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Wie werde ich ein reifer Christ?

29.05.1999Kolosser 1,9-11

Einleitung

Als die Ägypter die letzten der 2,3 Millionen Steinblöcke an der grossen Pyramide von Gizeh verbaut hatten und ihr Handwerkszeug beiseite legten, da konnten sie sagen: "So, das wäre geschafft!" Inzwischen sind viertausend Jahre vergangen, und abgesehen von leichten Schäden steht die Pyramide noch so da, wie sie damals errichtet wurde.
Die meisten Leute stellen sich eine Bekehrung so ähnlich vor. Nach Jahren der Suche und unter vielen Konflikten fanden sie endlich das Geheimnis des Lebens und zählen sich nun zu der bevorzugten Klasse derer, die als Christen bekannt sind. Sie haben's erreicht. Alle ihre Probleme sind nun gelöst. Ihr Leiden ist vorüber. Nichts kann ihnen mehr schaden, und jetzt gilt es nur noch, auf die Herrlichkeit des Himmelreichs zu warten.
Aber so ist es nicht. Wir sind keine aufgebauten Monumente, sondern lebende Organismen. Was wir erlebt haben, war kein Ende, sondern ein Anfang. Es war eine Geburt, eine Erneuerung der Verbindung, ein Einfluss neuen Lebens. Aber wir sind noch im Aufbau. (1)

Wir sind noch in einem Reifungsprozess. Vieles gilt es noch zu lernen. Prozesse sind durchzulaufen. Als Christen sind wir ganz verschiedenen Gefahren ausgesetzt. So auch die Kolosser. Wie wir im Verlauf des Briefes sehen werden, gab es viele verschiedene Einflüsse, denen die Gemeinde ausgesetzt war. Versuch die Gemeinde zu überreden. Ich sage das, damit euch niemand betrüge mit verführerischen Reden. Kol.2,4. Seht zu, daß euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus. Kol.2,8. Frömmigkeit, scheinbare Demut. Niemand soll euch verachten, der sich in scheinbarer Demut auf die Verehrung beruft, die er den Engeln erweist, der mit Visionen prahlt und sich ohne Grund nach weltlicher Art wichtig macht. Kol.2,18. Asketen. Man sagt zwar, in ihnen liege Weisheit, es sei ein besonderer Kult, ein Zeichen von Demut, seinen Körper zu kasteien. Doch es bringt keine Ehre ein, sondern befriedigt nur die irdische Eitelkeit. Kol.2,23. Vorschriften bezüglich Essen und Trinken (Juden) Darum soll euch niemand verurteilen wegen Speise und Trank oder wegen eines Festes, ob Neumond oder Sabbat. Kol.2,16. Das alles hatte Paulus von Epaphras gehört und er machte sich natürlich Gedanken über die Christen, wie sie wohl in solchen Herausforderungen bestehen können, denn die Christen standen am Anfang ihres Glaubens und sie waren noch nicht sehr reif. Das ist der Hintergrund des Gebets, von Paulus und seinen Mitarbeitern. Text lesen: Kol.1,9-11 (Luther)

I. Erkenntnis des Willens Gottes

Seit Paulus die Umstände in Kolossä kennt, lassen er und seine Mitarbeiter nicht davon ab, für die Christen dort zu beten. Für uns ist dieses Gebet äusserst interessant, weil wir darin erkennen, wie Paulus sich den Reifungsprozess des Christen vorstellt.

Gott schenkt

Paulus bittet Gott, dass sie erfüllt werden mit der Erkenntnis des Willens Gottes in aller geistliche Weisheit und Einsicht. Gott ist also der Ursprung dieser Weisheit. Weisheit und Einsicht waren damals ganz wichtige Begriffe wie auch der Begriff Erkenntnis. Paulus greift diese Begriffe auf aber betont sie in besonderer Weise, indem er von geistlicher Weisheit und Einsicht spricht. Einer Weisheit und Einsicht, die nur vom Geist Gottes gewirkt sein kann. So fleht Paulus zum Vater, dass er die Kolosser erfüllt. Damit sie seinen Willen erkennen.

