Der Glaube verbindet

Jürg Birnstiel

Einleitung

Zuerst möchte ich Euch, Simone und Herbert, ganz herzlich in dieser Festung willkommen heissen. Dann möchte ich aber auch die Grosseltern, Eltern, Geschwister, Onkel und Tanten, sowie Freunde und Kollegen begrüssen. Schön, dass Sie alle zu diesem ausserordentlichen Ereignis gekommen seid. Heute heiratet man ja an verschiedenen Orten. Man lässt sich in der Luft an Fallschirmen, unter Wasser in Taucheranzügen, im Schiff, in Einkaufszentren usw. trauen. Ihr habt nun eine Festung gewählt. Ich muss gestehen, dass mir der Ort weit sympathischer ist, als wenn wir miteinander durch die Luft fliegen und ihr an Fallschirmen hängend getraut würdet. Bei einem solchen Spektakel würde das, was Euch am Herzen liegt bestimmt nicht zum Ausdruck kommen. Ihr wollt ja nicht um jeden Preis eine aussergewöhnliche Hochzeit feiern, die alles Dagewesene an Verrücktheit übertrifft. Vielmehr möchtet Ihr mit einem Gottesdienst Eure Hochzeitsfeier eröffnen. Dazu ist diese Festung ein wirklich schönes Symbol, denn David schrieb in einem Psalm: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, / der spricht zu Gott: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. (Psalm 91, 1-2) Gott ist wirklich Eure Burg, Eure Festung! Ihm wollt Ihr ganz und gar vertrauen. Das macht Ihr in Eurer Hochzeitsanzeige ganz deutlich, dort steht: Text lesen: Hebräer 11, 3 & 6: Durch den Glauben erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort geschaffen ist, so dass alles, was man sieht, aus nichts geworden ist. … Aber ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, der muss glauben, dass er ist und die, die ihn suchen, belohnen wird.

I. Ein gemeinsames Fundament

Eigentlich ein Abschnitt, der für diesen Anlass eher ungewöhnlich ist. Aber er passt wirklich sehr gut. Ihr macht damit klar, auf welchem Fundament Eure Ehe stehen soll.

Ihr seid Geschöpfe Gottes (11,3)

Mit dem ersten Vers bezeugt Ihr, dass Ihr glaubt, dass Gott die Welt erschaffen hat. So versteht Ihr Euch selbst als Geschöpfe Gottes. In einer Zeit, in der ein grosser Teil der Bevölkerung ganz selbstverständlich davon ausgeht, die Welt und somit auch der Mensch sei durch Zufall entstanden, ist Euer Bekenntnis sehr aussergewöhnlich.

Ihr wollt Gott gefallen (11,6)

Der zweite Vers unterstreicht nochmals, was Euch am Herzen liegt: Aber ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, der muss glauben, dass er ist und die, die ihn suchen, belohnen wird. Wer diesem Schöpfer gefallen will, wer mit ihm in einem guten Verhältnis leben will, der muss glauben, dass er existiert und dass er es denen, die ihn suchen belohnen wird. Mit anderen Worten, der muss Gott vertrauen, dass er es wirklich gut mit uns meint.

