Einleitung und thematische Einordnung
Warum dürfen wir Sünde bei den Geschwistern nicht einfach ignorieren? Fünf theologische Gründe, die dich im Glauben wachsen lassen – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um die Liebe zu den Verlorenen. Wieder einmal sind wir am Ende einer Podcast-Reihe angekommen: Sünde in der Gemeinde ansprechen. Definitiv kein einfaches Thema. Danke, dass ihr dran geblieben seid.
Nächste Woche geht es wieder normal weiter mit Jesu Leben und Lehre, und ihr dürft euch auf Nikodemus freuen. Aber heute wollen wir einen fünften Grund betrachten, warum es wichtig und richtig ist, Sünde in der Gemeinde anzusprechen.
Umgang mit biblischen Aussagen zum Richten
Aber bevor wir das tun, noch ein Einwand, der sich so anhört: Jürgen, es gibt doch noch mehr Stellen, die sagen, dass wir nicht richten sollen. Und findest du es nicht merkwürdig, dass du nur eine, nämlich die aus Matthäus 7, entkräftet hast?
Ja, das stimmt. Es gibt tatsächlich noch mehr Stellen. Ich habe nur eine entkräftet, aber es scheint mir die bekannteste Stelle zu sein, weil sie in der Bergpredigt steht.
Gerne können wir uns noch eine zweite Stelle anschauen, die für mich in der Liste der Stellen den zweiten Platz einnimmt: Lukas 6,37. Da sagt der Herr Jesus: „Und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden. Und verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden.“
Auch hier müssen wir wieder die Frage nach dem Kontext, dem Zusammenhang stellen. Was ist das Thema dieses Verses? Worum geht es? Geht es um den Umgang mit irgendwelchen Menschen?
Die Antwort lautet: Nein. Es geht um den Umgang mit Feinden, um Barmherzigkeit, die man seinen Feinden gewährt. Dazu ist es wichtig, dass wir sie nicht vorschnell als Menschen betrachten, die es nicht wert sind, dass man ihnen hilft.
Hier wird unsere Haltung im Blick auf hilfsbedürftige, aber schwierige, womöglich feindselige Menschen beschrieben.
Diese Stelle verbietet nicht grundsätzlich, dass man richtet – vor allem dann nicht, wenn es aus Liebe geschieht und ich in der Sache, die ich richte, tatsächlich jemand bin, der keinen Balken im Auge hat.
Ich hoffe, ihr merkt, wie wichtig es immer und immer wieder beim Bibellesen und bei der Auslegung ist, den Zusammenhang eines Verses zu betrachten.
Die Notwendigkeit einer heiligen Gemeinde
Nun zum heutigen Thema: Warum soll ich Sünde in der Gemeinde ansprechen?
Die Antwort lautet: Weil diese Welt eine heilige Gemeinde braucht, um ihre eigene Verlorenheit zu erkennen. Sündige Christen verstellen Außenstehenden den Blick auf das Evangelium. Gott wünscht sich nichts weniger als eine heilige und tadellose Gemeinde.
Der Herr Jesus wird als Bräutigam beschrieben, der durch sein Wort die Gemeinde, seine Braut, heiligt. Wir lesen das im Epheserbrief Kapitel 5, Verse 25 bis 27:
"Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen hat, sondern dass sie heilig und tadellos ist."
Heilig und tadellos möchte der Herr Jesus die Gemeinde sehen. Das ist natürlich nur möglich, wenn jeder einzelne Christ sich diesem Standard hingibt und wenn wir einander helfen, die Flecken und Runzeln in unserem Leben loszuwerden.
Dabei geht es nie um Perfektion. Heiligung ist ein Prozess, ein Weg, den wir gehen müssen. Am Ziel sind wir erst dann, wenn wir unseren Herrn Jesus von Angesicht zu Angesicht sehen – nicht vorher.
Bis dahin dürfen wir jedoch nicht vergessen, wer wir sind.
Die Gemeinde als Bollwerk der Wahrheit in einer verwirrten Welt
Als Gemeinde sind wir Gottes Aushängeschild. Paulus beschreibt uns als Säule und Fundament oder Bollwerk der Wahrheit. Wir bieten als Gemeinschaft der Wahrheit einen Ort, an dem sie überdauern und verteidigt werden kann.
