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Gesetz und Gesetzlichkeit - nach Dr. Arnold Fruchtenbaum

02.08.1995Matthäus 12,1-8

Das Thema heute Abend soll heißen: Gesetz und Gesetzlichkeit. Wir wollen anhand der Juden und ihrer Gepflogenheiten dieses Thema angehen. Ihr wisst alle, dass den Juden das Gesetz durch Gott mittels Mose gegeben war und dass sie aber zu diesem Gesetz viele menschlichen Gebote, Regeln, Satzungen und menschliche Gesetze hinzugefügt haben. Wie und warum es dazu kam – damit wollen wir uns heute abend beschäftigen; dabei auch die Gefahren sehen, die damit verbunden sind, wenn wir uns so verhalten würden wie die Juden es getan haben – und was wir dem entgegensetzen wollen. Wir werden dabei auch mindestens zwei Schriftabschnitte näher betrachten, die ich zu gegebener Zeit nenne.

Im NT fällt uns auf, dass wir öfters einen Konflikt zwischen unserem Herrn Jesus und den Juden vorliegen sehen – vor allen Dingen zwischen Jesus und den Pharisäern. Das zeigen ja die Evangelien ganz klar und zeigen auch wie sich dieser Konflikt gegen Ende hin dann immer mehr steigert. Und dieser Konflikt zwischen Jesus und den Pharisäern hat sich hauptsächlich an der Stellung zum Gesetz entzündet. Zum Gesetz des AT und zu dem was die Juden daraus gemacht haben. Jetzt müssen wir einmal in der Geschichte noch ein paar Jahrhunderte zurückgehen. Ein paar Jahrhunderte in die Zeit des AT. Wir nehmen gerade das Buch Daniel durch. Im Buch Daniel wird uns das Volk Israel in der babylonischen Gefangenschaft gezeigt. Die Babylonische Gefangenschaft ging eines Tages zu Ende, und unter Kyrus durften die Juden wieder in ihr Land zurückkehren. Unter Esra und Nehemia kommen sie dann zurück und bauen auch wieder den Tempel auf und dann haben sich einige der gottesfürchtigen Juden hingesetzt und haben die Frage bewegt: warum mussten wir als Volk Gottes in die babylonische Gefangenschaft? Warum kam dieses Gericht unseres Gottes über uns und warum hat er uns in die Hände unserer Feinde gegeben? Das war gut, dass sie darüber nachgedacht haben, dass sie endlich so weit waren, sich darüber Gedanken zu machen, warum musste denn Gott diesen Weg mit uns gehen? Das ist auch bei uns gut, wenn uns irgendetwas widerfährt, dass wir uns Gedanken machen, was will der Herr mir sagen? Ob es etwas Gutes, Schönes, Erfreuliches ist, oder auch wenn es Misserfolg und Versagen ist – was will der Herr dadurch sagen? Das musste ich mich in der letzten Zeit auch einige Male fragen, wo so manche Sachen daneben gegangen sind – Sachen kaputt gegangen sind, usw. Immer wieder taucht dann die Frage auf, was will der Herr dadurch sagen? Die Antwort, welche die Juden damals fanden, war meines Erachtens die richtige Antwort. Sie erkannten, der Grund warum Gott sie in die babylonische Gefangenschaft hatte wegführen lassen war Nichtbeachtung des Gesetzes. Das hatte ihnen doch Gott im Gesetz – in den fünf Büchern Mose klipp und klar angekündigt – vor allen Dingen in diesem einen Kapitel 5. Mose 28 Segen und Fluch – da geht es nur darum, dass Gott sie sehr als Volk segnen wollte, wenn sie sich an seinen Ordnungen halten. Und dass aber große Gerichte über sie kommen würden, wenn sie das Gesetz verachten würden und ungehorsam wären. Und so erkannten sie: Nichtbeachtung des mosaischen Gesetztes bringt uns unter Gottes Fluch, unter Gottes Gericht, unter Gottes Zorn. Und diese Erkenntnis führte sie dahin, dass sie sich ganz neu mit dem Gesetz mit der Thora Gottes beschäftigt haben. Das sie diese ernstgenommen haben, dass sie geforscht haben, was will denn Gott von uns als Volk? Wie können wir seinen Willen tun und wann übertreten wir seine Gebote und wie können wir uns davor schützen? Und so entstand nach der Rückkehr aus dem Exil zur Zeit des Esra eine Schule in Israel, und zwar die Schule der Sopherim. Das ist ein hebräisches Wort, der Singular heißt Sopher.

Sopher ist ein Schriftgelehrter. Die Sopherim waren Schriftgelehrte – da entstand die Schule der Schriftgelehrten. Im NT lesen wir doch oft von den Schriftgelehrten und Pharisäern. Diese Schule entstand nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Und diese Sopherim nahmen jedes dieser 613 Gebote des mosaischen Gesetzes und erforschten es genau, gaben dazu Auslegung, Erklärung, machten Exegesen sage wir heute – also sie legten, aus was das Gebot bedeutet und wie es gehalten werden kann und wie es gebrochen werden kann. Dadurch wollte man dem Volk helfen die Gebote zu halten und eine zweite babylonische Gefangenschaft zu verhindern. Das war das ursprüngliche Motiv – ein gutes Motiv, gut gemeint, geboren aus dieser Not der 70 jährigen Gefangenschaft. Jetzt wollten sie eine zweite solche Heimsuchung Gottes mit Gericht und Gefangenschaft verhindern. Als die erste Generation der Sopherim gestorben war, nahm die zweite Generation ihren Auftrag noch ernster. Sie sagten, wir müssen einen Zaun um die 613 Gebote machen. Wenn wir hier das Gesetz haben mit den 613 Einzelgeboten der Mosebücher 2-5, das nennt man das Gesetz – Die Thora. Und das sagten die Sopherim, wir müssen um dieses Gesetz noch einen Zaun machen, damit es nicht gebrochen wird. Und dann fingen sie an, noch einige Gebote und Regeln herumzubauen, damit man schon durch diesen äußeren Zaun aufgehalten wird und nicht durchbricht und das Urgesetz bricht. Das war die Motivation, das war der Sinn. Sie wollten noch einen Schutzzaun außen herumbauen, damit man nicht die wirklichen Gebote bricht, denn davor hatten sie inzwischen Respekt, sie dachten, dann kommt wieder das Gericht über uns, und wir müssen wieder in irgend eine Gefangenschaft marschieren. Aber durch diesen Zaun kamen neue Regeln zum alttestamentlichen Gesetz hinzu. Und diesen Zaun, den die Sopherim bauten, nennt man die rabbinischen Gesetze – oder die Gesetze vom Zaun. Alles das was ich hier sage weiß ich von Arnold Fruchtenbaum – wir Europäer sind da hoffnungslos aufgeschmissen, da brauchen wir einen Juden, oder überhaupt Juden die sich damit über Jahre beschäftigt haben, die das studiert haben und Arnold Fruchtenbaum hat da eine ganz wunderbare Arbeit gemacht, und ich habe Vorträge von ihm verwendet und zu Grunde gelegt. Also sie bauten einen Schutzzaun außen herum und ihr Ansatz war, ein Jude könnte die Gesetze des Zaunes brechen, aber das würde ihn dann hindern noch weiter zu gehen und das Urgesetz zu brechen. Es war ein gut gemeinter Ansatz, den wollen wir nicht verachten wir wollen sehen, die Motivation war, Achtung, Respekt, Ehrfurcht vor dem Gesetz Gottes – vor der Heiligkeit der göttlichen Befehle. Sie wollten ein neuerliches Gericht verhindern. Und ihr Prinzip war, ein Sopher (ein Schriftgelehrter) kann eine andere Meinung haben als ein anderer Sopher, aber er darf nicht eine andere Meinung haben als das Gesetz – die Thora, die Thora ist heilig. Ist dieser Ansatz richtig, ist er gut? – Er ist gut und wunderbar, den sollten wir auch haben. Wir unter uns können verschiedene Erkenntnis haben und die haben wir ja auch. Wir haben nicht in allen Frage die gleiche Erkenntnis – noch nicht. Das ist in Ordnung, aber hoffentlich ist es unser Anliegen, dass wir mit der Schrift übereinstimmen. Wir müssen nicht unbedingt alle übereinstimmen, aber mit der Schrift sollte jeder von uns übereinstimmen – das ist unser Bezugspunkt. Nicht der Nachbar neben uns, sondern in erster Linie die Schrift. Wo ist aber jetzt der Fehler an diesem Vorgang, der da geschah? Gott gab Mose die 613 Gebote – das war das Gesetz, die Thora. Das Gesetz war heilig. Aber als die Rabbiner anfingen hunderte- und später noch Tausende von neuen Gesetzen hinzuzufügen, da bekam das eine Eigendynamik.