Anwendung

Nichts können wir aus uns selbst herausholen. Weisheit, die für das Leben taugt, kommt immer und einzig von Gott. So rät Jakobus der Gemeinde nicht, sie sollen noch verschiedene Kurse belegen, um in der Weisheit zu wachsen. Er sagt einfach: Wenn aber jemand von euch nicht weiss, was er in einem bestimmten Fall tun muss, soll er Gott um Weisheit bitten, und Gott wird sie ihm geben. / Denn er gibt sie allen gerne und hält niemand seine Unwissenheit vor. Jak.1,5.

Der Wille Gottes

Den Willen Gottes erkennen, da kommen vielleicht dem einen oder anderen sofort die Gedanken eines Gesetzbuches. So ein Codex, was man darf und was man nicht darf. Aber diese Sicht ist viel zu einseitig und nur die halbe Wirklichkeit dessen, was mit Willen Gottes gemeint ist.

Evangelisation

Z.B. will Gott, dass alle Menschen gerettet werden. So sagt es Paulus dem Timotheus: Gott will, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und gerettet werden. 1.Thess.2,4. Gott will Menschen retten. Paulus schreibt dem Timotheus nicht vor, wie er das machen soll. Er macht ihm lediglich deutlich, dass das, das zentrale Anliegen Gottes ist. Immer wenn wir Menschen helfen diese Wahrheit zu erkennen, dann tun wir exakt das, was Gott möchte. Wenn Du selber noch nicht Christ bist, dann kannst Du wissen, was Gott für Dich von ganzen Herzen wünscht. Er möchte, dass Du die Wahrheit erkennst – Erklären! – und so für immer gerettet wirst. weiter Also, so geht es im Willen Gottes um ein Verständnis seiner Gesinnung. Es geht darum zu verstehen, was Gott wichtig ist. Was Gott beschäftigt. Es geht also vielmehr um eine Gesinnung, die dann natürlich verschiedene Verhaltensformen zur Folge hat.

Nehmen wir einmal ein ganz banales Beispiel. Folie (Ampel) Sie stehen an einem Lichtsignal am Fussgängerstreifen und warten bis es grün wird. Sie sind in Eile und die Ampel leuchtet einfach immer noch rot. Sie bemerken, dass weit und breit kein Auto in Sicht ist. Sie wissen, ich kann über die Strasse laufen, auch wenn ein Auto in Sichtweite kommen würde, reichte die Zeit, um die Strasse zu überqueren. So laufen sie. Vermutlich hat das schon jeder von uns einmal, vielleicht sogar mehrmals gemacht. Nun kann man sagen, dass sie eine Regel durchbrochen haben, sie sind bei Rot über die Strasse gelaufen. Das ist sicher so. Andererseits sind sie ganz unbewusst vom eigentlichen Sinn dieser Anlage ausgegangen, denn sie ist da um den Autos eine freie Durchfahrt zu gewähren, wenn aber keine Autos da sind, dann liessen sie sich von der eigentliche Idee dieser Verkehrsanlage leiten.

