Einleitung: Sorge um die Gemeinschaft im Gottesdienst
Der Gottesdienst bringt mir nichts – fünf Anmerkungen zur Theologie, die dich im Glauben wachsen lassen. Nachfolge praktisch: Dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Präsenz und Echtsein. Der Gottesdienst bringt mir nichts – um dieses Thema dreht sich der Podcast diese Woche. Es ist mir ein Herzensanliegen, weil ich mir Sorgen um viele Geschwister und Freunde mache, die sich im Gottesdienst rar machen.
Die Idee, dass es eine Gemeinschaft von Gläubigen gibt, in die mich der Heilige Geist hineingestellt hat, um dort Gemeinschaft zu leben, hat kaum noch eine Chance gegen den Zeitgeist. Ein Zeitgeist, der Menschen vereinzelt, um ihnen dann einzureden, dass sie nur allein ihren Weg gehen können und dass es auf diesen ganz persönlichen Weg ankommt, bei dem mir möglichst wenig Menschen reinreden dürfen.
Ihr merkt schon, ich bin da sehr skeptisch. Ich werde skeptisch, wenn ich höre, dass aus Ehepartnern Lebensabschnittsgefährten werden. Ebenso werde ich skeptisch, wenn persönliche Spiritualität gegen einen verbindlichen Gottesdienstbesuch und natürlich auch gegen eine verbindliche Gemeindezugehörigkeit ausgespielt wird.
Ich bin deshalb skeptisch, weil ich in der Bibel davon lese, dass der Heilige Geist uns in eine Gemeinschaft von Menschen hineintaufen will. In 1. Korinther 12,13 heißt es: „Denn in oder durch einen Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden.“
Die Bedeutung der Gemeinschaft als Leib Christi
Und dieser Leib, um den es Paulus hier in 1. Korinther 12 geht, ist eben nicht der Leib Christi als weltweite Christenheit. Vielmehr ist es die konkrete Erfahrung von Leib Christi.
Das geschieht im Rahmen einer Gemeinde vor Ort, in die ich mich mit meinen Gaben einbringe. Dort leide ich mit, freue mich mit und sorge dafür, dass ich keine Spaltung verursache.
Wenn der Heilige Geist uns zu einem Leib tauft, dann denke ich, er weiß, was er tut und warum er das tut.
Aber kommen wir zurück zu unserem Thema: Der Gottesdienst bringt mir nichts.
Präsenz und Echtsein im Gottesdienst
Anmerkung Nummer drei: Bist du denn wirklich da und bringst du dich ein?
Am Montag hatten wir das vorbereitende Gebet. Gestern ging es um die Frage, was du zum Gottesdienst mitbringst. Heute möchte ich einen Blick darauf werfen, wie sehr wir im Gottesdienst und danach überhaupt präsent sind. Also, wie sehr sind wir da und ehrlich – mit Präsenz und Echtsein?
Fangen wir mit dem Echtsein an. Wen erlebe ich, wenn ich dir am Sonntag begegne? Was an dir ist echt? Ich frage das, weil Gemeinschaft nur möglich ist, wenn wir uns öffnen. Die fromme Show macht echte Gemeinschaft unmöglich.
Wahrscheinlich ist es falsch und nicht normal, wenn wir jedem in der Gemeinde unser ganzes Herz ausschütten. Aber es wäre genauso merkwürdig, wenn wir auf die Frage „Wie geht es dir?“ immer nur mit „Gut“ antworten.
Wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, antworte ich meist in etwa so: „Lieb, dass du fragst. Also das lässt sich nicht mit einem Wort sagen, aber...“ Dann gehe ich die wesentlichen Bereiche meines Lebens durch – Gesundheit, meine Beziehung zum Herrn Jesus, Ehe, Familie und Arbeit – und beschreibe kurz, wie es mir in diesen Bereichen geht.
Es geht nicht darum, dass ich eine Predigt halte. Aber wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, dann hat er als geistlicher Mensch, den der Heilige Geist an meine Seite gestellt hat, ein Recht auf eine vernünftige Antwort. Er hat das Recht, dass ich ihn mit meinen guten Erfahrungen ermutige. Und ich habe das Recht, dass er für meine Herausforderungen betet.
Das geht nur, wenn ich mich öffne.
Deshalb wird mir der Gottesdienst nur dann etwas bringen, wenn ich dazu bereit bin. Dort treffen sich erlöste Sünder, die gemeinsam auf dem Weg Richtung Ewigkeit sind. Da braucht niemand dem anderen etwas vorzumachen.