Da trat das eigentliche Gesetz immer mehr in den Hintergrund und die vielen Regeln – die vielen Ausführungsbestimmungen traten immer mehr in den Vordergrund. Irgend wann ist man von dem Eigentlichen so weit weg, dass man sich verheddert in dem Gestrüpp und Geäst der vielen Regeln um die man sich kümmern muss, dass man kaum noch zu dem eigentlichen durchdringt. Und das passierte dann auch. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Bitte schlagt mal mit mir 2. Mose 23, 19 auf. Da steht ein alttestamentliches Gebot – ich glaube das kennen wir alle. Es ist keines der 10 Gebote, aber ich glaube das haben wir alle schon gehört und kennen das. Aber ich glaube nicht dass wir alle wissen wie es eigentlich gemeint war. Da steht am Schluss dieses Verses: ... du sollst ein Böckchen nicht in der Milch seiner Mutter kochen. Eines der 613 Einzelgebote des mosaischen Gesetzes. Habt ihr das schon einmal gemacht? Wahrscheinlich nicht – ist auch gar nicht unser Anliegen – wie kämen wir dazu? Aber was ist der Hintergrund dieses Gebotes? Warum verbietet Gott das seinem Volk Israel? War Israel in der Gefahr so etwas zu tun? Oh ja – warum? weil Israel umgeben war von den heidnischen Völkern, vor allem von den Kanaanitern und die hatten eine solche Unsitte – ein solches Gräuel. Das kam in der kanaanitischen Baalsreligion vor. Das war ein Fruchtbarkeitskult. Wenn da eine Ziege ihr Erstgeborenes geboren hatte, dann hat man das von der Mutter weggenommen, hat Milch von der Mutter genommen und dann das Böcklein in der Milch seiner Mutter gekocht und dann als Fruchtopfer den heidnischen Göttern geopfert Das sollte einen Fruchtbarkeitsritus darstellen und Fruchtbarkeit im Volk auslösen. Da gab es viele seltsame Riten in den heidnischen Völkern – das war eine davon. Und weil das die Kanaaniter gemacht haben, hat Gott seinem Volk Israel gesagt, so etwas sollt ihr nicht tun. Wir haben eine ganze Reihe Tierschutzgebote im Alten Testament. Und er sagt hier, das sollt ihr nicht tun – er verbietet das seinem Volk. Wann gab Gott dem Mose dieses Gebot? Grob gesagt, 1400 vor Christus haben sie dieses Gebot bekommen. Inzwischen sind wir bei den Sopherim – tausend Jahre später im Jahr 400 vor Christus. Gab es inzwischen noch Kanaaniter? Nein, die waren schon lange von der Landkarte verschwunden, waren aufgerieben und überhaupt kein Thema mehr. Und auch nicht ihre gräulichen heidnischen Sitten, die sie da hatten. Und so haben die Sopherim den Hauptgrund dieses Gebotes nicht gekannt. Das war nicht aktuell bei ihnen. Das war in Vergessenheit geraten, das wussten sie nicht, warum Gott damals dieses Gebot gegeben hatte. Und so stellten sie sich die Frage, als sie dieses Gebot studierten, als sie sich Gedanken darüber gemacht haben, wie können wir es halten, wie werden wir bewahrt, dass wir es ja nicht brechen? Da haben sie gefragt, wie können wir sicher sein, dass wir niemals ein Böcklein in der Milch seiner Mutter kochen? Dann sagten sie, wenn man ein Stück Fleisch isst – mittags vielleicht –und trinkt dazu ein Schlückchen Milch, dann besteht doch die Möglichkeit, dass diese Milch von der Mutter dieses Stück Fleisches gekommen ist. Und wenn man das dann zusammen verschluckt, dann wird es quasi im Magen verarbeitet, wie gekocht und dann hat man schon das Böcklein in der Milch seiner Mutter gekocht – und das Gebot übertreten. Wir müssen da lächeln, diese Gedanken sind uns fremd, aber es ist gut, wenn wir das einmal hören, wie die Juden denken, das ist jetzt erst der Anfang. Das geht gleich noch weiter, es wird sich noch steigern – dass wir denken und verstehen können, wie sie da hineingekommen sind – in diese Gesetzlichkeiten. Es hatte ursprünglich einen guten Ansatz, sie wollten Gottes Willen tun, haben sich dann aber verstiegen in Schutzklauseln und Zäunen. Also daraus haben sie dann ein Grundgesetz abgeleitet – man muss fleischige und milchige Nahrung völlig von einander trennen – Trennkost in dieser Weise. Und wo das dann in einer Küche praktiziert wird, da nennt man das dann koschere Küche. Bis zum heutigen Tag ist es unter den orthodoxen Juden in der ganzen Welt Sitte, fleischige und milchige Nahrung zu trennen. Es gibt liberale Juden, die scheren sich da überhaupt nicht darum, aber unter den orthodoxen ist das bis auf den heutigen Tag so der Fall. Und so gibt es Restaurants in Israel, da kann man nur milchig essen und andere, wo man nur fleischig essen kann. Es gab einmal in Jerusalem ein Restaurant, da konnte man beides essen, aber da war das Restaurant auf zwei Stockwerke verteilt. So wie wenn jetzt hier die Milchspeisen wären und oben drüber dann die Fleischspeisen. Da wurde genau geschaut, dass da keine Leute während dem Essen hinauf oder hinunter gehen – damit das ja getrennt ist. Die Sorge der Sopherim ging noch weiter. Sie sagten: stellen wir uns einmal vor, man hat zu Mittag milchig gegessen – Käse usw. Und auf dem Teller, den man benutzt hat, da ist jetzt noch ein Stückchen Käse darauf. Der Teller wird zwar gewaschen, aber man war nicht so gründlich beim Waschen und da ist doch noch ein Krümelchen Käse darauf. Und am Abend isst man fleischig. Und jetzt isst man von dem selben Teller Fleisch und da klebt noch ein Käsestückchen am Teller und zusammen verschluckt man das und so wird es im Magen gekocht. Und es könnte ja theoretisch sein, dass das