Evangelisation

Gottes Wunsch ist es, dass wir alle an ihn glauben. Dass wir alle Ihm das Vertrauen schenken. Gott möchte mit uns eine Beziehung pflegen. Er will uns weder knechten noch tyrannisieren, sondern er möchte mit uns in Verbindung sein. Er möchte, dass wir ihn ernst nehmen, weil er uns ernst nimmt und weil er uns liebt. Dass die Menschen ihm Jesus nicht vertrauen, bezeichnet Jesus als die Sünde schlechthin. Dabei liegt gerade im schlichten Vertauen auf Jesus, die Lösung unserer Ruhelosigkeit. Im Vertauen zu Jesus bekommt unser Leben ein Fundament, auf das man bauen kann. Das Fundament ist gelegt: Jesus Christus. Niemand kann ein anderes legen. (1. Korinther 3, 11) Ihr beide habt Euer Leben auf dieses Fundament gestellt, nun könnt Ihr zusammen weiter darauf aufbauen. Gelegt wurde dieses Fundament durch den Tod von Jesus am Kreuz Er hat die Schuld für uns bezahlt, damit wir wieder in Beziehung zu unserem Schöpfer treten können. Im Johannesevangelium steht: Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm. (Johannes 3, 36) Ich weiss, dass es Euch ein brennendes Anliegen ist, dass diese wichtige Nachricht der frohen Botschaft von vielen gehört wird und viele Menschen genau das erfahren, was ihr erlebt. In einem Gespräch sagt einer:
Glauben will ich erst dann, wenn ich meine Verbindung mit Gott fühle, und gerade dieses Gefühl vermisse ich.
Der andere fragt:
Nun hören Sie! Was tun sie, wenn Sie krank sind?
Antwort:
Ich lasse einen Arzt kommen?
Frage:
Was erwarten Sie von ihm?
Antwort:
Eine schnelle Heilung.
Entgegnung:
Wenn er Ihnen Medizin verschreibt, geben Sie ihm dann zur Antwort: Herr Doktor, ich möchte zuerst fühlen, dass ich geheilt bin, nachher werde ich Ihre Medizin einnehmen?
Antwort:
Natürlich nicht; er würde denken, ich sei nicht recht im Kopf.
Entgegnung:
Richtig, er würde Ihnen in jeden Fall sagen: Fangen Sie an, indem Sie mir Glauben schenken und dies Medikament meiner Verordnung gemäss einnehmen, Sie werden dann bald eine Besserung fühlen!
Ebenso haben wir uns Jesus Christus gegenüber zu verhalten. Das Medikament beschreibt Paulus folgendermassen: Wenn du also mit deinem Mund bekennst, dass Jesus der Herr ist, und mit deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden. (Römer 10, 9) Ich möchte Sie einladen, diesem Jesus Ihr ganzes Vertauen zu schenken, so wie das Simone und Herbert getan haben und weiterhin tun wollen.

II. Der Glaube verpflichtet

Es kann nicht nur darum gehen, dass man sich in einer theoretischen Art und Weise Gott anvertraut. Gott vertrauen heisst, ihn zu respektieren. Es heisst, dass ich dem, was er mir sagt vertrauen schenke. Jakobus 1, 22: Es genügt nicht, dieses Wort nur anzuhören. Ihr müsst es in die Tat umsetzen, sonst betrügt ihr euch selbst! Was unsere Beziehungen betrifft, da hat uns Gott durch die Bibel sehr viel gesagt. Und lassen wir uns an einem so schönen Tag nicht darüber hinweg täuschen, dass ein Eheleben gar nicht immer so einfach ist. Davon zeugt auch die hohe Scheidungsrate in unseren Ländern. Viele wagen diesen Schritt zur Ehe gar nicht mehr. Ehe zu leben, ist offenbar nicht so einfach.

Wir wissen nicht wie Ihr Euch eure Liebe bis jetzt gezeigt habt. Aber wenn bei Euch der Alltag einkehrt und keine grossen Distanzen mehr zu überwinden sind, erlebt ihr vielleicht etwas wie jenes jung verheiratete Paar, das mit dem Auto durch einen Wald fährt. Plötzlich bricht die Frau in Tränen aus, und meint: “Du liebst mich nicht mehr!” Ihr Mann wundert sich, wie sie denn darauf käme. Sie sagt: “Als wir noch verlobt waren, hattest du hier immer eine Panne.”

Pastor Modersohn teilte die Ehen in vier Klassen ein: In der ersten Klasse leben die Eheleute gegeneinander. In solchen Ehen ist immer “dicke Luft”. Da ist ständiger Kampf, da ist die Liebe erkaltet, das Glück zerbrochen. Wenn ihr euch aber untereinander beisst und fresst, so seht zu, dass ihr nicht einer vom andern aufgefressen werdet. (Galater 5, 15) In der zweiten Klasse leben die Ehen nebeneinander. Das sind die kalten, frostigen Ehen. Da weiss keiner vom andern, was er denkt, was ihn innerlich bewegt, was ihn erfreut. Hier ist man einsam trotz der Ehe. Die dritte Klasse scheint schon idealer zu sein. Da lebt man miteinander. Man arbeitet miteinander, man verdient das Geld miteinander, man kauft sich die Möbel miteinander, man schafft sich miteinander Kinder an. Ist das nicht wunderschön, wenn das äussere Miteinander zur Geltung kommt? Und doch ist das noch immer nicht die Idealehe. Dazu gehört viel, viel mehr. In der vierten Klasse fahren alle Ehen, die füreinander leben, unter dem Gesichtspunkt: Nicht ich, sondern du! Da heisst es: Ich liebe dich, ich helfe dir, ich mache dich glücklich, ich will den untersten Weg gehen, ich will verzichten, ich will vergeben und vergessen. Genau das wünsche ich Euch für Eure Ehe, dass Ihr in dieser vierten Klasse einsteigt.