Die Herausforderung der echten Gemeinschaft in der heutigen Zeit
Bist du wirklich da und bringst dich ein? Das ist die Frage, die ich dir heute stellen möchte. Ich stelle sie, weil wir in einer Zeit leben, die sich tendenziell nicht auf ein echtes Miteinander einlassen will.
Wenn überhaupt, sieht jeder nur meine Instagram-Seite: Ich lächle, stehe schön über den Dingen und präsentiere mein retuschiertes Leben. Solange der Gottesdienst ein verlängerter Arm des Zeitgeistes ist, kann er mir nichts bringen.
Aber er wird mir viel bringen, wenn ich mich auf echte Gemeinschaft einlasse – in meiner Gebrochenheit, mit meinen Fragen, meinen Fehlern und meinem Versagen.
Dafür ist es einerseits nötig, dass ich nicht die Kuhle vorspiele oder den, dem immer alles gelingt. Andererseits ist es wichtig, dass ich wirklich da bin und Präsenz zeige.
Praktische Tipps für Präsenz und Mitwirkung im Gottesdienst
Und das beginnt wahrscheinlich damit, dass ich mein Handy in den Flugmodus stelle, still werde und mir die Zeit nehme, die ich brauche, um anzukommen.
Wahrscheinlich ist es keine gute Idee, zwei Minuten nach Gottesdienstbeginn noch in den Saal hineinzuhuschen, in Gedanken noch bei der Textnachricht zu sein, die ich im Auto geschrieben habe, und dann von einem Moment auf den anderen auf „heilig“ umzuschalten. Lass mich dir einen Tipp geben: Komm rechtzeitig, lass deinen Alltag hinter dir und sei wirklich mit allen Sinnen da, wenn der Gottesdienst anfängt.
Tu nicht so, als wäre der Gottesdienst nur ein weiteres Event in der Woche, etwas, das man hinter sich bringt, während man zeitgleich an drei andere Projekte denkt. Da sein heißt, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten – und Kinder sind da eine enorme Einschränkung – dem Gottesdienst meine ungeteilte Aufmerksamkeit widme. Ich bin da und ich mache mit.
Was heißt mitmachen? Na ja, das hängt ein wenig von den Möglichkeiten ab, die mir der Gottesdienst bietet, oder? Ich würde denken, dass ich bewusst mitsinge. Und damit meine ich, dass ich beim Singen von Liedern, die ich auswendig kenne, nicht einfach an etwas anderes denke, sondern eben bewusst singe.
Wenn es eine freie Gebetsgemeinschaft gibt, an der ich mich beteiligen kann, dann bete ich. Vielleicht nur kurz, aber ich bete meinen Gott an – es ist mein Gottesdienst. Wenn Geschwister ein Zeugnis geben, dann höre ich zu. Ich will mich bewusst mitfreuen und mitleiden.
Werden Gebetsanliegen genannt, schreibe ich sie mir auf. Und während der Predigt hole ich meine Bibel heraus, um mitzulesen, anzustreichen und mir die Bibelstellen zu notieren, die mich ansprechen, um sie dann auswendig zu lernen.
Und wenn es technische Probleme im Gottesdienst geben sollte, gehe ich still ins Gebet und bitte Gott um Gnade, statt auf mein Handy zu schauen, meinen E-Mail-Eingang zu checken oder in der Handtasche zu kramen.
Ich bin einfach da. Ich bin da, bleibe da und mache mit – in einer Zeit, die es wie vielleicht keine andere Zeit vorher darauf anlegt, mich abzulenken. Ich bin mir der Versuchung bewusst, mit den Gedanken weit weg zu sein. Aber ich weiß auch Sprüche 17,24: „Der Verständige hat Weisheit vor dem Angesicht, aber die Augen des Toren sind am Ende der Erde.“
Ich weiß, es ist der Dummkopf, der nicht in der Gegenwart lebt. Und ein Dummkopf möchte ich nicht sein – jedenfalls nicht, wenn es darum geht, Gottesdienst zu feiern.
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Nimm dir eine Sache vor, die du am kommenden Sonntag im Blick auf den Gottesdienst anders machen möchtest.
Das war es für heute. Morgen geht es weiter. Der Herr segne dich, schenke dir seine Gnade und lasse dich in seinem Frieden leben. Amen.