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Ich glaube allem, was im Gesetz und in den Propheten geschrieben steht

10.03.2014Johannes 6,40-69

Theo Lehmann – Ich glaube allem, was im Gesetz und in den Propheten geschrieben steht

Abschrift der Predigt, gehalten am SBI-Tag am 04. Oktober 2014 in Chemnitz in der Lutherkirche.

Jesus polarisiert

Liebe Freunde, Jesus hat den Leuten nie Honig ums Maul geschmiert. Er hat sie nie harmonisiert, sondern Er hat sie provoziert und dadurch polarisiert.

Wenn Jesus gepredigt hat, dann haben sich immer zwei Gruppen gebildet. Die einen wollten ihn zum König machen und die andern wollten ihn zur Schnecke machen. Die einen hoben die Arme vor Begeisterung und die anderen haben sich nach Steinen gebückt um ihn zu steinigen. Es hat ja mal eine Zeit gegeben in seinem Leben, da war Er bei den Leuten beliebt. Das war, als Er einmal 5000 Leuten zu essen gegeben hat. Da waren sie natürlich alle von Ihm begeistert. Da war Er der Held des Tages. Da wollten sie ihn zum König machen. Dann merkten sie aber: Er verlangt von uns auch etwas. Er gibt uns nicht nur etwas, sondern Er will auch etwas von uns. Nämlich, dass wir an ihn glauben.

Im Johannes Evangelium in Kapitel 6 wird das beschrieben. Im Vers 40 heißt es dort: mein Vater will, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben hat. Und ich werde ihn aufwecken am jüngsten Tage. Nach diesem Satz beginnt der Protest. Da heißt es, es entrüsteten sich die Zuhörer über ihn und sagten, ist das nicht Jesus, der Sohn des Josefs? Seine Eltern kennen wir doch!

Solange Er Ihnen kostenlos Brot zu essen gab und sie sich bei Ihm kostenlos durch schlauchen konnten, da war es ihnen völlig egal, aus welcher Familie Er stammte. Aber jetzt, als Er Glauben verlangt, da heißt es plötzlich: Na, den kennen wir doch! Das ist doch der Sohn vom Zimmermann Josef, in dessen Werkstatt hat Er doch immer für unsere Meerschweinchen das Futter geholt. Und seine Frau, die Marie, das ist doch diejenige, die bei Aldi immer wieder einmal aushilft! Und mit seinen Schwestern sind wir doch in der Tanzstunde gewesen. Und mit Ihm haben wir doch, als Er noch ein junger Mann war, auf dem Dorfplatz Fußball gespielt. Wie kommt der dazu, jetzt zu behaupten, Er käme jetzt vom Himmel und wir sollten an den Glauben?

Jesus bleibt bei seiner Botschaft

Ihr seht, es ist schon immer schwierig gewesen, an Jesus zu glauben. Das war damals nicht anders als heute. Heute, im Zeitalter des Wassermanns, wo alles verwässert wird, da steht Jesus wie so ein Pfeiler im Strom der Zeit, an dem sich die Fluten teilen. Und Gift und Geifer der empörten Widerstände empor spritzt.

Was gewünscht wird, das ist so ein Brötchengeber, ein Semmel-Jesus - aber kein sterbender, der sich selbst verleugnet und Selbstverleugnung verlangt. Als die Massen das merkten, Er gibt uns nicht nur Brot, sondern Er will, dass wir an ihn glauben, da heißt es in Vers sechzig : viele seiner Jünger, die das hörten, sagten, was der redet, geht zu weit. Also so etwas kann man doch nicht mit anhören.

Und jetzt ist einmal interessant, wie Jesus auf diesen Protest reagiert hat. Er hätte ja sagen können: oh, das tut mir aber jetzt leid, ich wollte keinem von euch zu nahe treten. Natürlich braucht ihr das alles nicht so für bare Münze zu nehmen, was ich so sage. Und wenn ihr von Opfer und von Leiden und Gericht und so etwas nicht hören wollt, dann werde ich halt in Zukunft etwas sanfter predigen.