Fleisch von dem Kind und der Käse von der Mutter stammt und so hat man wieder das Böcklein in der Milch seiner Mutter gekocht. Und so hat man ein zweites Gesetz abgeleitet, um auch das auszuschließen. Man muss zweierlei Geschirr benutzen. Geschirr für Milchprodukte, und Besteck und Geschirr für Fleischprodukte. Bis zum heutigen Tag haben alle orthodoxen Juden zwei verschiedene Geschirre im Schrank und zwei verschiedene Sorten Besteck. So ging das weiter und weiter und Hunderte und Tausende von neuen Geboten haben sich entwickelt. Wir haben ja jetzt nur mal dieses eine betrachtet – mit dem Böckchen und der Milch. Da stehen ja noch viele andere und zu denen wurden auch wieder solche Zusatzgesetze im Lauf der Jahrhunderte entwickelt. Die Sopherim haben gründliche Arbeit geleistet und zwar etwa 450 v. Chr. bis zum Jahr 30 v.Chr. Das ist die Zeit der Sopherim die das gemacht haben und sich manchmal ihr ganzes Leben damit beschäftigt haben um sicher zu gehen, dass ja nicht das Gesetz übertreten wird. Und dann kam nach den Sopherim eine zweite Schule, das waren die Tannaim. Tannaim, ein Mehrzahlwort – die Einzahl heißt Tanna und heißt auch Lehrer. Diese Tannaim beobachteten die Arbeit der Sopherim und sagten, ja die Sopherim haben das ja ganz gut gemacht, die haben da einen Zaun um das Gesetz gebaut, aber in diesem Zaun sind viel zu viel Löcher. Da können noch viel zu viele Leute durchschlüpfen, den Zaun müssen wir enger machen. Da müssen wir noch viel sorgfältiger sein, dass das Gesetz nicht übertreten wird. Und so haben sich die Tannaim daran gemacht und haben weiter Auslegungen geschrieben und weiter Gesetze hinzugefügt, damit die Löcher im Zaun gestopft werden.

Und ihr Prinzip war: ein Sopher kann anderer Meinung sein, wie ein anderer Sopher, aber nicht verschieden zur Thora. Und jetzt hatten die Tannaim das Prinzip, ein Tanna kann eine andere Meinung haben wie ein anderer Tanna, aber nicht wie ein Sopher. Versteht ihr was jetzt passiert? Sie haben nicht gesagt, ein Tanna kann eine andere Meinung haben wie ein anderer Tanna, aber Hauptsache er stimmt mit der Thora überein. Sie haben gesagt, Hauptsache er stimmt mit dem Sopher überein – mit der Zwischenstufe. Und so haben sie sich von dem Wort Gottes entfernt. Das würde heute bedeuten, entschuldigt wenn ich das jetzt so sage, wenn ein Katholik heute sagen würde, ich als Katholik darf eine andere Meinung haben wie ein anderer Katholik, aber Hauptsache wir glauben das gleiche wie unser Priester. Statt zu sagen, Hauptsache wir stimmen mit dem Wort Gottes überein, sondern Hauptsache wir stimmen überein mit der Zwischenstufe. Und die Zwischenstufe waren hier die Sopherim. Und das war verhängnisvoll - dieses Prinzip der Tannaim. Hier nimmt das ganze eine wirklich negative, verhängnisvolle Richtung an. Schon vorher war das nicht ganz rein, was die Sopherim gemacht haben, aber jetzt stürzt das ganz arg negativ ab. Der Bezugspunkt war nicht mehr das Wort Gottes, sondern eine zuvor erstellte Menschenmeinung über das Wort Gottes. So wurden neue Gesetze abgeleitet, die dann in der Praxis gleichbedeutend mit der Schrift waren - manchmal noch wichtiger als die Schrift. Aber damit noch nicht genug, die Tannaim haben eine verhängnisvolle Lehre entwickelt, an die bis heute noch alle orthodoxen Juden glauben. Sie lehren nämlich, Mose habe am Berg Sinai nicht nur ein Gesetz von Gott empfangen – dieses mit den 613 Geboten, sondern er habe dort zwei Gesetze empfangen. Ein schriftliches, das er niedergeschrieben hat, die 613 und dazu noch ein mündliches Gesetz das er nicht niedergeschrieben hätte, sondern das er sich eingeprägt hätte, was er memoriert hat, und was Mose dann weitergegeben hätte an Josua und Josua an die Richter und die Richter an die Propheten und die Propheten an die Sopherim und die Sopherim an die Tannaim. So haben sie das legalisiert, was sie gemacht haben, und haben gesagt, das was wir jetzt hier langsam schriftlich zu Papier bringen, das ist nichts anderes als die von Mose weitergegebene mündliche Lehre, das mündliche Gesetz. So haben sie das nachträglich legalisiert, indem sie gesagt haben, das ist nicht unsere Erfindung, das ist Moses mündliches Gesetz das wir jetzt hier haben. Und deswegen haben sie dem einen so hohen Anspruch gegeben und haben gesagt, das ist gleichbedeutend mit dem Schriftlichen – das kommt auch von Mose. Und das war natürlich ganz verhängnisvoll. Die Sopherim haben die Gesetze ausgelegt aber nicht weiterentwickelt! Sie haben sie zunächst einfach gehalten. Aber die Tannaim haben die Gesetze weiterentwickelt und noch verschärft. Und diese Tannaim lehrten von 30 v. Chr. bis 220 nach Chr. Das ist wichtig für uns zu wissen. Als unser Herr Jesus in Israel lebte und wirkte und Begegnungen mit den Juden, Pharisäern und Schriftgelehrten hatte, das war das Zeitalter der Tannaim. Und Paulus war ein Tannaim. Er war vor seiner Bekehrung ein Gesetzesgelehrter zu Füßen von Gamaliel. Man kann das auch an einem Ausdruck im Galaterbrief erkennen, aber das würde jetzt zu weit führen. Aber es ist ganz sicher, Paulus war in dieser Zeit in der Schule der Tannaim. Und dann kam nach den Tannaim noch eine dritte Schule von Rabbinern und die hießen Amoraim. Amoraim ist auch ein Pluralwort und kommt von Amora. Das ist ein aramäisches Wort, also ein syrisches Wort und das heißt