Das plötzliche Erscheinen des Herrn

Jürg Birnstiel
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Einleitung

Nachdem Paulus nun im vorangehenden Abschnitt der Gemeinde deutlich erklärte, was mit den verstorbenen Gemeindegliedern geschehen wird, wendet er sich jetzt dem Thema zu: Wann und vor allem wie der Herr wiederkommen wird. Text lesen: 1.Thess.5,1-11

I. Überraschend für Ungläubige (V. 1-3)

Tag des Herrn

Paulus spricht also vom Tag des Herrn. In diesem Zusammenhang meint er den Tag, wenn Jesus wieder auf die Erde kommt, um Gericht zu halten und sein Reich sichtbar aufzubauen. Für die Juden war klar, dass Gott sein Reich aufrichten wird. Und die nach der Auferstehung von Jesus mit ihm zusammen sind fragen ihn: …Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Apg.1,6. Jesus weist diese Frage nicht zurück, er sagt nicht: Ich werde kein Reich für Israel aufrichten. Er sagt lediglich, dass er zum Zeitpunkt, was dies geschehen soll, nichts sagen kann. Seit Jesus gen Himmel gefahren ist, wartet die Gemeinde Jesu auf den Tag des Herrn, wenn er die Seinen Retten wird.

Zeitpunkt

Natürlich geht es uns wie den Jüngern, wir möchten gerne wissen, wann das sein wird: 1995, 1996 oder gar im Jahr 3425? Von der Zeit und Stunde braucht Paulus der Gemeinde nicht zu schreiben. Nicht dass die Gemeinde den Zeitpunkt gewusst hätte, wann Jesus auf die Erde kommen wird. Jesus sagt selbst: Von dem Tage aber und von der Stunde weiss niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Mt.24,36. Wenn Jesus den genauen Zeitpunkt dieses Tages nicht wusste, wird sich Paulus wohl kaum in der Belehrung der Gemeinde dahingehende verstiegen haben, dass er ihnen einen Zeitpunkt bekanntgab. Wir tun gut daran - und mag es noch so reizvoll sein - wenn wir unsere Zeit nicht mit Spekulationen vertreiben, denn das wollte Jesus offensichtlich vermeiden.

Wie

Paulus beschäftigt sich vielmehr mit der Frage: Wie der Tag des Herrn kommt. Und darin ist die Gemeinde sehr genau oder man könnte auch sagen detailliert informiert. Diese Belehrung scheint zu den elementaren Fragen des Glaubens gehört zu haben, in der die Gemeinde von den Aposteln unterrichtet worden ist. Der Tag des Herrn kommt also wie ein Dieb. Was einen guten Dieb auszeichnet ist, dass er dort erscheint wo man ihn nicht erwartet. Dort wo man sich sicher fühlt. Somit wird ein Dieb immer überraschend und unbemerkt kommen. So sagte auch Jesus: Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, so liesse er nicht in sein Haus einbrechen. / Seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr’s nicht meint. Lk.12,39-40. Wie sieht aber jetzt diese Nacht aus, wenn der Dieb kommt? Es wird Nacht sein, wenn sie sagen werden: Friede und Sicherheit. Also genau dann, wenn die Weltgeschichte scheinbar hell und klar wird. Dann, wenn das Menschheitsziel: Friede und Sicherheit erreicht worden ist.

Anschauung

Es entspricht der Sehnsucht des Menschen in Frieden und Sicherheit zu leben. Und es erstaunt nicht, wenn Friede und Sicherheit das erklärte Ziel der UNO ist. Dort lesen wir in Artikel 1, Absatz 1, folgendes: Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele: 1. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen usw. [1] Es ist natürlich auch nicht verwunderlich, dass nach dem Zweiten Weltkrieg das Verlangen nach Frieden und Sicherheit hervorbricht. Und wir sehen, wie sich die Welt seit Jahren um eine neue Weltordnung bemüht, damit dieses Menschheitsziel: Friede und Sicherheit verwirklichet werden. Wer könnte da auf die Idee kommen, dass es dann Nacht sein soll, wenn dieses Ziel erreicht ist? Eher sollte man mit jubeln und sich freuen. Wer hier noch kritisch ist, das kann doch nur ein Spielverderber sein. Ein chronischer Pessimist. Ein fanatischer Weltuntergangsbeschwörer. Aber leider ist es nach der Bibel so, dass dieser von Menschen geschaffene Friede ohne das Hören auf den Schöpfer zustande kommen wird. Ein Friede ohne Gott. Jesus macht einen deutlichen Unterschied zwischen dem Frieden der Welt und dem Frieden mit Gott, seinen Jüngern sagt er: Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Joh.14,27. Der Friede dieser Welt ist eine Täuschung. Die Menschen fühlen sich sicher, aber der Herr lässt sich nicht spotten. Plötzlich wird er erscheinen und das Verderben wird die Menschen ereilen. Paulus vergleicht diese Überraschung auch noch mit den Wehen einer schwangeren Frau, und was er damit deutlich macht ist die Unausweichlichkeit des Verderbens, welches die Menschen ereilen wird. Es wird dann kein Ausweichen geben. Wie schrecklich muss das für die Menschen sein!

