Der Gottesdienst bringt mir nichts. Fünf theologische Anmerkungen, die dich im Glauben wachsen lassen – praktisch dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Nacharbeit. Das Thema dieser Woche lautet: Der Gottesdienst bringt mir nichts.
Ich habe bereits drei Fragen gestellt:
Erste Frage: Betest du für den Gottesdienst?
Zweite Frage: Bringst du bewusst etwas mit?
Dritte Frage: Bist du mit allen Sinnen anwesend und machst du mit?
Die Bedeutung der Nacharbeit im Gottesdienst
Heute möchte ich noch einen Schritt weitergehen und die Frage stellen: Machst du genug aus dem Gottesdienst?
Das klingt vielleicht nach noch mehr Anspruch. Und auch wenn ich mich dabei bei dem einen oder der anderen verdächtig mache, möchte ich diese Frage dennoch stellen: Machst du genug aus dem Gottesdienst?
Mir geht es also um Nachhaltigkeit. Gottesdienst als ein Event, das einfach vorbei ist, wenn ich ins Auto steige oder an der Bushaltestelle stehe, um nach Hause zu fahren, wird mich nicht so begeistern wie ein Gottesdienst, der noch nachhallt. Ein Gottesdienst, der mich herausfordert und nachhaltig prägt.
Deshalb möchte ich euch drei Bereiche vorstellen, in denen ein Gottesdienst mich zur Nacharbeit einlädt. Ich vermute, dass es noch mehr gibt, aber diese drei sind mir besonders wichtig.
Geistliche Impulse als Grundlage für Nachdenken
Bereich Nummer eins: die geistliche Dimension des Gottesdienstes. Die meisten Gottesdienste enthalten einen oder mehrere geistliche Inputs. Das können Predigten, Lesungen, Zeugnisse oder vielleicht auch Videos mit einer geistlichen Botschaft sein. Ein geistlicher Input lädt förmlich dazu ein, sich noch länger mit ihm zu beschäftigen. Und zwar deshalb, weil ich glaube, dass der Geist Gottes mir durch diesen Input etwas zu sagen hat.
Das gilt übrigens auch dann, wenn dir die Predigt nicht so gefallen hat oder du am Ende nur ungefähr wusstest, worüber der Prediger gesprochen hat. Du kannst das Gehörte nutzen, um weiterzudenken. Und nein, es geht mir nicht darum, beim Mittagessen den Prediger zu kritisieren und auf seiner Predigt so lange herumzutrampeln, bis auch der letzte Rest Anstand sich verabschiedet hat.
Etwas schlechtzureden, das kann jeder. Aber einen geistlichen Input aufzunehmen, respektvoll darüber zu reflektieren, das Thema vielleicht weiterzuentwickeln, konstruktive Kritik zu üben und vor allem die Frage nach der Anwendung zu stellen – das ist die Kunst eines geistlichen Lebens, das sich von einem Gottesdienst inspirieren lässt.
Seien wir ruhig ehrlich: Die meisten von uns haben in der Woche nicht zu viel geistliche Inspiration. Deshalb ist es nötig, dass wir lernen, den Gottesdienst als Sprungbrett für gute Gespräche und gute Gedanken zu geistlichen Themen zu verwenden.
Um das zu sagen: Das geschieht nicht einfach so. Eine Kultur des Redens über geistliche Themen entsteht nicht von selbst, weil wir in uns – genauer gesagt in unserem Fleisch – eine eingebaute Abneigung gegen alles Geistliche tragen. Aber man kann diese Abneigung überwinden, wenn man gute Gewohnheiten schafft.
Also warum nicht ein paar Fragen sammeln, mit denen man sich nach dem Gottesdienst über die geistlichen Impulse austauscht? Hier mal drei mögliche Fragen:
Frage eins: Welcher Bibelvers hat dich heute am meisten berührt und warum?
Frage zwei: Wo hattet ihr den Eindruck, da müsste man mal weiterdenken?
Frage drei: Für welchen Gedanken in der Predigt könnten wir uns beim Prediger bedanken?
Merkt ihr, Bereich Nummer eins – die geistliche Dimension des Gottesdienstes –
Gebetsleben durch Gemeinschaft stärken
Bereich Nummer zwei: meine Gebetsliste. Wenn ich den Gottesdienst aktiv verfolge und danach auch tiefgehende Gespräche führe, bekomme ich Input für meine Gebetsliste.