ebenfalls Lehrer. Und so wurde diese dritte Schule Amoraim genannt – auch wieder Lehrer, Schriftgelehrte, Rabbiner – das meint immer alles das selbe, das sind jüdische Theologen. Und sie schauten auf die Lehre von den Tannaim und sagten, na, ihr lieben Tannaim, ihr habt ja euch ja viel Mühe gegeben, aber da sind noch viel zu viele Löcher im Gesetz. Durch euren Zaun schlüpfen noch viel zu viele Leute durch – den müsst ihr noch viel enger machen. Diesen Ansatz kennen wir jetzt schon, und so wurde ein dritter Zaun um das Gesetz gebaut, um das eigentliche, von Gott gegebene Gesetz – inzwischen vielleicht nicht mehr nur aus der heiligen Sorge, dass kein Gericht Gottes in Form einer babylonischen Gefangenschaft kommt. Die war inzwischen schon lange passe´, denn inzwischen waren schon die Römer im Land und sie waren besetzt und dominiert von den Römern. Ich glaube nicht dass sie Sorge hatten, von den Römern deportiert zu werden, denn das war nicht die Politik der Römer. Die Römer haben besetzt und okkupiert. Aber trotzdem haben sie einen weiteren Zaun um das Gesetz gezogen. Und die Amoraim haben an diesem Zaun Jahrhunderte weitergearbeitet, bis ins 16. Jahrhundert nach Christus, indem weitere Auslegungen, Regeln und Bestimmungen dem Gesetz hinzugefügt wurden. Wir werden gleich sehen was das für einen Umfang angenommen hat. Aber zunächst fragen wir, was hatten sie für ein Prinzip? Wir können schon ihren Grundsatz bei ihrer Arbeit ahnen. Sie sagten, ein Amora kann eine andere Meinung haben, wie ein anderer Amora, aber Hauptsache er stimmt mit einem Tanna überein. Wieder das selbe wie vorher. Sie kamen überhaupt nicht mehr auf die Idee zu sagen, Hauptsache wir stimmen mit dem Wort Gottes überein, mit dem mosaischen Gesetz, mit dem AT. Das war schon in weite Ferne gerückt – Hauptsache, wir stimmen überein mit dem Tanna. Denn das hatten sie in den Händen – die vielen Regeln der Tanna und die haben sie noch weiterverarbeitet. Denn da gab es vielleicht noch scheinbare Widersprüche und Ungereimtheiten. Und daran haben sie gearbeitet. Und so ging das immer weiter und es wurde immer unübersichtlicher – wie manche Steuergesetze in Deutschland. Was die Sopherim und die Tannaim zusammengestellt haben, das wird mit einem gut bekannten Ausdruck benannt – die Mischnah. Das ist das Ergebnis der Sopherim und der Tannaim. Die Mischnah hat 1500 Seiten. Ich habe hier einen Teil der Mischnah in hebräisch, mit teilweise deutschen Erklärungen dazu von der UNI Heidelberg. Und ich lese euch mal als Beispiel einen kleinen Abschnitt aus der Mischnah vor. In diesem Buch geht es nur darum, wie Passah gefeiert werden soll. Da gibt es ja einige Aussagen im AT und ihr seht was daraus geworden ist, und hier geht es um die richtigen Passahregeln. Da heißt es z.B. hier: wer das Passah schlachtet zu gesäuerten, der übertritt ein – du sollst nicht tun. Rabbi Juda sagte, das gilt auch für das Tamit, Rabbi Simon sagte, wer das Passah am vierzehnten für seine Bestimmung zu gesäuertem geschlachtet hat, der ist schuldig. Aber nicht für seine Bestimmung, dann ist er frei. Und was all die übrigen Opfer betrifft, sowohl für ihre Bestimmung als auch für ihre Nichtbestimmung, so ist er frei und am Halbfest für seine Bestimmung, so ist er frei und nicht für seine Bestimmung, so ist er schuldig. Also, macht er es so, dann ist er frei, macht er es so, dann ist er schuldig. Was all die übrigen Schlachtopfer betrifft, sowohl für ihre Bestimmung, als auch nicht für ihre Bestimmung, so ist er schuldig, ausgenommen das Sündopfer, das er nicht für seine Bestimmung geschlachtet hat.

Und so geht das weiter – schuldig, nicht schuldig, schuldig, nicht schuldig. Macht er sie, macht er es an dem Tag, macht er es so – alles festgelegt in der Mischnah. 1500 Seiten – das nennen wir Mischnah. Und was die Amoraim zusammengestellt haben, das nennt man Gemorah, das ist ein Ausdruck, der kommt seltener vor. Das hat heute einen Umfang, so groß wie die Enzyklopedie Britaannica – das kann ich mit meinen Armen nicht umfassen. Dies weil fast 1000 Jahre daran gearbeitet wurde. Und diese beiden zusammen – jetzt kommt wieder ein bekannter Ausdruck – das nennt man Talmud. Der Talmud ist also ein Riesenwerk bestehend aus der Mischnah und der Gemorah. Die ganze Arbeit dieser jüdischen Gelehrten über fast 2000 Jahre, das ist der Talmud. Wenn wir also jetzt das neue Testament lesen, wenn wir studieren, dann sollten wir im Hinterkopf haben, wir brauchen uns um die Gemorah überhaupt nicht kümmern. Die hat mit dem NT nichts zu tun, die kommt da nicht vor, weil sie ja erst nach 220 n. Chr. begonnen wurde. Aber wir haben im neuen Testament mit der Mischnah zu tun, mit der jüdischen Mischnah. Und nach der pharisäischen Theologie würde der Messias, den Israel erwartete natürlich ein Pharisäer sein, ein gesetzestreuer Jude, der sich ganz an die Gesetze der Mischnah hält. Die Pharisäer warteten auf einen Messias, auf einen Erlöser, auf einen Juden der ganz gesetzestreu sein würde, das heißt, der sich auch an die 1500 Seiten der Mischnah halten würde. Die waren vielleicht damals noch nicht ganz komplett, aber auf jeden Fall an das bis dahin bekannte Werk müsste sich der Messias halten. Er würde an die Mischnah glauben und an ihre Gesetze und er würde sich unter ihre Autorität unterordnen. So erwarteten sie den Messias.