Die Kirche verhökert die Botschaft Jesu

So macht es ja die Kirche bei uns an vielen Punkten. Aus lauter Angst, jemand zu nahe treten, tritt sie leiser. Aus lauter Angst, jemanden zu verlieren, verliert sie kein Wort mehr möglichst über Themen wie Sünde und Hölle und Gericht und Verdammnis und so weiter. Aus lauter Angst, jemanden vor den Kopf zu stoßen, da entfernt sie alles Anstößige aus ihrer Botschaft und verhökert ihre Dienste zu herabgesetzten Preisen.

Neuerdings wird sogar das, was die Bibel als Gräuel vor Gott bezeichnet, als Teil seiner guten Schöpfung verkauft. Der Ausverkauf der Kirche ist in vollem Gange.

Jesus jedenfalls hat sich niemals so billig verkauft. Und Er ist auch nie nur einen Millimeter von dem Satz abgewichen, den Er hier in Vers 47 sagt: wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben.

Und als die anrücken und sagen, also das geht zu weit, das kann man ja nicht mehr anhören, was du hier erzählst, dann sagt Er nicht, na gut, dann korrigiere ich mich eben. Ich sage nicht mehr: wer an mich glaubt, sondern: wer ein bisschen an mich glaubt, oder: wer gar nicht an mich glaubt, aber wer von sich glaubt, ein guter Mensch zu sein, der hat auch das ewige Leben.

Nein, das sagt Jesus nicht! Im Gegenteil, da steht ja: als Jesus merkte, dass sie sich entrüsteten, da sagt Er zu ihnen: was, das ärgert euch wohl? Statt sie zu besänftigen, gießt Er noch Öl ins Feuer. Er predigt absichtlich immer schärfer, weil Er weiß, nur eine kompromisslose Verkündigung führt auch zu einer radikalen Bekehrung und Umkehr. Er will ja nicht irgendwelche Verehrer züchten, sondern Er will Menschen als Nachfolger haben. Die ohne Rücksicht auf Verluste auf andere Menschen und andere Mächte Ihm allein gehorchen, egal was andere Leute darüber denken, und auch wenn es schwer wird und wenn die Nachfolge Nachteile bringt.

Als das die Massen kapierten, da standen sie auf einmal nicht mehr auf Jesus. Als das Kreuz die ersten Schatten voraus warf, da warfen die meisten schon das Handtuch. Da begann die große Abwanderung. Vers 66: von da an wandten sich viele seiner Jünger von Ihm ab und gingen nicht mehr mit ihm.

Jesus ist nicht wie ein Parteichef - Er ist die Wahrheit!

Wenn einem Parteichef die Gefolgschaft verweigert wird, dann wird er irgendwie versuchen, sie zu behalten, den Kurs ändern, kürzertreten, Kompromisse machen. Diesen Versuch hat Jesus nie gemacht. Er ist ja kein Parteichef, der um die Gunst seiner Genossen feilschen muss. Sondern Er ist der Sohn Gottes. Er ist die Wahrheit in Person! Er hat ja nicht gesagt, wie heute so viele Theologen sagen würden: „ich weiß um die Wahrheit“. Oder etwa: „ich habe die Wahrheit“, sondern Er hat gesagt: ich bin die Wahrheit! Und die Wahrheit ist nicht heute so und morgen so sondern sie ist heute so und morgen so und sie ist immer und in alle Ewigkeit die gleiche! Und wenn Jesus einmal gesagt hat, ich will euch ganz, mit Leib und Seele, da kann man nicht auf einmal sagen: na gut, ich bin ja schon zufrieden wenn ihr einmal so ein bisschen fromm seid und immer mal mich besucht und mal so ein kleiner Seitensprung, so eine kleine Notlüge, da bin ich nicht so kleinlich, und meine Worte braucht ihr auch nicht so genau zu nehmen – also so hat Jesus nie gesülzt.