Beim Erkennen des Willens Gottes, geht es nicht darum, viele verschiedene Regeln und Gesetze kennen zu lernen, sondern zu verstehen, was Gott wichtig ist. Wie er sich das Leben denkt. Liebe = einem anderen keinen Schaden zufügen = nicht stehlen usw. Man kann es noch von einer anderen Seite betrachten. Man argumentieren heute ja viel mit dem Gewissen. "Ich lebe nach meinem Gewissen" – das wird manchmal so selbstzufrieden gesagt, als sei jede Handlung dadurch automatisch gerechtfertigt. Wir sollten solche Feststellung kritisch prüfen. Das Gewissen übt keine unfehlbare Führung aus.
Auch die Behauptung: "Das Gewissen ist Gottes persönliche Gegenwart im Herzen und sein vollkommenster Vertreter in der Welt" ist ein Irrtum. Der Apostel spricht davon, dass er sein Gewissen übt, damit er gottgewollt reagieren (Apg.24,16). Denn das Gewissen passt sich stets dem sittlichen Zustand der Umgebung an.
Daher konnte z.B. in früheren Zeiten das Gewissen des frommen Hindu beim Schlachten einer Kuh laut protestieren, aber es schwieg, wenn er sein Kind opferte. Ein Hindu sagte, als das Gespräch darauf kam, damals zu einem britischen Regierungsbeamten: "Unser Gewissen lehrt uns, dass die Verbrennung unserer Witwen auf dem Scheiterhaufen ihres toten Gatten richtig ist." – "Ja", erwiderte der Beamte, "und unser Gewissen sagt uns, dass es gut ist, wenn wir auf dieses Vergehen die Todesstrafe setzen." Zunächst bezeugt also das Gewissen lediglich die jeweils gültige Verhaltensweise. Ist diese fehlgeleitet, so erlaubt das Gewissen ohne jeden Protest sogar Inquisitionen und Scheiterhaufen im Namen Gottes.
Diese erschreckende Beeinflussbarkeit sollte uns sehr viel behutsamer machen. Jedes Gewissen braucht Unterweisung. Sein feiner Mechanismus ist durch den Abfall des Menschen von Gott aus dem Gleichgewicht gebracht. (2) So geht es darum, dass wir unser Gewissen schärfen und wir erkennen, was im Sinne Gottes ist und was nicht. Folie (Pfeile)

Anwendung

Das geschieht heut durch das wir uns mit der Bibel beschäftigen. Durch ein ehrliches bitten, dass Gott uns erkennen lässt, was ihm gefällt. Paulus sagt: Passt euch nicht den Massstäben dieser Welt an. Lasst euch vielmehr von Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird. Dann könnt ihr euch ein sicheres Urteil bilden, welches Verhalten dem Willen Gottes entspricht, und wisst in jedem einzelnen Fall, was gut und gottgefällig und vollkommen ist. Rö.12,2.

II. Gott besser kennenlernen

Wenn wir nun diesen Willen Gottes erkennen, so sollen wir dementsprechend Handeln. Erst diese Erkenntnis befähigt uns zu richtigem Handeln. Sie ist geradezu notwendig um so zu leben wie es Gott gefällt. In allem, was wir tun, soll die Frucht, die aus dieser Gesinnung wächst sichtbar werden. Die Früchte finden wir beispielsweise im Galaterbrief, wo es heisst: Der Geist Gottes dagegen lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung. Gal.5,22a. Die Gesinnung Gottes, soll immer mehr Ausdruck in unserem Leben finden. Das hat zur Folge, dass wir in der Erkenntnis Gottes wachsen. Folie (Reifeprozess) Wir lernen so Gott immer besser kennen. Man kann ein vereinfachtes Schema aufzeigen. Man erkennt den Willen Gottes, aufgrund dieser Erkenntnis handelt man und aufgrund dieser Handlung wachsen wir in der Erkenntnis Gottes, seines Wesens.

Eine Aussage von Jesus zeigt dieses Prinzip auf: Wer bereit ist, Gottes Willen zu tun, wird merken, ob meine Lehre von Gott ist oder ob ich meine eigenen Gedanken vortrage. Joh.7,17. Bsp.

III. Kraft von Gott

Ein wirklich interessantes ineinander. Die Erkenntnis des Willens Gottes kommt von Gott selbst. Das bringt uns überhaupt in die Lage so zu Leben wie es Gott gefällt. Leben wir so, so wird uns Gott immer vertrauter. Und nun heisst es nicht, dass wir alle aus unserer Kraft leben sollen, sondern: Wir werden gestärkt mit aller Kraft durch seine herrliche Macht zu aller Geduld und Langmut. Wiederum kommt die Kraft von ihm!

Schluss

Wir sind also nicht einfach perfekte Christen, wenn wir unser Leben Jesus anvertrauen. Wir treten in einen Wachstumsprozess ein. In diesem Prozess wächst unsere Beziehung zu Gott. Wir lernen ihn immer besser kennen und er wird uns stets vertrauter. In der Erkenntnis Gottes kommt unsere Seele immer wieder zur Ruhe, so schreibt Petrus: Gnade und Frieden werde euch in reichem Mass zuteil durch die Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesus! 2.Petr.1,2. Amen

----------------------- [1] Bsp.866.

[2] Bsp.713.