Einführung: Die zentrale Frage nach dem Kreuz
Rund um Jesus – Fünf Antworten auf immer wieder gestellte Fragen
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Jesus als das Opfer für meine Sünden.
Im Zentrum des christlichen Glaubens stehen ein Kreuz und ein leeres Grab. Das leere Grab ist total cool: Auferstehung, Halleluja, der Tod ist besiegt, neues Leben beginnt. Aber warum braucht es das Kreuz? Warum muss Gott einen so grausamen Weg gehen, um unsere Sünden zu tilgen?
Wäre es nicht viel einfacher gewesen, wenn er uns einfach so vergeben hätte? Schwamm drüber, lass uns nicht mehr davon reden? Warum geht das nicht?
Es klingt irgendwie barbarisch, wenn man davon spricht, dass Jesus sein Blut für die Schuld meiner Sünde vergossen hat. Warum war das nötig? Ich meine, Gott verlangt von den Christen, dass sie – Zitat aus dem Vaterunser – „und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben“.
Wir sollen unseren Schuldnern vergeben, und zwar einfach so, ganz ohne Opfer, wie es scheint. Warum kann dann Gott selbst nicht auf ein Opfer verzichten?
Diese Frage ist wirklich gut: Warum opfert Gott seinen Sohn? Warum wird Gott selbst Mensch, um für uns zu sterben? Warum gab es keinen anderen Weg, um uns von unseren Sünden zu retten?
Die Notwendigkeit des Opfers verstehen
Und meine beste Antwort lautet so, weil es eben so ist. Was meine ich damit? Nehmen wir kurz an, wir wären nicht schuldig, sondern krank.
Wenn ich zum Arzt gehe und dieser Diptherie diagnostiziert, habe ich mir die Krankheit ausgesucht? Nein. Suche ich mir die Behandlung aus? Ebenfalls nein. Der Arzt wird mir ein Antitoxin verabreichen, dann ein Antibiotikum geben, mir Bettruhe verordnen und mich unter Quarantäne stellen.
Nehmen wir weiter an, dass ich die Behandlung nicht verstehe. Ich begreife also nicht, warum man genau so gegen krankmachende Bakterien vorgehen muss. Ändert mein Unverständnis etwas an der Richtigkeit der Behandlung? Solange die Diagnose stimmt und der Arzt mir sagt, was ich zu tun habe, muss ich nicht bis ins Letzte verstehen, warum es so ist. Ich muss nur mitmachen.
Bei Sünde ist es ganz genauso. Irgendwann stelle ich fest, dass ich manchmal Dinge denke, sage oder tue, von denen ich intuitiv weiß, dass sie falsch sind. Wenn ich dann die Bibel lese oder mir nur den guten Grundsatz vor Augen halte: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“, dann kann ich mich selbst ziemlich gut diagnostizieren.
Ich bin ein Lügner oder ein Dieb, ich bin neidisch oder jähzornig – oder eine Ehebrecherin. Egal was, ich merke ganz genau: Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Diesmal ist es nicht der Arzt, sondern Gott, der mir die Diagnose mitteilt.
Gott sagt mir: Deine Krankheit heißt Sünde, und sie führt unbehandelt zur ewigen Verlorenheit. Die Behandlung sieht so aus: Du brauchst jemanden, der selbst ohne Sünde ist und für deine Sünden stirbt. Wenn du so einen Sündenbock gefunden hast, wirst du überleben. Wenn nicht, dann wirst du für jede Sünde deines Lebens bezahlen.
Weil es eben so ist. Es kann sein, dass ich den Ansatz mit dem Sündenbock nicht verstehe. Aber das ist wie bei der Behandlung gegen Diptherie: Ich muss sie nicht verstehen, damit sie wirkt. Es reicht, wenn ich dankbar dafür bin, dass es überhaupt eine Behandlung gibt.
Die richtige Frage lautet also: Bin ich krank, nicht: Passt mir die Behandlung?
Die Diagnose der Sünde und die Behandlung durch Jesus
Und wenn ich Gottes Diagnose teile, dass mit der Menschheit ganz grundlegend etwas nicht stimmt, und dabei feststelle, dass ich selbst Teil des Problems bin, dann muss ich schauen, wie die Behandlung aussieht.
Bei Sünde geht es nämlich nicht darum, dass ich mich anstrenge, irgendwie besser zu werden. Vielmehr geht es darum, dass Gott Mensch geworden ist, um für meine Sünde zu sterben. Ohne dieses Opfer werde ich die Schuld meiner Sünden nicht los.
Damit wir dieses Konzept gut verstehen, finden sich im Alten Testament viele verschiedene Opfer. Das mosaische Gesetz mit seinen Tieropfern ist eine Vorbereitung auf das, was noch kommen wird. Gott macht es uns leicht, damit wir genau verstehen, was am Kreuz von Golgatha geschieht.