Er hat oft scharfe Worte gesagt, hat aber nie eines seiner scharfen Worte zurück genommen. Und Er hat nicht eine einzige seiner radikalen Forderungen zurück genommen. Lieber hat Er die Massen abwandern lassen, die zurückschraken vor seinen Forderungen. Und wenn einer so radikal ist, da ist es natürlich kein Wunder, wenn Er eines Tages plötzlich alleine dasteht. Das ist Jesus passiert. Plötzlich stand Er mit seinen zwölf Jüngern, und da hat Er nicht gebettelt: meine Freunde, bleibt doch wenigstens ihr noch bei mir. Nein, in dem Augenblick, wo die alle abgehauen sind, da hat Er sich zu seinen Jüngern umgedreht, die im nachfolgten und hatte ihnen ins Gesicht gesehen und gesagt: und ihr? Was habt ihr vor? Wollt ihr auch weggehen? Er hat es den Zwölfen freigestellt, ihn zu verlassen. Er stellt es auch uns frei.

Das Bekenntnis des Petrus

Jesus ist wirklich ein König, Er ist ein Herr. Er rennt uns doch nicht nach wie ein Bettler. Ob wir vielleicht so lieb sein wollen, Ihm ein bisschen zu folgen. Wer nicht an Jesus glauben will, kann sein Leben selbst gestalten, da wird ihm Jesus keine Vorschriften mehr machen.

Es kann jeder gehen, der nicht will. Und ihr, fragt Er zu seinen eigenen Jüngern, zu den Zwölfen, wollt ihr auch weggehen? An diesem Tiefpunkt seiner Biografie, da gibt Petrus eine Antwort, und da geht die Sonne auf. Petrus sagt: Herr, wohin sollen wir denn gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Und wir haben erkannt und geglaubt, dass du der Heilige Gottes bist.

Das ist eigenartig. Die Jünger, die von Ihm weg gehen, begründen das mit den Worten: das ist unerträglich. Was der sagt, das kann man nicht hören. Und diejenigen Jünger, die bei Jesus bleiben, die begründen das mit dem Argument: du hast Worte des ewigen Lebens.

So verschieden wird das gleiche Wort gehört. Je nachdem, ob einer zum Gehorsam bereit ist oder nicht. Denn nur wer Jesus gehorcht, der erfährt, ob Jesus die Wahrheit sagt. Und deswegen sagt Er damals auch zu seinen Jüngern, und zu uns heute auch, wenn ihr nicht wollt, wollt ihr auch weg gehen? Die zwölf Jünger wollen nicht und sie können auch nicht.

Wer einmal erkannt hat, dass Jesus der Sohn Gottes ist, der kommt nicht wieder von Ihm los. Petrus erkennt ganz klar: ein Leben ohne Jesus, das wäre ja total sinnlos. Herr, wohin sollen wir dich denn ohne dich gehen?

Das Bekenntnis des Paulus und die „Bekenntnisse“ heutiger Kirchenführer

Und jetzt ist die Frage für uns ob wir diesen Worten, die das Neue Testament überliefert genau so glauben können und genauso das sagen können, was der Apostel Paulus von den Worten des Alten Testamentes gesagt hat. In der Apostelgeschichte 24 wird beschrieben, wie er bei Felix zum Verhör ist und ausgefragt wird und in der Rede, die er da hält, da fällt der Satz in Vers 14: ich bekenne, dass ich alles glaube, was geschrieben steht in dem Gesetz und in den Propheten.