So, nun kommt Jesus Christus von Nazareth und tut Zeichen und Wunder und die Menschen sagen, er ist der Messias. Und was interessiert die Pharisäer am meisten? Ordnet er sich unter die Mischnah unter? Ist er wirklich ein ganz Gesetzestreuer? Einer der es so genau nimmt wie wir, der sich an alle Gebot der Mischnah hält? Das hat sie interessiert. Wenn er das nicht tut, kann er unmöglich der Messias sein. Also im NT kommt das Wort Mischnah zwar nicht vor, aber die Sache selbst schon. Sie wird im NT anders genannt. Kann jemand sich denken, welche Ausdrücke wir in den Evangelien haben, die auf die Mischnah zurückgehen? Die Überlieferung der Väter", oder die Tradition der Väter", bei Luther heißt es die Aufsätze der Ältesten". Das alles meint die Mischnah – die Gesetze welche von den Sopherim und Tannaim noch hinzugefügt waren zu den 613 einzelnen Geboten. Unter den Mischnahgesetzen war natürlich auch das Fasten. Das Fasten kommt ja im AT bei den 613 vor, also haben sich die Gelehrten auch mit dem Fasten beschäftigt. Und das Fasten hat es ihnen besonders angetan, den Juden. Das war eines der wichtigsten Gebote, dazu hatten sie ganz viele Regeln. Z.B war es üblich, dass die orthodoxen Juden 2 mal in der Woche fasteten, nämlich an einem Montag und an einem Donnerstag. Der Pharisäer im Tempel - der Pharisäer und Zöllner – der in den Tempel kommt sagt, ich faste 2 mal in der Woche, d.h. ich bin ein Tannaim, ein ganz Gesetzestreuer, ich halte mich an die Mischnah. Gott du musst doch mit mir zufrieden sein. Nun wollen wir einmal ins NT gehen und so einen richtigen Konflikt oder Zusammenprall studieren, wo jetzt die Erwartungshaltung der Pharisäer, der Rabbiner, der jüd. Theologen der damaligen Zeit mit Jesus und seinem Erscheinungsbild aufeinander prallten. Lukas 5, 33-39 ... sie aber sprachen zu ihm, warum fasten die Jünger des Johannes oft und verrichten Gebete, ebenso auch die der Pharisäer, die deinen aber essen und trinken? Die Jünger des Johannes haben sich an die Mischnah gehalten, die haben oft gefastet – 2 mal in der Woche und mehr. Und die Pharisäer taten das auch. Aber die Jünger Jesu haben sich nicht daran gehalten. Das ist aufgefallen und jetzt stellen sie die Frage, warum halten sich deine Jünger nicht an die Mischnah? Und jetzt kommt eine Antwort Jesu die von vorneherein an Deutlichkeit nichts übrig lässt – schon hier bei der ersten Begegnung macht er alles klar. Vers 34,35 gibt Jesus eine vierfache Antwort. Ihr könnt doch nicht die Hochzeitsgäste fasten lassen, während der Bräutigam bei ihnen ist. Jesus sagt, man kommt doch nicht zu einer Hochzeit zum Fasten, sondern zum Feiern. Und er will damit sagen, jetzt ist Hochzeit – der Bräutigam, der Messias ist da und jetzt ist keine Zeit zum Fasten. Jetzt ist Grund zum Feiern. Und wenn wir die Evangelien anschauen, merken wir, dass wir in der gesamten Zeit der öffentlichen Wirksamkeit kein Hinweis darauf haben, dass Jesus in dieser Zeit gefastet hätte. Jesus hat viel gebetet aber er hat vor seiner öffentlichen Wirksamkeit 40 Tage in der Wüste gefastet. Danach haben wir keinen Hinweis darauf, dass er gefastet hätte. Das war Bräutigamzeit, Zeit des Feierns – Jesus war da, er hat während der Zeit der öffentlichen Wirksamkeit nicht gefastet und seine Jünger auch nicht. Dann Vers 36, geht Jesus weiter und sagt, es werden Tage kommen und dann, wenn der Bräutigam von ihnen weggenommen sein wird, in jenen Tagen werden sie fasten. Ich glaube, als unser Herr gestorben war – am Kreuz, am Karfreitag und weggenommen wurde von ihnen, glaube ich nicht, dass sie da groß gefeiert haben. Da war Fastenzeit, da haben sie um ihn getrauert. Dann als er auferstanden war und sich als der Lebendige gezeigt hatte, da war das auch wieder vorbei. Später im NT finden wir das Fasten in einem anderen Zusammenhang, eben als Dienst- und Konzentrationsfasten. Jetzt Jesu zweites Argument – das erste, jetzt ist Hochzeit, keine Fastenzeit und damit will er sagen, ich bin der Messias – Vers 36 ein Gleichnis zu ihnen. Niemand schneidet einen Flicken von einem neuen Kleid und setzt ihn auf ein altes Kleid, sonst wird er sowohl das neue zerschneiden, wie auch der Flicken vom neuen zum alten nicht passen wird. Das ist ein verständliches Bild für uns, man nimmt nicht ein neues Stück Stoff, um ein Loch in einem alten Kleid zu flicken. Was würde da passieren? Ein altes Kleid ist schon oft gewaschen worden und ist schon maximal eingeschrumpft. Und wenn da jetzt ein Loch drinnen ist und ich neuen Stoff darauf nähe und das Kleid wieder wasche, dann schrumpft der neue zusammen und zerreißt damit das alte Kleid. Und damit will Jesus den Pharisäern etwas sagen und hier haben wir ein Gleichnis. Das ist etwas schwieriger, als eine direkte Aussage. Wenn wir jetzt einen Bibelgesprächskreis hätten, dann wäre ich sehr gespannt darauf, wie ihr das deuten würdet, was Jesus hier sagen will. Jesus will hier deutlich machen, ich bin nicht gekommen um die Löcher zu stopfen. Die Löcher in eurem Zaun, wo ihr meint, dass immer noch Löcher da sind, dass ihr immer noch stopfen müsst an eurer Mischnah. Dazu bin ich nicht gekommen. Der Hintergrund ist, die Löcher des Gesetzes, die sie wähnten. Jesus sagt, in diese Linie stelle ich mich nicht mit euch – da mach ich nicht mit. Das Gesetz ist gut so und braucht keine weiteren Umzäunungen. Dann Vers 37 und 38 ein weiteres Gleichnis er sagt und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche, sonst wird der neue Wein die Schläuche zerreißen und er selbst wird verschüttet werden und die Schläuche werden verderben. Sondern neuen Wein füllt man in neue Schläuche. Uns ist das vertraut, dass das kein Mensch macht, aber was wollte Jesus jetzt hier den Pharisäern entgegen halten, die brennend interessiert waren zu seiner Stellung zur Mischnah? Darauf bezieht sich seine Antwort in dieser Aussage. Jesus sagt, niemand tut neuen Wein in einen alten Schlauch. Ein alter Schlauch ist maximal ausgedehnt. Neuer Wein hat erst begonnen zu gären, neuer Wein dehnt sich noch aus. Und wenn man den in einen alten Schlauch hinein tut der schon maximal gedehnt ist, dann zerreißt´s ihn. Neuer Wein passt in neue Schläuche, denn dann dehnt sich der Wein und der Schlauch, das geht. Was will Jesus mit diesem Bild sagen er bringt das hier direkt aufeinander? Er will sagen, Leute ich bin nicht gekommen, um meine Lehre in eure pharisäische Form hinein zu tun. In eure Form von Sopherim und Tannaim und Mischnah usw. Diese Form ist brüchig, die hält das nicht aus und würde zerreißen und das würde nicht zusammenpassen. Ich bringe eine neue Lehre, die passt nicht in euer System – dass will Jesus hier deutlich machen. Ich glaube seine damaligen Zuhörer, die Rabbiner und Pharisäer haben ihn verstanden, die wussten was er meint.