Dort stirbt er als Sühnung für die Schuld aller Menschen, die diese Sühnung im Glauben für sich suchen. Am Kreuz wird Gott zum Sündenbock. Was für ein irrer Gedanke!
Warum das Kreuz notwendig ist: Gedanken zur Bedeutung
Aber warum gibt es keinen anderen Weg? Warum muss es so grausam sein? Hier ein paar Gedankensplitter, die vielleicht hilfreich sind.
Erstens: Es muss ein Kreuz sein, weil nach 5. Mose 21,23 der Verbrecher, der am Kreuz – wörtlich „am Holz hängt“ – hängt, verflucht ist. Jesus selbst lässt sich von Gott verfluchen. Das steckt auch hinter dem Zitat, das Jesus am Kreuz aus Psalm 22 zitiert: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Ja, Jesus weiß die Antwort, aber in dem Zitat steckt die Tatsache, dass er verlassen wurde. Gott der Vater wendet sich von Gott dem Sohn ab. Was für eine krasse, irre und unser menschliches Denken völlig übersteigende Idee! Gott zerreißt die Verbindung, die innertrinitarisch Vater und Sohn miteinander verbindet. Er reißt sich, bildlich gesprochen, den Sohn vom Herzen. Was für eine verrückte Idee.
Zweitens: Die Grausamkeit der Strafe weist auf die Hoffnungslosigkeit derer hin, die sich nicht retten lassen. Wer einmal darüber nachdenkt, wie Jesus leidet, welche Einsamkeit, Verachtung, Schmerzen und Todesqualen er auf sich nimmt, um Menschen zu retten, der bekommt einen lebhaften Eindruck von der Strafe, die auf all die Menschen wartet, die sich nicht retten lassen. Ich will nicht sagen, dass diese Gegenstandslektion in Sachen Höllenqualen der einzige Grund für das Kreuz ist, aber es ist ein ganz wesentlicher. Wenn die Strafe für meine Sünde auf Jesus liegt, dann weiß auch jeder, der sich nicht retten lässt, was ihn erwartet.
Drittens: Das Kreuz balanciert Gottes Liebe und Heiligkeit aus. Gott ist vollkommen heilig. Er hasst Sünde und damit den Sünder, und weil er heilig ist, geht ein Schwamm drüber nicht. Die Heiligkeit Gottes verlangt nach Rache und Vergeltung. Aber Gott ist nicht nur heilig, Gott ist auch vollkommen liebevoll. So wie er den Sünder hasst, so liebt er den Sünder in seiner Verlorenheit. Und deshalb lässt er ihn auch nicht einfach verrecken, sondern er plant eine Rettungsaktion – Mission impossible: Messias.
Die Liebe Gottes wirft uns, die wir im Meer unserer Sünden untergehen, einen Rettungsring zu – das Kreuz. Wir müssen nur zugreifen. Aber das Kreuz streicht Gottes Heiligkeit nicht durch. Der Gerechtigkeit wird Genüge getan, Schuld wird bezahlt. Am Ende bleibt keine Sünde unbeglichen. Entweder leiden wir für unsere Sünden selbst oder Gott hat bereits dafür gelitten.
Unterschiedliche Dimensionen der Vergebung
Noch einmal kurz zurück zur Frage vom Anfang: Wenn Gott ein Opfer braucht, um uns vergeben zu können, weil Sünde nicht ungestraft bleiben darf – warum können wir dann einander ohne Opfer vergeben?
Die Antwort ist: Weil wir nicht Gott sind. Unsere Vergebung ist eine Einladung zur Gemeinschaft, aber keine Entsühnung. Gottes Vergebung hat eine ganz andere Qualität; sie ist besser und umfassender.
Menschliche Vergebung ist mein Ja zur menschlichen Liebe. Ich will meinen Feind mit meinen menschlichen Möglichkeiten lieben. Göttliche Vergebung hingegen ist Gottes Ja zur göttlichen Liebe. Wenn Gott seine Feinde liebt, findet diese Liebe einen Weg zur Vergebung von Schuld.
Dieser Weg ist nötig, weil Gott uns nicht einfach nur vergeben will, sondern weil er vorhat, mit denen, die ihn lieben, eine Ewigkeit zu verbringen.
Abschluss: Dankbarkeit und Gebet
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dem Herrn Jesus dafür danken, dass er bereit war, für dich so viel Leid und Schmerz auf sich zu nehmen.
Ist das alles für heute? Wenn du bisher noch nicht dafür betest, dann fang doch heute damit an, für deine Gemeinde zu beten.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