Und diesen Satz, den können heute viele nicht mehr nachsprechen. Es glauben keineswegs alle alles, was in der Bibel steht. Selbst unser Landesbischof hat hier in einer überfüllten Kirche in unserer Stadt laut gerufen: es steht auch Falsches in der Bibel! Als nachgefragt wurde, was er damit meint, hat er sich auf 3. Mose berufen, wo der Hase als Wiederkäuer bezeichnet wird. Das ist nach der Meinung des Bischofs falsch gewesen. Aber wenn er Brehms Tierleben gelesen hätte und nicht nur die ersten drei Bände gelesen hätte sondern bis zum band zwölf sich durchgeackert hätte, da hätte er auf Seite 421 lesen können, dass schon im Jahre 1882 die Biologie festgestellt hat, dass der Hase ein Wiederkäuer ist. Die Bibel ist fehlerfrei - auch in diesen Dingen.

Nun gut. Solange unsere bibelkritischen Brüder - also ich bin für den Bischof kein Bruder mehr, mich redet er nicht mehr als Bruder an, oder mit meiner Amtsbezeichnung als Pfarrer oder mit meinem Titel. Ich bin für den schlicht Herr Lehmann - solange unsere bibelkritischen Brüder ihre Argumente aus der Mottenkiste der freidenkerischen Gottlosen aus dem 19. Jahrhundert ziehen können, dürfen wir das gar nicht weiter ausdehnen. Dann müssen wir unsere Bleistifte nehmen und auf unsere Gebetsfürbittenliste die Namen dieser Brüder schreiben.

Aber so ist das eben: vom Konfirmanden bis zum Bischof, vom Pfarrer bis zum Professor vom Kirchenvorstand bis zum Weltkirchenrat – irgendwann hat irgendwo irgendjemand Bedenken gegen irgendwas, was in der Bibel steht. Weil es seiner Erfahrung oder seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder seiner Vernunft oder was weiß ich widerspricht.

Ich glaube allem, was in der Bibel steht - Das Bekenntnis Karl Barths

Paulus war einer der größten Geister der Menschheit, dem das ganze Heer der modernen Meckerer und Meckerinnen das Wasser nicht reichen kann. Und dieser Geistesriese war sich nicht zu schade, vor diesem Felix und vor seinen weltlichen und geistlichen Richtern den gerade zu kindlichen Satz zu sagen: ich glaube allem, was in der Bibel steht.

Da ist mir gleich Karl Barth eingefallen, obwohl ich kein Barthianer bin. Als dieser seine Abschiedsvorlesung in Chicago gehalten hat, da waren alle gespannt. Was ist die Quintessenz im Leben dieses großen Theologen. Da hat Karl Barth mit einem Vers aus der Christenlehre geantwortet, aus der Sonntagsschule. Er hat gesagt: meine Theologie kann zusammen gefasst werden in dem Vers: Jesus loves me, that I know, for my bible tells me so.

Das heißt: Jesus liebt mich ganz gewiss, meine Bibel sagt mir dies.

Das ist genau in diesem kindlich naiven Geist ausgesprochen von zwei großen Männern ausgesprochen, die am Ende ihrer Tätigkeit gesagt haben: ich glaube allem, was in der Bibel steht. Und zu diesem Satz möchte ich mich auch bekennen. Und ich weigere mich, mich an dem modernen Schwindel zu beteiligen, der eine Aussage nach der anderen aus der Bibel streicht, von der Jungfrauengeburt bis zur Auferstehung. Gerade auf die Auferstehung hat Paulus den allergrößten Wert gelegt. Nachdem er sich zur Autorität der Bibel bekannt hat, hat er gleich im nächsten Satz Vers bekannt: ich habe die Hoffnung, dass es eine Auferstehung geben wird, der Gerechten und der Ungerechten. Das ist seine Botschaft. Das ist das, was die Juden nicht hören wollten. Und das ist der wahre Grund für seine Verhaftung. Bis dahin kam das Wort Auferstehung in der Anklageschrift überhaupt nicht vor. Aber Paulus behauptet in seinem Schlusswort: in der Verteidigungsrede, dass genau das der springende Punkt ist. Um der Auferstehung der Toten wählen werde ich von euch heute angeklagt.