Und dann sagt Jesus noch ein viertes in Vers 39, und niemand will, wenn er alten getrunken hat, neuen, denn er sagt, der alte ist milder. Hier sagt Jesus schon voraus, dass die Pharisäer das neue, den neuen Wein den Jesus bringt, die Botschaft des Evangeliums verachten werden und am alten Wein des Gesetzes festhalten werden. Das ist interessant, der alte ist milder – die Botschaft des Gesetzes geht uns leichter und flüssiger hinunter, als das Evangelium. Denn das Gesetz passt zu unserem Wesen – wenn da irgend so ein Zarathustra kommt und so ein anderer Gesetzeslehrer kommt, der sagt, du sollst und du musst und mach das, bring das, opfere das, das entspricht unserem alten Wesen mehr, als wenn Jesus mit der Botschaft der Gnade kommt. Wir gehen noch ein Stückchen weiter im Lukasevangelium. Wir haben jetzt die erste Konfrontation gesehen, Jesus und die Pharisäer. Es geht um die Frage, wie steht Jesus zur Mischnah – wird er sich unter die Autorität der Mischnah beugen oder nicht? Und Jesus hat es nicht getan. Jesus hat sich voll und ganz zur Heiligen Schrift, zum AT zum Gesetz und den Propheten gestellt. Er hat oft gesagt es steht geschrieben und dann zitiert er die Mosebücher, die Propheten und Psalmen, aber Jesus zitiert nie aus der Mischnah. Er zitiert nie aus den jüdischen Schriften, er zitiert das Wort Gottes. Und das hat er dem Satan entgegengehalten bei der Versuchung in der Wüste, nicht irgendwelche hinzugefügten Menschenweisheiten aus der Mischnah. Gehen wir noch einen Schritt weiter in Kap. 6 in Lk. gleich anschließend, dass ist ein Zusammenhang, da ist bei uns eine Kapiteltrennung dazwischen, aber das bedeutet ja nichts. Hier geht es jetzt um ein anderes großen Gebot, was zur Zeit Jesu ganz oben stand. Man kann sagen, zwei Gebote überragten alle andern. Das eine war das Fastengebot, und das andere war das Sabbatgebot. Die beiden hatten ein solches Schwergewicht bekommen, dass sich fast alles darum drehte. Dass man ja genug fastete und am Sabbat nichts machen würde, was nicht erlaubt war. So hatte sich das entwickelt bis zur Zeit Jesu hin. Im AT gibt es das Sabbatgebot, du sollst den Ruhetag heiligen. Aus diesem einen Gebot hatten die Pharisäer, die Sopherim und die Tannaim inzwischen 1500 weitere Gebote abgeleitet, daran gehängt, Zäune drum herum gebaut, dass ja niemand das Sabbatgebot übertritt. Und so wurde das Sabbatgebot nach und nach das wichtigste der Gebote des ganzen Gesetzes. Nicht mehr, ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir, oder, du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit deiner ganzen Kraft. Das war in den Hintergrund gerückt, im Vordergrund stand, ja den Sabbat halten und ja genug fasten. Zum Beispiel lehrten die Rabbiner über den Sabbat, Gott schuf Israel nur zu dem Zweck den Sabbat zu halten. Das Volk Israel ist nur geschaffen um den Sabbat zu halten – das war rabbinische Lehre. Im Denken der Pharisäer wurde der Sabbat sogar zu einer Person, nämlich zur Königin und zur Braut. Das kommt im Schriftgut vor, da wird der Sabbat gerade zu wie eine Person angesprochen. Er wird als du angeredet und wie eine Königin oder Braut angeredet. Wir lesen Lukas 6, 1 und es geschah am Sabbat, dass er durch die Saaten ging und seine Jünger die Ähren abpflücken und aßen, indem sie sie mit den Händen zerrieben. Und das haben einige der Pharisäer mitgekriegt. Einige der Pharisäer aber sprachen zu ihm, warum tut ihr, was am Sabbat nicht zu tun erlaubt ist? Nach Sicht der Pharisäer hatten hier die Jünger gleich vier, der 1500 Sabbatgebote übertreten. Was waren das für vier Sabbat-Gebote die sie übertreten haben? 1. hatten sie ausgerauft, dass heißt sie hatten Ähren vom Halm getrennt, so waren sie schuldig – sie hatten geerntet. 2. hatten sie die Körner in der Hand gerieben und somit Korn und Spreu getrennt, somit waren sie schuldig – sie haben gedroschen. 3. haben sie dann die Spreu von der Hand weggeblasen und die Körner sind übrig geblieben, somit waren sie schuldig – am Reinigen. Sie haben die Spreu vom Weizen getrennt. und 4. haben sie die Körner hinunter Geschluckt in ihrem Bauch – und somit haben sie die Ernte gelagert. Das war die Deutung, wodurch sie das Sabbatgebot gleich vierfach übertreten haben. Wahrscheinlich sind sie auch mehr als 1000 Schritte gegangen. Aber jetzt einmal nur das was in dem Kornfeld passierte. Hier sehen wir, wie extrem die Pharisäer inzwischen schon geworden waren und wo dieser Weg zwangsläufig hinführen musste. Jesus Christus gibt auf diese Anklage eine sechsfache Antwort. Vers 3 und 4, Jesus antwortete – jetzt können wir wieder die Weisheit unseres Herrn betrachten, denn es ist großartig, wenn wir ihn beobachten. Er der nicht alle Mischnah- Gesetze studiert hatte, aber er hatte viel im AT studiert – habt ihr auch dieses nicht gelesen, was David tat, als ihm und die bei ihm waren, hungerte? Wie er in das Haus Gottes ging und die Schaubrote nahm und aß und auch denen gab, die bei ihm waren, die doch außer der Priester niemand essen darf? Also Jesus antwortet gleich mit der Schrift, dem AT, 1. Samuel 21, 2-7, wo das beschrieben ist, wo David ein mal in einer Notsituation Schaubrote gegessen hat aus der Stiftshütte. Und das entgegnet Jesus hier. Mose hatte nie gesagt, dass ein Priester ein Schaubrot nicht an einen Nichtleviten weitergeben dürfte. Aber die pharisäischen Gesetze sagen das. Und die waren ja nach ihrer Meinung auch von Mose, nur mündlich überliefert worden, über Josua, die Richter, die Propheten zu den Sopherim und Tannaim. Und David wurde für seine Haltung nicht bestraft. Es steht nirgends, dass David bestraft wurde, weil er die Schaubrote gegessen hatte. Und somit folgert Jesus, wenn David die mündlichen Gesetze brechen konnte, ohne