Versteht mich nicht falsch: Ihr dürft Euch riesig auf Eure gemeinsame Zukunft freuen. Eine glückliche Ehe ist etwas Wunderbares. Trotzdem dürfen wir uns nicht darüber hinwegtäuschen lassen: Ehe und überhaupt Beziehungen sind keine einfache Angelegenheit. Die Ehe ist eine der engsten Gemeinschaften überhaupt und verlangt von uns doch recht viel. Wenn sich zwei Menschen – wie Ihr heute – vor Gott und der Festgemeinde die Treue versprechen, geloben sie, in guten und schlechten Zeiten zum Partner zu halten und ihn zu lieben, bis der Tod sie scheidet. Im Grunde bestätigen sie: Weil ich auf deine Zusage der Liebe und Hingabe eingehe, werde ich mich dir ganz offenbaren – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Bisher entdecktest Du vorwiegend meine Stärken. Jetzt, wo wir verheiratet sind, wirst Du nun stärker mit meinen Schwächen konfrontiert werden, und ich glaube aufgrund deiner Hingabe, dass du mich gleichwohl liebst.

Ich vertraue darauf, dass ich alles sagen darf, was mich bewegt, ohne Verurteilung oder Ablehnung befürchten zu müssen. Dieser Prozess, den anderen zu entdecken wird nicht immer ganz einfach sein. Denn jeder von Euch hat Vorstellungen, wie es in Eurer Ehe laufen sollte. Aber eben, jetzt seid ihr nicht mehr allein, sondern zu zweit. Euer Partner ist nicht nur ein Anhängsel, das so funktioniert wie ich mir das vorstelle, sondern er ist eine Persönlichkeit, die sich entwickelt.

Wir schenken uns einander

Paulus lehrt die Philipper, wir sollen Jesus als unser Vorbild nehmen. Er sagt: Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, / und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auf das, was dem andern dient. (Philipper 2, 3-4) In Eurer Beziehung soll nicht die Frage im Vordergrund stehen: Was bringt mir mein Partner. Für Dich Herbert darf es nie die vordringliche Frage sein, was Dir Simone bringt, wieviel Vorteile Du in Deinem Leben durch sie bekommst. Genauso wenig darf es für Dich Simone eine vordringliche Frage sein, was Herbert Dir bringt. Diese Einstellung bewirkt in uns, dass wir auf unseren Partner einen enormen Erwartungsdruck ausüben. Er muss da sein, um meine vielen Wünsche und Sehnsüchte zu stillen und wenn er das nicht tut, dann mache ich mich durch Schmollen, Klagen und subtile Strafen bemerkbar. Dann beginne ich zu nörgeln und beschliesse, meinen Partner zurechtzubiegen. Und es beginnt ein zermürbendes Seilziehen. Ein Unternehmen, das mit 100% Garantie zum scheitern verurteilt ist. Es gibt kaum etwas Tödlicheres für eine Ehe, als diese egoistische Erwartung und der damit verbundene Hang, seinen Partner erziehen zu wollen.