Anschauung

Unsere Gegenwärtige Zeit gibt uns viele Beispiele wie schnell sich anscheinend gute Entwicklungen schlagartig ändern können. Der Kalte Krieg hatte sein Ende gefunden und man war bereits im Begriff von Frieden und Sicherheit zu sprechen und plötzlich sieht sich die ganze Welt in einem schrecklichen Konflikt. Wir befanden uns am 2. August 1990 in den Sommerferien im Tessin, als wir von dem Überfall auf Kuwait erfuhren. Ungeahnt kann einem solch ein Verderben überfallen. Die Menschheit wird einmal das Ziel erreichen, dass man froh und dankbar sagen wird: Friede und Sicherheit! Und man bekommt den Eindruck, dass es bald sein müsste. Die vielen Kriege, die in der ganzen Welt toben, es sind zur Zeit rund 40 bewaffnete Kriege, schreien nach einer Lösung. Wie wird das eine Freude und Erleichterung sein, wenn es gelingt - wie auch immer - Friede und Sicherheit zu erlangen. Aber egal wie und wann dieser Friede kommt, im nächsten Jahr oder in hundert Jahren. Es wird ein Friede sein, der ohne den Schöpfer gemacht wurde. Die Menschheit wird ihr Ziel erreichen und sagen: Wir haben Frieden und Sicherheit geschaffen. Wie Mebukandnezar sagte: hob er an und sprach: Das ist das grosse Babel, das ich erbaut habe zur Königsstadt durch meine grosse Macht zu Ehre meiner Herrlichkeit. Dan.4,27. Und plötzlich, wie ein Dieb, wie die Wehen einer schwangeren Frau, wird er erscheinen, um die Menschheit zu richten und sein Reich zu aufzurichten. Das ist das Schicksal derer, die nicht an Jesus glauben und ihm dienen.

II. Erwartet von den Gläubigen (V.4-11)

Die Gemeinde in Thessalonich ist aber anders. Sie werden von diesen Ereignissen nicht überrascht, denn sie sind nicht in der Finsternis, dass der Tag des Herrn über sie kommen würde wie ein Dieb. Vorher attestierte Paulus ihnen, dass sie genau wüssten, wie unter welchen Umständen der Tag es Herrn kommen wird. Sie können von diesem Tag demnach nicht überrascht werden, weil sie Kinder des Lichts sind. Sie wissen und Glauben, dass Jesus wiederkommen wird. Und sie warten auf seine Wiederkunft. Wer auf jemanden wartet, der kann nicht überrascht sein wenn dieser kommt. Wer auf jemanden wartet, der freut sich, wenn derjenige eintrifft. Somit kann die Gemeinde von diesem Tag gar nicht überrascht werden, vielmehr wird sie sich freuen, wenn ihr Herr kommt. Denn dies wird für sie kein Tag des Gerichts, sondern der Tag der Rettung sein.

Warnung

Paulus spricht doch noch eine Warnung an die Gemeinde aus. Gerade weil die Christen nicht in dieser Nacht leben, sollen sie sich auch dementsprechend verhalten, deshalb sagt er: So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein. / Denn die schlafen, die schlafen des Nachts, und die betrunken sind, die sind des Nachts betrunken. V.6-8. Paulus schliesst die Möglichkeit ein, dass die Gemeinde - genauso wie die übrigen Menschen - schlafen könnte. Ansonsten hätte er diese Mahnung nicht äussern müssen. Wie würde ein solches schlafen aussehen? Man müsste es mit den Tagen Noahs vergleichen, denn damit zeigt Jesus auf, wie das Leben der Menschen aussehen wird bevor er kommt. Er sagt: Denn wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch sein das Kommen des Menschensohns: / Denn wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut - sie assen, sie tranken, sie heirateten und liessen sich heiraten bis an den Tag, an dem Noah in die Arche hineinging. Mt.24,37-38.