bestraft zu werden, dann kann es Davids größerer Sohn, Jesus der Messias erst recht tun. Das zeigt er hier. Hier steht jemand vor euch – noch größer als David. Und er sagt damit indirekt, ich bin der Messias. Dann eine zweite Antwort, da müssen wir nach Matthäus 12 gehen, da ist die gleiche Geschichte, nur wird uns da noch weitere Information gegeben, noch ausführlicher. Matthäus 12, 5 oder habt ihr nicht in dem Gesetz gelesen, dass am Sabbat die Priester in dem Tempel den Sabbat entheiligen und doch schuldlos sind? Ich sage euch aber, größeres als der Tempel ist hier. Wieder bezieht er sich auf das alte Testament – auf das geschriebene Wort Gottes, auf die 5 Bücher Mose, wo von den Opfergesetzen die Rede ist. Und Jesus sagt hier, ihr wisst doch, dass im Tempel Tag für Tag von den Priestern gearbeitet wird und am Sabbat auch. Und am Sabbat wurde im Tempel die doppelte Arbeit geleistet, weil die doppelte Anzahl von Opfern gebracht werden muss. Die Priester müssen am Sabbat arbeiten, die doppelte Menge und ihr seht, Mose hat Ausnahmen in dem Gesetz gemacht. Und wenn die Priester am Sabbat im Tempel arbeiten dürfen, wie viel mehr darf das der Sohn Gottes. Denn hier steht, größeres als der Tempel ist hier. Wieder zeigt er ihnen, seht ihr denn nicht wen ihr vor euch habt? Dann in Vers 6, wenn ihr aber erkannt hättet was das heißt, ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer – hier zitiert er den Propheten Hosea, merken wir wo Jesus seine Wurzeln hat und seine Autorität ist, worauf er sich beruft? Keine Mischnah Gesetze, sondern nur das Wort Gottes und Hosea, ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer – so würdet ihr die Schuldlosen nicht verurteilt haben. Denn der Sohn des Menschen ist der Herr des Sabbats. Also Jesus zitiert Hosea und sagt, Werke der Barmherzigkeit dürfen am Sabbat getan werden. Krankenschwestern, Ärzte – Werke der Barmherzigkeit, das ist in Ordnung, damals und auch heute. Und notwendige Taten sind auch erlaubt. Essen ist notwendig, wir brauchen nicht fasten an einem Sabbat und die Juden damals brauchten es auch nicht. Jesus sagt, notwendige Dinge und Werke der Barmherzigkeit sind in Ordnung. Und dann sagt er, der Sohn des Menschen ist Herr des Sabbats- Vers 8. Jesus ist der Herr des Sabbats, er konnte erlauben, was sie verbieten und er konnte verbieten, was sie erlauben. und damit erklärt er ihnen auch ganz klar, ich bin der Messias. Wer anders könnte sonst eine solche Aussage machen? Und noch ein letztes Argument von Jesus erfahren wie im Markusevangelium in diesem Zusammenhang. Markus 2, 27 da sehen wir, wie die Schrift sich wunderbar ergänzt. Hier wird noch berichtet, dass er in dieser Auseinandersetzung erwähnt hat, der Sabbat ist um des Menschen Willen geschaffen worden und nicht der Mensch um des Sabbats Willen. Was lehrten die Juden, die Pharisäer, die Rabbiner? Israel ist für den Sabbat geschaffen worden, den Sabbat zu halten. Was sagt der Herr Jesus? Der Sabbat ist um des Menschen Willen geschaffen worden, nicht der Mensch um des Sabbats Willen! Ihr habt es auf den Kopf gedreht. Die Absicht Gottes war, Israel zu erfrischen durch den Sabbat und nicht zum Sklaven zu machen – einer Sabbatgesetzlichkeit. Und ihr wisst, dass es eine Gruppe bis zum heutigen Tag gibt, die Menschen an diesem Punkt wirklich versklaven, mit Sabbatgesetzlichkeit. Und ich scheue mich nicht das offen zu sagen, das sind die Sieben Tags Adventisten. Sie machen nichts anderes, als die Juden damals, sie versklaven Menschen mit Sabbatgesetzlichkeit – was überhaupt nichts mit dem NT zu tun hat. Vielleicht tun es nicht alle von ihnen, aber die Richtung, die Glaubensgemeinschaft der Sieben Tags Adventisten ihre Literatur, ihre Lehren gehen ganz klar in diese Richtung. Da sehen wir, wie sich die Juden verrannt hatten, in dieser Sackgasse und sie versuchten zwar jetzt diese vielen Gebote, diesen ganzen Zaungesetze noch zu halten, aber gleichzeitig war bei der ganzen Geschichte viel Heuchelei dabei, das wissen wir – die konnten ja das alles gar nicht halten. Und so haben sie sich auch noch doppelte Böden geschaffen, wo sie entwischen konnten – Notausgänge usw., ich bringe noch einmal das Beispiel, ich habe es schon einmal erwähnt, mit dem Sabbatgebot, dass man eben nur 1000 Schritte gehen durfte, auf Land, am Sabbat, aber auf dem Wasser durfte man sich fortbewegen so weit man wollte. Man konnte ja nicht das Schiff anhalten am Sabbat, wenn man auf hohem Meer war und deswegen durfte man auf Wasser gehen so weit man wollte. Also was haben sie gemacht, sie haben einfach am Sabbat einen Wassersack unter ihren Sattel gelegt, und dann sind sie Kilometerweit geritten und haben das Sabbatgebot ausgetrickst. Das haben sie gleich mitgeliefert, Ausführungsbestimmungen, wie man das doch wieder deichseln konnte, dass man da zurecht kam. Mir ist heute beim Nachdenken darüber wirklich klar geworden, Gesetzlichkeit und Heuchelei liegen oft ganz dicht nebeneinander. Weil der gesetzliche Mensch Gesetze erfüllen will und doch merkt, er kann es nicht. Bei aller Anstrengung kann er es doch nicht vollkommen erfüllen und das treibt ihn in die Heuchelei. Vor anderen muss er dann so tun als ob er sie erfüllen würde und da ist Heuchelei immer mit auf dem Plan. Da muss man dann vor anderen vorspielen, dass man es erfüllen kann, und kann es doch nicht. Und so wollen wir jetzt aus dem was wir gehört haben, wie diese ganze Sache sich entwickelt hat, über die Sopherim zu den Tannaim und Amoraim, wie aus dem guten Gesetz Gottes noch solche Menschengebote außen herum gebaut wurden, dass es am Schluss unüberschaubar war. Wir wollen daraus lernen. Wir wollen daraus für uns Ergebnisse ziehen, dass wir Gottes Wort höher achten, als alle