Das äussert sich in der Praxis oft in fast belanglosen Kleinigkeiten:
Badetücher, wer und wie man die Betten macht usw. An solchen Banalitäten versuchen wir abzulesen, ob uns der andere noch liebt.
Wir müssen uns wirklich überlegen, über was es sich lohnt sich zu ärgern. Gott hat eine ganz andere Vorstellung von Beziehung und von Ehe. Wir sollen uns auf den anderen konzentrieren und zwar nicht darauf, was er mir tun könnte und sollte, sondern darauf, wie ich dem anderen dienen kann. Am heutigen Tag nimmst Du Dir Herbert nicht Simone zur Frau, noch nimmst Du Simone Herbert zum Mann. Heute schenkst Du Dich Herbert Simone mit Haut und Haar und mit Deinem ganzen Sein. Und Du Simone schenkst Dich Herbert mit Deinem ganzen Sein. Das ist die Vorstellung von Ehe, die wir in der Bibel finden. Ihr dürft Euren Partner als Geschenk aus Gottes Hand entgegennehmen und ihm dafür ein Leben lang dankbar sein. Jesus formulierte ein Prinzip, dass sich bestimmt auch auf die Ehe anwenden lässt. Er sagte: Geben macht mehr Freude als nehmen. (Apostelgeschichte 20, 35) Und wenn wir den ganzen Vers betrachten, der in der Apostelgeschichte steht, dann erkennen wir, dass dieses Geben oft mit grossem Einsatz und Opfer verbunden ist, denn Paulus sagt: Ich habe euch stets ein Vorbild gegeben, dass man hart arbeiten muss, um auch den Bedürftigen helfen zu können. Denkt an die Worte des Herrn Jesus, der gesagt hat: Geben macht mehr Freude als nehmen. (Apostelgeschichte 20, 35) So richtet Petrus ein deutliches Wort an die Männer: Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben. (Epheser 5, 21)

Betet miteinander

Ein Anliegen möchte ich Euch ganz besonders ans Herz legen: betet regelmässig miteinander! Der berühmte Komponist Anton Rubinstein (1829-1894) wurde einmal gefragt, ob er auf der Stufe der Vollendung, zu der er es gebracht habe, es noch für nötig finde, täglich auf seinem Instrument zu üben. Er antwortete: “Wenn ich es einen einzigen Tag unterlasse zu üben, so merke ich es sofort. Sollte ich es zwei Tage unterlassen, so würden es meine Freunde merken. Liesse ich aber drei Tage vorübergehen, ohne zu üben, so würde es das gesamte Publikum merken.” Lasst Euch durch nichts vom gemeinsamen Gebet abbringen. Nie wird Eure Beziehung so vollkommen sein, dass ihr auf das Beten verzichten könntet.

Kürzlich las ich von einem Ehepaar, das sich bereits entschlossen hatte sich scheiden zu lassen. Sie besuchten miteinander noch eine Hochzeit, in der Predigt wurde dem Brautpaar auch ans Herz gelegt miteinander zu beten. Nach Wochen meldet sich dieses Paar beim Pfarrer und berichteten ihm: Herr Pfarrer, wir wollten uns scheiden lassen. Dann hörten wir Ihren Rat. Als allerletzte Möglichkeit, unserer Ehe zu retten, haben wir ihn befolgt. Nun sind wir hier, um Ihnen zu sagen: unsere sterbenskranke Ehe ist durch das gemeinsame Gebet gesund geworden. Es ist wahr: Gebet heilt kranke Ehen. Das aufrichtige Gebet bindet Euch fest an Euren lebendigen Gott, der über Euch wacht und Euch segnet. Der erst gar nicht möchte, dass Ihr in unnötige Schwierigkeiten kommt.

Petrus fordert die Ehepaare auf: Desgleichen, ihr Männer, wohnt vernünftig mit ihnen zusammen und gebt dem weiblichen Geschlecht als dem schwächeren seine Ehre. Denn auch die Frauen sind Miterben der Gnade des Lebens, und euer gemeinsames Gebet soll nicht behindert werden. (1. Petrus 3, 7) Ihr werdet erkennen, wie gross der Segen ist, wenn Ihr gemeinsam Eure Anliegen vor Gott bringt. Wie gesagt: Gott ist unsere Burg, bei ihm finden wir Hilfe und Zuflucht.

Schluss

Wir freuen uns mit Euch. Ihr fahrt fort mit einer äusserst interessanten Entdeckungsreise. Ihr könnt einen Menschen in dieser Welt kennen und entdecken lernen. Das ist eine wunderbare Herausforderung. Ihr habt Euch heute verschenkt. Und denkt daran: Geben macht mehr Freude als nehmen. (Apostelgeschichte 20, 35) Amen