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Wucher

Wucher. Luther versteht darunter das, was wir unter „Zins“ von einem dargeliehenen Kapital verstehen, nicht notwendig einen übermäßigen. Wenn er in manchen seiner Schriften gegen den Wucher eifert, so befindet er sich damit in Übereinstimmung sowohl mit dem kanon. Recht als mit den Vorschriften des mosaischen Gesetzes, welches den Volksgenossen gegenüber das Zinsnehmen verbietet (2 Mo. 22,24; 3 Mo. 25,35 ff.; 5 Mo. 23,21), dem Fremden gegenüber erlaubt (nicht gebietet, wie die Rabbinen unterschoben, 5 Mo. 23,21). Das deutsche Wort „Wucher“ (von wuchern wachsen) hat denselben Sinn wie das griechische tokos Geburt, weil beim Zinsnehmen Geld aus Geld entsteht, das hebr. neschekh bedeutet das Abgezwackte, steht aber 3 Mo. 25,36 u. 37 neben tarbith u. marbith, welches Vermehrung bedeutet. Das Verbot des Zinsnehmens vom Volksgenossen erklärt sich daraus, daß bei dem ursprünglich dem Welthandel nicht erschlossenen Volk Darlehen nur infolge von Armut gesucht wurden und daher das Zinsnehmen gegen die Nächstenliebe verstieß (vgl. Luk. 6,34). Den Fall, daß ein Israelit zur Erweiterung seines Geschäfts ein Anlehen aufnimmt, berücksichtigt das Gesetz gar nicht, würde wahrscheinlich in diesem Fall das Zinsnehmen auch nicht verbieten, sondern ebenso gestatten wie den Ausländern, welche sich meist nur in Geschäften, Gewinnes halber im Lande anfhielten und keinen Grundbesitz hatten, der als Pfand (s. d. Art.) hätte genommen werden können.

Bürgerliche Strafen sind übrigens auf den Wucher, das heißt das Zinsnehmen, nicht gesetzt, und daß trotz dem strengen Verbot im praktischen Leben der Wucher doch, allerdings unter steter Verurteilung durch die strenge Frömmigkeit, geübt wurde, zeigen viele Stellen des Alten Testaments, Ps. 15,5; 109,11; Spr. 28,8; Jer. 15,10; Hes. 18,8. 13 ff.; 22,12; Neh. 5,7. 10 f., wo zuerst auch Prozente vorkommen, 1% vom Monat, also 12 vom Jahr wie in Griechenland und Rom in späterer Zeit (während früher Willkür und Grausamkeit herrschten). Aus dem N. T. vgl. Mt. 25,27; Luk. 7,41; 19,23.

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