Anwendung

Christen können sich dieser Welt gleichstellen und den ganzen moralischen Zerfall mitmachen. Leider erfahren wir oft an uns selber, wie schnell wir im Denken dieser Welt verfallen. Oft führt das soweit, dass Christen sich vom Glauben lossagen, indem sie die Welt mehr lieben als Jesus. Sie beteiligen sich fast hemmungslos den Gepflogenheiten dieser Welt. So finden wir unter Christen dieselben Merkmale, wie bei Nichtchristen: Lüge, Ungerechtigkeit, Selbstsucht, Hass, Gier, Ehebruch, Hurerei, Betrügerei usw. Beisp. Willi Schmitz. Wer so als Christ lebt, der wird bestimmt nicht auf den Herrn warten, denn er wird froh sein, wenn der Herr noch lange nicht kommt. Paulus fordert die Römergemeinde eindringlich auf: Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Röm.12,2. Wenn Du so lebst. Wenn Du ein schlafender Christ bist, dann kann ich Dich nur von ganzen Herzen bitten: Folge dem Wort Gottes und tue Busse, ändere Deinen Sinn und Dein Verhalten! Mache Dir nichts vor, indem Du Dir für Sünde fromme Erklärungen zurechtlegst, Gott lässt sich von Dir nicht betrügen.

Wegweisung

Paulus gibt nun noch eine Wegweisung wie wir wach bleibt, nämlich: Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf Rettung. V.8 Erstens sollen wir nüchtern sein. Ich nehme an, dass Paulus meint, dass wir uns nicht von den Errungenschaften der Menschen hinreissen lassen. Wir sollen nüchtern bleiben, wenn man ruft Friede und Sicherheit. D.h. wir dürfen den Heilsplan Gottes nicht aus den Augen verlieren. Denn auch wir haben selbstverständlich den Wunsch, das Bedürfnis nach Friede und Sicherheit in der Welt. Wir sollen aber nüchtern bleiben und daran festhalten, dass dies nicht das Friedensreich Gottes ist. Leider gibt es Christen, die mit Enthusiasmus am Gebäude des Weltfriedens mitarbeiten in der Hoffnung Gottes Ziele zu erreichen. Wir sollen aber nüchtern sein und am Frieden Gottes festhalten, denn dieser allein ist der wahre Frieden. Der beste Weg für diese Nüchternheit ist, wenn wir den Panzer des Glaubens und der Liebe und den Helm der Hoffnung auf die Rettung anziehen. Sicherlich erinnert sich jetzt mancher an die Bibelstelle in Epheser 6,14-17, wo von der geistlichen Waffenrüstung gesprochen wird. Vom Bild her ist dies richtig. Inhaltlich erinnert mich diese Aussage des Paulus aber mehr an 1.Kor.13,13 wo es heisst: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die grösste unter ihnen. 1.Kor.13,13. Dieses bleibt uns und das heisst, dass wir still ausharren und festhalten am Wort Gottes. Die Liebe praktizieren und die Hoffnung auf unsere Rettung nicht aufgeben.

Unsere Bestimmung

Nun sagt er, dass die Kinder des Lichts, eben nicht zum Zorn Gottes bestimmt sind, sondern das sie gerettet werden durch Christus, denn dafür ist er gestorben, dass wir mit ihm in Ewigkeit leben werden. Wenn Paulus hier von denen, die wachen und von denen, die schlafen spricht, meint er vermutlich die noch hier auf Erden leben und die, die bereits gestorben sind, wie er dies auch tut in 4,15. Also die Christen werden dem Zorn Gottes entgehen - ob sie leben oder bereits gestorben sind-, weil Jesus für sie geopfert ist und sie dadurch gerettet hat.

Evangelisation

Bist du gerettet? Hast Du dich schon retten lassen? Dafür ist Jesus in die Welt gekommen und dafür ist er am Kreuz gestorben. Und nur wer das glaubt und Jesus nachfolgt, nur der kann dem Zorn Gottes entrinnen. Im Johannesevangelium lesen wir denn auch: Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm. Joh.3,36. Nutze doch diese einmalige Möglichkeit ewiges Leben zu bekommen und für alle Zeiten geretten zu sein!

Seelsorge

Paulus verfolgt auch mit diesem Abschnitt ein seelsorgerisches Anliegen. Die Gläubigen sollen sich gegenseitig ermahnen und sich auferbauen. Damit will er uns ermutigen, dass wir uns gegenseitig helfen, als Menschen des Tages zu leben. Die ihr Leben von der Wiederkunft Jesu bestimmen lassen.

Schluss

Das Hauptanliegen des Paulus in diesem Text ist zu sagen: Schlaft nicht wie die, die nicht an Jesus glauben, damit ihr wirklich bereit seit wenn der Herr kommt. Johannes formuliert dieses Anliegen folgendermassen in seinem Brief: Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er [Jesus] offenbart wird, Zuversicht haben und nicht zuschanden werden vor ihm, wenn er kommt. 1.Joh.2,28. Bist Du bereit wenn Jesus heute kommt? Könntest Du Dich darüber freuen oder würdest Du vor Scham erblassen? Jesus kommt, das ist gewiss! Amen


[1]Charta der Vereinten Nationen (Reclam, 9801), S. 12.