen und in der Wüste weiterleben. Soldaten und Zöllner sollen ihren Job nicht aufgeben. Sie sollen lediglich ihren Beruf mit der neuen Gesinnung ausüben. Sie sollen ehrlich und aufrichtig sein. Sie sollen Menschen nicht betrügen, missbrauchen und quälen. Gott reisst die Menschen nicht aus ihrem Lebensumfeld, wenn sie zu ihm kommen. Nicht ihre Lebensumstände ändern sich, sondern ihr Verhalten in den gegebenen Verhältnissen. Auch ihr Verhalten gegenüber Gott verändert sich. Paulus sagte einmal: „Jeder soll die Lebensumstände akzeptieren, in denen er sich befand, als er zum Glauben gerufen wurde.“ 1.Kor.7,20. Wer zum Glauben an Jesus kommt, wird nicht aufgefordert, seine Familie, seinen Ehepartner, seinen Verein, seinen Beruf oder was auch immer zu verlassen. Christen können und sollen in ihren Lebensumständen bleiben. Manchmal wäre es sogar einfacher, man könnte einfach davonlaufen. Aber Gott will das nicht. Wenn es uns möglich ist Lebensumstände zu verbessern, dann dürfen wir das tun. Aber wir dürfen uns unserer Verantwortung nicht entziehen. Sekten reissen die Menschen aus ihren Lebensumständen heraus, um sie hörig und von sich abhängig zu machen. Christen übernehmen die Verantwortung für ihr Leben. Die Veränderung wird nicht sichtbar, weil sie überall davon laufen, sondern weil sie sich anders verhalten.
Er spricht über den kommenden Messias
Natürlich war es ein Dauerthema bei den Leuten, ob Johannes der Messias sei. Damit hatten wir uns am letzten Sonntag beschäftigt. Johannes musste vermutlich oft wiederholen, dass er nicht der Messias sei: „Ich taufe euch mit Wasser. Aber es kommt einer, der stärker ist als ich; ich bin es nicht einmal wert, ihm die Riemen seiner Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ Lk.3,16. Und dann sagte er über Jesus nochmals etwas sehr interessantes: „Er hat die Worfschaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Den Weizen wird er in die Scheune bringen, die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.“ Lk.3,17. Jesus wird nicht nur als Heilsbringer auftreten. Jesus ist auch Richter und er wird den Weizen von der Spreu trennen. Die Spreu wird in ein nie erlöschendes Feuer geworfen werden. Das ist ein Bild für die Hölle. Dorthin werden die Menschen kommen, die sich dem Messias widersetzen werden. Bei Jesus geht es also nicht um ein besseres religiöses Leben. Bei Jesus geht es um unsere Zukunft. Die Beziehung zu Jesus entscheidet darüber, wo ich meine Zukunft verbringen werde. Jesus sagte das mal so: „Die, die getan haben, was gut ist, werden zu neuem Leben auferweckt werden; die aber, die getan haben, was böse ist, werden zu ihrer Verurteilung auferweckt werden.“ Joh 5,29
Schlussgedanke
Ich weiss nicht, ob wir Johannes gerne zugehört hätten, oder ob uns das nicht etwas zu hart gewesen wäre. So kann man doch mit erwachsenen Leuten nicht sprechen! Vielleicht hätten wir ihm vorgeworfen, dass er uns einfach Angst einjagen möchte. Doch das wollte er bestimmt nicht – nicht nur! Er wollte die Menschen aufrütteln und sie aus ihrer falschen Sicherheit herausholen. Er wusste, wenn sie sich mit dieser falschen Sicherheit zufrieden gaben, dann würden sie ein böses Erwachen erleben. Deshalb verkündigte Johannes nicht nur die Gnade Gottes, sondern er sprach auch über das Gericht. „Mit diesen und noch vielen anderen ernsten Worten verkündete Johannes dem Volk die frohe Botschaft Gottes.“ Lk.3,18. Johannes scheute sich auch nicht davor Herodes Antipas zurecht zu weisen. Er hielt ihm vor, dass er seinem Bruder die Frau weggenommen hatte. Auch weitere Vergehen hielt er ihm vor. Deshalb liess ihn Herodes gefangen nehmen. „So fügte Herodes allem begangenen Unrecht auch noch das hinzu, dass er Johannes ins Gefängnis werfen liess.“ Lk.3,20. Johannes war ein demütiger Mann. Er war bereit die Wahrheit zu sagen, selbst wenn sein Ansehen dadurch geringer wurde. Selbst dann, wenn er dafür ins Gefängnis musste. Auch Paulus lebte mit dieser Haltung. Den Galatern schrieb er: „Bin ich, wenn ich so rede, auf die Zustimmung der Menschen aus oder auf die Zustimmung Gottes? Geht es mir wirklich darum, Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, wäre ich nicht ein Diener Christi!“ Gal.1,10. Johannes und Paulus sind grosse Vorbilder für uns. Die Frage, die sich uns stellt ist: „Will ich Menschen oder Gott gefallen?“