Felix und die beunruhigende Botschaft von der Auferstehung

Damit ist die Verhandlung zu Ende, Felix verschiebt den Prozess, Paulus wird wieder in die Zelle abgeschoben. Und nun steht in Vers 22: Felix wusste sehr genau über diese Lehre Bescheid. Er hatte also nicht zum ersten Mal etwas von der Auferstehung gehört. Aber er war vielleicht zum ersten Mal einem Menschen begegnet, der voll an die Auferstehung glaubte.

Jeden Abend, wenn Felix vor seinem Kaminfeuer saß und an seinen Salzstangen knabberte, da knaupelte er an einer schwierigen Frage: wenn das wahr ist, was dieser Häftling Paulus erzählt, was mach ich dann? Denn das ist ihm klar: wenn das mit der Auferstehung stimmt, dann stimmt ja mein ganzes Leben nicht mehr. Dann kann ich nicht mehr so leben wie bisher, dann muss ich ja alles ändern. Nach ein paar Tagen hält er es nicht mehr aus. Er muss mehr wissen über den Glauben an Jesus. Und da lässt er sich den Paulus noch einmal kommen. Anwesend bei dem Treffen ist noch seine Lebensabschnittsgefährtin, seine derzeitige Begleiterin, die Frau Drusilla. Die beiden, Felix und Drusilla, waren ein ganz besonderes Pärchen.

Felix - der Glückliche?

Felix heißt auf Deutsch der Glückliche. Ob er glücklich war, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er Schwein gehabt hat. Von Geburt her war er nämlich ein Sklave. Er wurde dann später freigelassen und stieg als Günstling des Kaisers immer höher. Aber Felix war ein skrupelloser Mensch. Ein Emporkömmling. Geizig, ungerecht, unbeliebt. Der seine Regierungszeit dazu benutzte, sich selber zu bereichern. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus hat über ihn geschrieben: die Macht eines Königs hat er mit der Gesinnung eines Sklaven ausgelebt. Übrigens fiel er später in Ungnade und starb in der Verbannung. Aber hier ist er noch dicke da, mit seiner dritten Frau, die gar nicht seine Ehefrau war. Drusilla war von Geburt an eine Prinzessin, Tochter des Königs Agrippa. Sie war schon als Kind mit dem Prinzen verlobt. Die Ehe kam aber nicht zu Stande. Als Felix sich in Drusilla verknallte, da war sie gerade mit dem König Azizus von Odessa verheiratet. Durch einen Magier ließ er sie dazu überreden, ihren Mann zu verlassen und zu ihm zu ziehen. Die beiden waren alle einmal verheiratet, hatten sich von ihren Ehepartnern getrennt, und sich dann wieder zusammen geschmissen. Wie gesagt, ein sauberes Pärchen.

Felix und Drusilla bestellen einen Vortrag und bekommen eine Bußpredigt

Die beiden lassen sich jetzt den Paulus kommen, und wollen ihn hören über den Glauben an Jesus Christus. Und austilgbar fest sitzen die Frage nach Gott und die Sehnsucht nach Frieden mit Gott auch im Herzen eines brutalen Machthabers und im Herzen einer ausgekochten Ehebrecherin. Da sitzen sie nun da, der Herr glücklich und die Frau Drusilla, Geschminkt, gepudert und gelüftet, aber nieder gedrückt vom schlechten Gewissen. Behängt mit Gold und Diamanten aber beladen mit Schuld. Ausgestattet mit Vollmacht über Leben und Tod, aber angekettet über von der Macht der Sünde. Vollgestopft mit Leckerbissen, aber einem leeren, unbefriedigten Herzen.