Das ist besonders dringend in diesen Tagen, die von zunehmender Verwirrung geprägt sind. Kurz vor dem Ende, also kurz bevor der Herr Jesus wiederkommt, werden wir zwei Dinge erleben: Erstens werden viele Menschen vom Glauben abfallen. Zweitens wird jemand erscheinen, der sich selbst zu Gott macht.
Diese Zeit wird von satanischen Zeichen und Wundern geprägt sein. Vor allem aber wird sie eine Zeit der Lügen und Verwirrung sein, eine Zeit grenzenloser Verführung. Menschen haben dann nur eine Chance, gerettet zu werden, wenn sie irgendwo noch auf die Wahrheit stoßen. Diese finden sie nur in einer Gemeinde, die heilig und tadellos ist.
Außerhalb dieser Gemeinschaft gibt es keine Wahrheit, die Menschen retten kann. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Sünde in jeder Form meiden und richten. Das ist wichtig, weil es unserem Herrn wichtig ist.
Die Ernsthaftigkeit der Heiligkeit der Gemeinde
Habt ihr euch nicht auch manchmal gefragt, warum der Herr Jesus in der Offenbarung so einschüchternd dargestellt wird? Vor allem das scharfe, zweischneidige Schwert, das aus seinem Mund kommt, wirkt doch ziemlich gruselig.
Und dann diese radikalen Formulierungen, wie zum Beispiel in Offenbarung 2,16: "Tu nun Buße! Wenn aber nicht, so komme ich bald zu dir und werde Krieg mit ihnen führen mit dem Schwert meines Mundes."
Erschreckt ihr auch manchmal beim Lesen der Sendschreiben, wenn ihr euch die Ernsthaftigkeit vor Augen führt, mit der Jesus als der Herr seiner Gemeinde die Heiligkeit seiner Gemeinde fordert? Er ist sogar bereit, eine Gemeinde auszulöschen, weil sie seinem Anspruch nicht mehr genügt.
Dem Herrn Jesus scheint es sehr wichtig zu sein, dass diese Welt durch die Gemeinde eine Vorstellung davon bekommt, nicht nur wie Gott ist, sondern auch, wie man ein heiliges Leben führt. Diese Welt braucht einen Maßstab, an dem sie sich messen kann, um zu verstehen, dass sie verloren ist.
Leben Christen wie Heiden, dann werden sie für ihr Umfeld zum Fluch – einfach deshalb, weil verlorene Menschen nicht mehr mit der Herrlichkeit Gottes konfrontiert werden.
Die Motivation für das Ansprechen von Sünde in der Gemeinde
Wenn wir über Sünde sprechen, dann tun wir das zunächst, weil der Herr Jesus es von uns verlangt.
Wir tun es aber auch aus Liebe – sowohl zu uns selbst als auch zu den Betroffenen und zu denen, die durch die Sünde negativ beeinflusst werden könnten.
Darüber hinaus tun wir es, weil wir die Menschen lieben, die verloren sind. Diese Welt braucht eine heilige Gemeinde, die sich im Licht unserer Heiligkeit auf den Gott besinnt, der uns heiligt.
„Seid heilig, denn ich bin heilig!“ Das ist Gottes Auftrag an uns.
Der Aufruf zu einer lebendigen und heiligen Gemeinde
Wenn ich mir die aktuellen Entwicklungen in der evangelikalen Welt anschaue, dann braucht es heute mehr denn je Gemeinden, die Gottes Wort ernst nehmen.
Wir brauchen Gemeinden, die Pfeiler der Wahrheit sind. Solche Gemeinden entstehen durch Geschwister, die ihre Bibel lesen, sich Gottes Wort zu eigen machen, im Geist wandeln, der Heiligung nachjagen und den Mut haben, einander auf diesem Weg beste Freundinnen und beste Freunde zu sein.
Das fängt dort an, wo jemand zu mir kommt und sagt: „Hey Jürgen, wir müssen mal reden.“ Er sagt das, weil er mich liebt und weil ich das weiß. Ich höre ihm zu, auch wenn mir vielleicht nicht gefällt, was er mir zu sagen hat.
Abschluss und Ermutigung
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, ob du verstanden hast, wie wichtig eine heilige Gemeinde ist und wie dein Beitrag zu dieser Heiligkeit aussehen könnte.
Das war es für heute. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.