Menschensatzungen. Und dass wir uns hüten, Menschensatzungen hinzuzufügen, weder als Heilsweg, noch als Heiligungsweg. Ich muss das erklären. Als Heilsweg, dass würde bedeuten, wenn irgend welche menschliche Vorschriften hinzugefügt werden, ohne die man nicht in den Himmel kommen kann. Dann bedeutet das, dass man diese Dinge zum Heilsweg macht. Zum Weg der Rettung. Und wie oft ist das geschehen in den letzten 2000 Jahren? Gesetzlichkeit in dieser Form, dass noch menschliche Gebote und Satzungen hinzugefügt wurden, zu der klaren Lehre der Schrift, des Evangeliums. Man hat das vermengt miteinander, und hat Dinge zum Heilsweg gemacht, die das NT nicht lehrt. Wenn z.B. die Sieben Tags Adventisten lehren, in ihrer Ursprungsliteratur, man muss an Jesus glauben und den Sabbat halten, ohne Sabbat halten, kann man nicht in dem Himmel kommen, dann ist da so ein Weg, über den Paulus sagen würde, verflucht - In Galater 1, 8-9. Da sagt er, wenn ein Engel vom Himmel kommen würde, und ein anderes Evangelium bringen würde, als ich es verkündigt habe, der sei verflucht. Und ein Paulus würde über dieses Evangelium der Sieben Tages Adventisten sagen, verflucht – da werden Dinge hinzugefügt, zu der Gnade allein. Das ist nicht die Botschaft von der Gnade was die Adventisten lehren, wenn sie sagen, Jesus und den Sabbat halten. Das Gesetz ist nicht Heilsweg, es ist auch nicht Heiligungsweg. Durch Halten von solchen hinzugefügten Dingen kommen wir auch nicht in der Heiligung weiter, werden wir nicht frommer, werden wir auch nicht in Gottes Augen angenehmer. Das Gesetz ist nicht Heiligungsweg, sondern lasst uns doch erkennen, Jesus Christus allein ist unser Heil, und er allein ist auch unsere Heiligung. In 1. Korinther 1, 30 steht, er ist uns von Gott gemacht zur Weisheit, zu Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung. Nicht das Gesetz ist unsere Heiligung, sondern Jesus ist unsere Heiligung. Im Hebräer 10, 14 steht, mit einem Opfer hat er für immer vollendet, die geheiligt werden. In seinem Opfer sind wir geheilt, gerettet und auch geheiligt. Er ist unsere Heiligung, nicht das Gesetz. Das Gesetz ist nicht heiligungsfähig. Christus ist unsere Heiligung, er ist unsere Lebensregel. Auf ihn wollen wir schauen. An ihm wollen wir uns ausrichten. In diesem Zusammenhang fiel mir vorhin noch ein, als wir das Lied gesungen haben, Jesus dir nach weil du rufst, wir haben von Nachfolge gesprochen.

Die Briefe des NT sprechen nie mehr von Nachfolge. In den Evangelien, als Jesus hier als Mensch auf dieser Erde war, da ist von Nachfolge die Rede, denn da konnte man ihm im buchstäblichen Sinn nachfolgen, mit ihm gehen, wie es die Jünger getan haben. In den Briefen ist nie wieder von Nachfolge die Rede, da ist die Rede von Nachahmen. Wir sollten Nachahmer Christi sein. Das könnt ihr in allen Briefen des NT nachschauen, da werdet ihr das Wort Nachfolge nicht mehr finden. Aber Nachahmen – im griechischen mimetes, sollen wir sein. Mimen, das Wort kennen wir heute im Theater, aber das ist kein Theater, sondern das ist etwas gutes, wenn wir Jesus Christus nachahmen. In dieser Weise sind wir dann seine Nachfolger. Wir haben keinen menschlichen Guru mehr, dem wir hinterherlaufen, wir haben einen auferstandenen Herren, den wir nachahmen, der unser Erlöser ist, aber auch das größte und beste Vorbild, das es für alle Bereiche gibt. Ich möchte schließen mit einem Zitat aus diesem ausgezeichneten Buch, dass wir oft empfohlen haben. William MacDonald, Kommentar zum NT Band 2, da hat William MacDonald den Galaterbrief ausgelegt und dann bringt er am Ende des Galaterbriefes einen Exkurs über Gesetzlichkeit. Hier heißt es: Gesetzlichkeit ist ein so wichtiger Teil des Christentums geworden, dass die Menschen der Ansicht sind, sie gehört dazu. Ja die Gesetzeslehrer sind immer noch unter uns – wie sollen wir sonst all die Pastoren und Gemeindeleiter nennen, die z.B. lehren, dass Konfirmation oder Taufe oder Gemeindemitgliedschaften notwendig für die Erlösung seien, dass das Gesetz eine Lebensregel für die Gläubigen sei und dass wir durch den Glauben gerettet sind, doch durch die Werke im Glauben gehalten werden müssen. Was anderes ist das, als jüdisches Gedankengut im Christentum, wenn wir aufgefordert werden, eine von Menschen ernannte Priesterschaft zu akzeptieren, die eine besondere Kleidung hat und Gebäude kennt mit ihren steinernen Altären und ihren ausufernden Ritualen nachgebildet sind? Und ein Kirchenjahr, das nach Festen und Fastenzeiten aufgeteilt ist? William MacDonald nennt das Gesetzlichkeit, weil das NT davon nichts sagt. Weil das von Menschen hinzugefügt ist. Und dann schließt er diesen Exkurs mit folgenden Sätzen: möge jedem von Gott die Weisheit gegeben werden, die schlimme Lehre der Gesetzlichkeit in jeder Form aufzudecken in der sie auftreten mag. Mögen wir niemals versuchen, Rechtfertigung – gerecht werden aus Glauben, aus Gnade – oder Heiligung durch Zeremonien oder menschliche Bemühungen zu erlangen, sondern völlig und ausschließlich in allen Angelegenheiten, vom Herrn Jesus Christus abhängig sein. Mögen wir uns immer daran erinnern, dass Gesetzlichkeit Gott beleidigt, weil sie einen Schatten für wichtiger hält als die Realität, indem sie Zeremonien und menschliche Gebote über Christus stellt. Das finde ich ganz großartig, wie er das hier heraus arbeitet und uns mahnend ans Herz legt. Wollen wir uns durchaus auch prüfen, wo noch Gesetzlichkeit in unserem Leben ist – so wie wir es heute Abend definiert haben, vom AT her. Ich glaube, Reste sind bei jedem von uns noch vorhanden – vielleicht bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Aber lasst uns auch da wachsam sein, dass wir die Dinge im Lauf unserer Lebensgemeinschaft mit dem Herrn.