Als Geschwister in einer Gemeinde sollen wir füreinander beten und auch für die Gemeinde insgesamt. Der Gottesdienst ist eine hervorragende Gelegenheit, um meine Gebetslisten zu aktualisieren. Ich kann Geschwister fragen, wie es ihnen geht. Das allein ist schon wertvoll.
Stell dir einmal vor, du würdest nach einer Woche wieder auf die Geschwister zugehen und sie fragen, was aus dem Problem geworden ist, für das du in der Zwischenzeit gebetet hast. Überlege, was für eine Gemeinschaft dadurch entstehen könnte, wenn wir ganz persönlich füreinander beten würden.
Das ist übrigens eine tolle Frage, wenn du mal nicht weißt, worüber du mit jemandem sprechen sollst: Frag die Person doch, wofür du für sie beten kannst. Und wenn sie dann antwortet: „Ach, das ist eine lange Geschichte, ich weiß gar nicht, ob du die hören willst“, dann lade sie doch zum Essen ein.
Ein Gottesdienst kann, wenn er richtig gestaltet ist, dein Gebetsleben wirklich beleben. Natürlich können wir nicht nur beten, sondern auch konkret helfen. Dahinter steckt noch viel mehr.
Liebe, Vergebung und Buße als Grundlage der Gemeinschaft
Aber ich habe noch einen anderen Bereich, Bereich Nummer drei, und der heißt Vergebung und Buße. Huch, wirst du vielleicht denken, was machen diese Begriffe denn auf so einer Liste?
Ich war ehrlich gesagt auch zögerlich, ob man so ehrlich sein darf, aber ich mag einfach Aufrichtigkeit. Wir sollen als Geschwister an der Liebe zueinander erkannt werden. Das ist das innere Bedürfnis des Herrn Jesus.
In Psalm 16 werfen wir einen Blick in sein Herz, wenn es heißt: „An den Heiligen, die auf Erden sind, habe ich meine ganze Lust.“ Wir sollen Lust haben an den Geschwistern, sie nicht als Last empfinden, nicht als Herausforderung und schon gar nicht als Menschen, mit denen wir nichts zu tun haben wollen.
Und die Lust an den Geschwistern soll auch nicht dadurch weggehen, dass sie sich manchmal komisch verhalten oder sie mir öfter als ich das vielleicht zugeben will gehörig auf den Senkel gehen. Gemeinde ist Gottes Inkubator für Bruderliebe, jedenfalls sollte sie das sein.
Ich lerne im Umgang mit Geschwistern Liebe, und dazu gehört Vergebung und Buße. Wenn ich mich also nach dem Gottesdienst immer noch über das Verhalten von einzelnen Geschwistern ärgere – und das gibt es nicht so selten –, dann ist das kein Zeichen dafür, dass ich weniger häufig zum Gottesdienst gehen sollte.
Vielmehr darf ich dann Vergebung und Liebe lernen. Und wenn ich mich daran erinnere, dass mein Verhalten nicht so liebevoll war – vielleicht war ich schroff, aufbrausend, taktlos oder ich habe mich einfach nur dumm angestellt –, dann darf ich Buße tun.
Ich darf um Entschuldigung bitten, und ich darf für die nächste Woche meine Lektion lernen. Das ist damit gemeint, wenn ich formuliere: Gemeinde ist Gottes Inkubator für Bruderliebe.
Ich weiß, dass diese Zeilen für manch einen Hörer utopisch klingen. Aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir entweder im Miteinander der gottesdienstlichen Gemeinschaft Liebe lernen oder wir bleiben Liebeskrüppel.
Fazit: Gottesdienst als Quelle für Wachstum und Gemeinschaft
Geistliche Impulse, geschwisterliche Nähe im Gebet und Liebe – all das und noch viel mehr steckt in einem Gottesdienst, wenn ich bereit bin, ihn nachzuarbeiten.
Was könntest du jetzt tun? Nimm dir vor, den Gottesdienst am nächsten Sonntag nachzubereiten!
Das war es für heute. Morgen geht es weiter.
Am 14.11.2023 veranstaltet Open Doors einen weltweiten Gebetstag für verfolgte Christen. Mehr Informationen findest du unter der entsprechenden Webseite.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