Und da wird der Häftling Paulus herein geführt, und man sagt ihm, er soll über den Glauben an Jesus sprechen. Jeder andere hätte in dieser Situation gesagt: „das ist die von Gott gegebene Chance, dass ich jetzt vielleicht freikomme. Dieser Mann hat meine Zukunft in der Hand und wenn ich den für mich gewinne, dann lässt er mich vielleicht laufen. Also heute schön diplomatisch leisetreten damit ich morgen wieder das Evangelium frei verkündigen kann. Meine Ankläger sind gar nicht hier, sondern nur dieses Weibsbild mit der Wespentaille, die darf ich auf keinen Fall verschnupfen, sonst ist gleich Essig. Wenn ich der eine Nettigkeit sage, dann legt die vielleicht ein gutes Wort für mich ein bei Felix. Auf alle Fälle hat ja Gott an ihren Herzen schon gearbeitet. Die wollen von Jesus hören, die dürfen also auf keinen Fall abgestoßen werden. Da darf ich die jetzt nicht hart anpredigen. Da muss ich jetzt alle anstößigen Themen vermeiden. Am besten, ich predige über die Nächstenliebe und dann vielleicht noch so ein paar Bemerkungen zum sozialen Handeln der Kirche. Das hören die von der Regierung immer gerne.“

Paulus‘ unbequeme Predigt – damals und heute

So ungefähr hätte jeder andere gedacht. Und was hat mein Paule gemacht? Der predigt von der Gerechtigkeit, von der Enthaltsamkeit und vom jüngsten Gericht. Ausgerechnet! In mehr Fettnäpfchen konnte man ja gar nicht treten. Bei dieser Themenwahl ist jede Chance, dass er diese Hörer für sich gewinnen könnte, vorbei. Aber Paulus will die ja nicht für sich gewinnen, sondern er will sie für Jesus gewinnen. Der will nicht seine Haut retten, sondern er will dass diese Menschen gerettet werden. Selbstverständlich weiß er ganz genau, was das für Typen sind. Aber der lässt sich weder durch ihr großkotziges Auftreten noch durch ihr großartiges Aussehen irgendwie beeindrucken. Der riecht förmlich durch die Wolke Chanel No. 5, die die umgibt, dass das nach Sünde stinkt. Das sind zwei sündige Menschen, die sich parfümiert haben, aber die in Ewigkeit verloren gehen, wenn sie Jesus nicht annehmen.

Die wollen vom Glauben hören? Gut. Dann sollen sie auch vom Glauben hören. Aber dann müssen sie auch hören, dass sie sich ändern müssen. Paulus hält keine Evangelisationspredigt, wie sie heute üblich ist: „Du bist wertvoll. Du bist wertvoll. Du bist wertvoll. Jesus liebt dich wie du bist. Du kannst zu Jesus kommen, wie du bist. Du bist wertvoll…“ Da muss doch noch mal dazu gesagt werden, nicht nur, „du kannst zu Jesus kommen wie du bist“, sondern „du kannst nicht so bleiben wie du bist“. Das ist doch das eigentliche Thema der Bibel. Du sollst verändert werden. Es soll ja eine neue Schöpfung passieren. Der hat nicht vorher sich ein lateinisches Konzept gemacht. Der hat gleich Deutsch gesprochen. Und er spricht als erstes von der Gerechtigkeit. Das ist ja ein Reizwort bis heute.

Die Bibel erwähnt gar nicht, was er im Einzelnen gesagt hat, obwohl ich das gerne wüsste. Aber es steht nicht da. Sie erwähnt nur die Reaktion des Felix, und zwar, dass er einen großen Schreck bekommen hat. Das kam ja schließlich nicht alle Tage vor, dass diesem Staatsbeamten, der sich auf Kosten seiner Bevölkerung einen Fetten machte, ein Untersuchungshäftling eine Predigt über Gerechtigkeit hält. Der Felix weiß vor Schreck gar nicht, wo er hinschauen soll und was er sagen soll, und ehe ihm etwas einfällt, kommt Madame Drusilla an die Reihe. Paulus behandelt einen neuen Punkt: Enthaltsamkeit. Und das vor den Ohren einer Ehebrecherin.

Stellt euch einmal vor, irgendeiner unserer Bischöfe wäre mal vom Bundeskanzler Schröder eingeladen worden, um vor ihm und seiner Doris über Enthaltsamkeit zu reden, über Ehebruch und Ehescheidung. Was denkt ihr hätte der denen erzählt? Gar nichts wahrscheinlich. Ich sehne mich nach Christen, nach Pfarrern, nach Bischöfen, die unerschrocken und kompromisslos zur biblischen Wahrheit stehen, und die zum Beispiel den gottlosen Genderwahnsinn genauso beim Namen nennen wie den tausendfachen Mord an ungeborenen Kindern, und die bereit sind, mit den höchsten Vertretern unseres Staates nicht nur bei Empfängen Sekt zu schlürfen, sondern denen reinen Wein einzuschenken.

Für Madame Doris – nein, Verzeihung, für Madame Drusilla war das wahrscheinlich starker Tobak, aber eigentlich nichts Neues. Die war Jüdin. Die kannte die Zehn Gebote, auch das sechste. Neu war der nur, dass es Menschen wie diesen Paulus gab, die die Gebote ernst nahmen. Und die Drusilla besitzt nicht die Frechheit, den Paulus als verkalkt abzuqualifizieren, als ob er nicht auf der Höhe der Zeit wäre, weil er die Gebote der Bibel ernster nimmt als die Zoten der Bravo und das Geschreibsel von Pfarrer Fliege. Die hält die Klappe und schlägt die Augen nieder, weil sie sich von dem Anspruch Gottes auf ein reines Geschlechtsleben getroffen fühlt.

Aber Paulus ist noch nicht fertig. Jetzt kommt er zum dritten Punkt seiner Rede, zum zukünftigen Gericht. Es wagen sich ja viele Pfarrer nicht einmal mehr, vor der eigenen Gemeinde darüber zu reden. Bonhoeffer hat gesagt, die Frage des Gerichts ist die wichtigste Frage des Lebens. Luther hat das auch gemeint. Der hat es nur anders formuliert. Er hat gesagt: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Das heißt, wie bekomme ich denn mein sündiges Leben so hin, dass ich mal vor Gott bestehen kann, vor dem Reinen, Heiligen. Es kommt doch das letzte Gericht für jeden, auch für jeden Regierenden. Auch alle, die auf irgendwelchen hohen Posten sitzen, müssen sich am Schluss vor Gott verantworten.

Felix‘ Verschiebetaktik und ihre Folgen

Als Felix diese Gerichtsbotschaft hört, da erschrickt er noch einmal. Ihn hat das Wort Gottes getroffen. Und er hat genau begriffen, es ist Zeit, ich müsste mich eigentlich entscheiden. Ich müsste eine Glaubensentscheidung treffen. Aber dann schiebt er alles von sich weg. „Für dieses Mal“, sagt er zu Paulus, „bist du entlassen. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann will ich dich mal wieder rufen lassen.“

Und was ist, wenn sich diese Gelegenheit nicht mehr ergibt? Wenn es einmal zu spät ist? Felix liebt das Verschieben. Das Verschieben des Prozesses von Paulus, auch im Prozess seines Lebens im Verhältnis zu Gott. Verschiebetaktik – das war das Unglück des Herrn Glücklich. Der sagt kein klares Nein. Der sagt kein klares Ja. Der lässt alles in der Schwebe. Und so gehen Menschen verloren. Und ich befürchte, dass auch diese Menschen verloren gehen, die sagen, ich glaube zwar an die Bibel, aber ich glaube nicht alles. Da halte ich es mit Luther, der gesagt hat: „Die Schrift ist Gottes Wort, nicht Menschenwort, welches lügt. Kein Jota ist umsonst. Darum heißt es rund und rein alles ganz geglaubt oder gar nichts geglaubt.“

Wenn wir als Leute der Bekenntnisinitiative an den Käßmann-Spielen 2017 teilnehmen wollen, dann hat das nur Sinn, wenn wir konsequent bei dem „Sola scriptura – die Schrift allein“ bleiben und mit Paulus sagen können: „Ich glaube allem, was geschrieben steht!“ Amen.